Kapitel 107: Kai

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Am Freitagabend war es dann so weit. Mit schwarzer Jeans und schwarzem Hemd verließ ich mein Zimmer. Lloyd wartete bereits. Auch er war ganz in Schwarz gekleidet.

„Ganz schön aufregend, nicht wahr?" Sein Blick wanderte den leeren Gang entlang. „Hast du auch dieses merkwürdige Gefühl?"

„Dass wir womöglich das letzte Mal durch diese Gänge laufen? Ja."

„Das ist ein beängstigender Gedanke", murmelte Lloyd.

Ich nickte. „Geh schonmal vor. Ich möchte mich gerne noch von meiner Schwester verabschieden."

„Du wirst ihr doch nicht sagen, was wir vorhaben."

„Natürlich nicht. Es wird ein stiller Abschied sein. Und sie wird nicht wissen, dass es einer ist."

„Okay. Aber beeil dich. Sensei Garmadon wartet nicht gerne. Und die Mondfinsternis auch nicht."

„Mache ich. Bis gleich."

An der Treppe trennten sich unsere Wege und während er nach unten lief, ging ich nach oben. Vor dem Zimmer meiner Schwester machte ich halt und klopfte.

„Moment eben." Kurz darauf wurde die Tür geöffnet. „Hey, was gibt es?", fragte sie und beäugte mich von oben bis unten. „Warst du auf einer Beerdigung?"

„Nein, nein." Sie ließ mich rein und schloss die Tür wieder. Dann setzten wir uns auf ihr Bett. „Lloyd und ich wollen Essen gehen."

„Ohne Schuhe?", fragte sie und starrte verwirrt auf meine Füße.

„Die stehen noch bei Lloyd und hole ich gleich ab."

Sie nickte leicht. „Wenn du sagst, du und Lloyd gehen Essen..."

„Wir sind zusammen", sagte ich und lächelte.

„Du und Lloyd?" Sie strahlte und boxte mir leicht in die Seite. „Hey, Glückwunsch. Das freut mich für euch. Warum erfahre ich erst jetzt davon?"

„Weil es noch nicht sehr lange geht."

„Verstehe, na gut." Sie grinste. „Bist du gekommen, um dir das zu sagen?"

Auch. „Ja." Und weil es vielleicht die letzte Gelegenheit dafür ist.

Sie umarmte mich. „Wer weiß noch davon?"

„Bisher nur du."

„Da fühle ich mich aber geehrt."

Wir lachten.

„Dann möchte ich euch gar nicht lange aufhalten", sagte sie schließlich und warf einen Blick aus dem Fenster. „Wusstest du, dass heute Abend eine Mondfinsternis ist?"

„Ähm, ja, schon."

„Da habt ihr euch einen ganz besonderen Tag rausgesucht", schmunzelte sie. „Und du bist passend dazu gekleidet."

„Ja, wohl wahr", murmelte ich. Dann umarmte ich sie.

„Huch, wofür ist das denn jetzt?"

„Ich bin einfach dankbar dafür, dass du da bist."

„Und das wird auch in Zukunft so bleiben", sagte sie und sah mich an. „Bis wir alt und faltig sind."

Ich versuchte ein Lächeln und nickte. „Ja. Bis zum Ende aller Tage."

Nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte, machte ich mich schnellstens auf den Weg nach draußen. Es dämmerte bereits und ein kühler Wind fegte durch das Geäst der Bäume. Mit vorsichtigen Schritten betrat ich den Wald. Meine Füße liefen über Laub, Steine und Erde. Auf eine seltsame Weise fühlte es sich gut an.

Ninjago: Blaue FlammenWhere stories live. Discover now