Kapitel 116: Lloyd

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Als ich aufwachte, waren die anderen drei bereits auf den Beinen und bereiteten Frühstück vor.

„Mhm, das riecht gut", meinte ich und setzte mich zu ihnen.

„Gestern hast du noch das Gesicht verzogen", grinste Kai.

„Gestern war es auch noch roh."

Als das Fleisch gebraten und angerichtet war, aßen wir.

„Wie viel Zeit bleibt uns noch bis zum Sturm?", fragte ich und spülte mit Wasser nach.

„Höchstens ein paar Tage." Kais Mutter löschte das Feuer und stand auf. „Deshalb fliegen wir sofort weiter."

Ich nickte und packte mit Kai die Sachen zusammen. Dann ging unsere Reise weiter und ich befand mich wieder hinter Garmadon auf dem Rücken einer Riesenfledermaus.

„Ist es eigentlich leicht diese Tiere zu fliegen?", fragte ich ihn nach einer Weile.

Wir ließen die Sandwüste gerade hinter uns und flogen über eine Gebirgslandschaft.

„Das hängt davon ab."

„Wovon?"

„Von dem Tier und von dir selbst."

Ich seufzte. „Du fliegst es, als wärst du schon immer darauf geflogen."

„Nicht wirklich. Ich halte mich nur an Maya."

„Maya? Ist das der Name von Kais Mutter?"

Er nickte. „Hast du das etwa auch nicht mitbekommen?"

„Hey, nur weil ich jetzt mit dir fliege, musst du mich nicht wie Kai behandeln."

Er schmunzelte. „Irgendwie muss ich seinen Verlust ja kompensieren."

„Er befindet sich direkt da vorne. Wenn du etwas näher heranfliegen würdest, kannst du das auch mit ihm machen."

„Einfach so aus dem Stehgreif?", fragte er. „Ohne Vorlage?"

„Denk dir einfach irgendetwas aus."

Garmadon überlegte und flog dichter an die beiden heran. Dabei dachte ich immer, mein Onkel wäre der humorvollere von den beiden.

„Na, mein lieber Neffe, wie gefällt dir die Auszeit von mir?"

Verstört sah Kai zu ihm rüber. „Was soll das denn jetzt?"

„Ich dachte, ich ärgere dich einfach mal ein wenig."

„Wie nett."

„Du warst auch nicht immer nett zu mir", erklärte er. „Darf ich dich an unsere erste Begegnung im Sommer erinnern? Ich kam ins Sekretariat und du hast mich sofort angeschrien."

„Ich habe dich nicht geschrien."

„Aber du hast die arme Sekretärin angeschrien."

„Das hatte aber nichts mit dir zutun", argumentierte Kai gegen.

„Ich habe von dir nicht einmal ein ‚Hallo' bekommen. Eine freundliche Begrüßung darf man ja wohl von seinem Neffen erwarten."

„Du kannst mich mal, echt", murmelte er.

„Wie war das?"

„Du hast mich ohne Einverständnis einfach angemeldet!"

„Und du hast mich einen Spinner genannt."

Maya fing an zu lachen. „Da wäre ich gerne dabei gewesen. Das klingt äußerst amüsant."

„Du bist ja auch ein Spinner", führte Kai die Diskussion weiter. „Du hast mich manipuliert, sodass ich den Ninja beitrete."

„Um dich vor deiner Dummheit zu bewahren, ein Samurai zu werden."

„Samurai sind ..."

Ich dachte an Morro und Skylor und Kai dachte wohl dasselbe.

„Ist ja gut, hast gewonnen."

Ein Grinsen breitete sich auf Garmadons Gesicht aus. „Das höre ich gern."

„Gewöhn dich bloß nicht dran."

Ich lächelte leicht. Die beiden waren wirklich einmalig.

Der Gebirgslandschaft unter uns folgte eine weite Ebene aus Stein. Entweder ich übersah alles, oder hier befanden sich tatsächlich keine Städte oder Festungen.

„Wohnt hier denn niemand?", warf ich daher meine Frage in die Luft.

„Nein", antwortete Maya. „Diese Länder sind weitestgehend unbewohnt. Ich weiß von ein, zwei Steindörfern, aber ob da noch jemand lebt, keine Ahnung. Die meisten sind ohnehin in den Osten gezogen, um dem Sturm zu entkommen."

„Aber es wird ihm niemand entkommen können", murmelte ich.

„Nein, niemand."

Ich sah zu Garmadon. „Hast du noch Hoffnung?"

„Hoffnung ja. Aber sie ist nicht sehr groß."

Ich nickte leicht. Genauso wie bei mir.

Und dann erinnerte ich mich plötzlich an ein Gespräch mit meinem Onkel. Ich hatte gerade nach Cole in seinem Zimmer gesucht.

„Hallo Lloyd. Suchst du etwas Bestimmtes?"

Ich? Ach ... nein, ich wollte nur -"

„Nachsehen, ob sich Mr. Hence eventuell hier aufhält, habe ich recht?"

„Woher weißt du das?"

„Ich möchte, dass du ihn suchen gehst."

„Ich soll ihn suchen gehen?"

„Schnapp dir Mr. Smith und begebt euch auf die Suche nach ihm. Mein Gefühl sagt mir, dass ihr in finden werdet. Und es ist wichtig, dass ihr ihn findet. Er ist wichtig, noch bevor das Ende bevorsteht."

„Das Ende", flüsterte ich. „Cole!"

Vor Schreck zuckte Garmadon vor mir zusammen. „Verdammt, was schreist du so plötzlich los?"

„Cole ist der Schlüssel", redete ich weiter. „Er kann uns retten."

„Wie kommst du denn darauf jetzt?", verlangte der Sensei zu wissen.

„Er ist wichtig, noch bevor das Ende bevorsteht", rief auch Kai sich die Worte meines Onkels ins Gedächtnis. „Das hat doch Meister Wu gesagt."

„Er kann die Bäume reparieren. Mit seinem Erdelement."

„Und dein Onkel weiß wie."

Maya und Garmadon wechselten einen Blick miteinander.

„Cole ist ein Mensch", sagte Garmadon. „Er kann nicht in diese Welt."

„Aber er kann den Baum in der Oberwelt heilen", hielt Kai dagegen.

„Und ich heile den hier unten. Schließlich bin ich der Elementarmeister der grünen Energie und kann mir seine Erdkraft zunutze machen."

„Wenn das funktioniert", murmelte Maya, „dann besteht vielleicht doch noch Hoffnung."

Ninjago: Blaue FlammenWhere stories live. Discover now