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Pablo

„Ich gebe euch vierundzwanzig Stunden oder erschieße euch"

Mein Rücken dankte mir nicht nach den zwei Nächten auf dem Boden, war ihm aber auch nicht vorzuwerfen, denn der Untergrund war hart und kalt

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Mein Rücken dankte mir nicht nach den zwei Nächten auf dem Boden, war ihm aber auch nicht vorzuwerfen, denn der Untergrund war hart und kalt. Selbst das warme Wasser in der Dusche schaffte es nicht meine Nerven zu stärken, einzig Isabelita war mein Hoffnungsschimmer, wobei diese auch nur im Bett lag und die Decke anstarrte. Soweit ich konnte, eher gesagt es aushielt, ließ ich sie in Ruhe und gönnte ihr den Freiraum. Ein Arzt hatte sie in der Zwischenzeit ebenfalls untersucht und eine kleine vaginale Verletzung festgestellt, was von selber verheilen sollte. Kein Mann sollte eine Frau auf diese Art und Weise verletzen, egal wie wild der Sex ist. Außerdem habe ich auf ihren Wunsch hin eine Pille danach besorgt, diese würde sie wohl jedes Mal nehmen. Ihr armer Körper, doch noch viel schlimmer waren die Spuren auf ihrer Seele. Ich hielt diese Gedanken kaum aus und wünschte, ich könnte dieses Hotelzimmer verlassen, um ihren Mann zu foltern.

„Soll ich dir die Dusche anmachen? Oder möchtest du etwas frühstücken, mi Cielo?", mein gefühlt hundertster Versuch, sie aus dem Bett zu locken. Ohne Erfolg. Sie schüttelte ihren Kopf, während ihre Augen weiterhin an der weißen Decke hafteten. Ich atmete hörbar meine angestaute Luft aus, was ich sofort bereute, da ich ihr Zittern spürte. Sie fühlte sich unwohl in meiner Nähe, was ständig vorkam. Deshalb entfernte ich mich von Bett und setzte mich auf die kleine schmierige Couch und betätigte die Fernbedienung. Meine Augen wanderten im Minutentakt von der Doku, welche lief, hinüber zu Isabelita, die immer noch zitterte. Es erschien mir wie eine Panikattacke, weshalb ich nun doch wieder zu ihr ging. Ich kniete mich auf Kopfhöhe vor dem Bett und sprach sie an, während ihre Lider zu flattern begannen. Isabelita reagierte nicht, wirkte wie zerbrochen und nochmal zerbrochen. Ach, was dachte ich da. Ihre Scherben waren zermahlt, da waren keine Splitter mehr übrig.

Und urplötzlich bekam ich einen Hass, den ich zuvor nur selten gespürt hatte. Auf ihre Familie, ihren Mann und seine Geschäftsleute. Frauen waren keine Spielzeuge. Besonders nicht so eine Frau wie Sie. Ich erhob mich ruckartig, da ich das Gefühl in meiner Brust kaum noch aushielt und stürmte in das kleine muffige Badezimmer. Raufend durch die Haare überlegte ich, was ich tun konnte. Wie sollte ich ihr helfen? Ehrlich gesagt war ich überfordert und dass, obwohl ich meinem Vater Jahre dabei zusah, wie er meine Mutter pflegte, als sie Krebs hatte. Wiederum war ich ein Kind und hatte nur wenige Bilder davon in meinem Kopf behalten. Deshalb entschied ich mich auf mein Bauchgefühl zu hören und das einzig Richtige zu tun, was der Sohn eines Mafiabosses eben macht.

Auf dem Flur traf ich auf einen Kunden des Hotels und rempelte ihn beabsichtigt an, sodass er nicht merkte, wie ich sein Handy an mich nahm. Ich beeilte mich, um die Ecke vom Hotel zu gehen, auch wenn ich der Schönheit oben im Bett gesagt hatte, dass ich gleich wiederkommen würde. In einer Seitenstraße wählte ich die Nummer eines Kumpels, mit dem ich damals, vor Isabelita, die Bars eroberte. Auf Anhieb ging er ans Handy und begrüßte mich fröhlich.

„Ich wünschte, es wäre ein Anruf aus Freundlichkeit, aber da muss ich dich enttäuschen, Beij"

„Was ist passiert, Acacio?" Ich schilderte ihm kurz meine Gedanken der letzten Wochen, ließ dabei natürlich aus, um wessen Frau es sich handelte. Erzählte stattdessen nur, dass die Eltern sie verkauft hatten und der Mann fürchterlich zu ihr sei.

„Dass ich das nochmal erlebe, dass du jemanden fürs Leben findest", seine Worte klangen so voller Ironie für mich, da ich noch nicht zu lange in Italien lebte und wir uns nur daher kannten.

„Ich mache es kurz, Beij. Deine Cousine ist Auftragskillern und ich möchte das sie die Familie meiner geliebten für mich und sie erledigt. Koste es, was es kosten soll", wir verhandelten kurz die weiteren Details, unter anderem auch, dass ihre Schwester überleben und in ein neues Land geschleust werden sollte. Aber auch, dass der Vater mehr leiden sollte, als die Mutter. Danach ging ich zurück ins Hotelzimmer, aber nicht ohne das Handy verschwinden zu lassen. Isabelita zitterte noch immer am ganzen Körper und da meine Geduld verloren gegangen war vor Stunden, hob ich sie hoch, bemerkte das sie fast nichts wog und stellte mich samt Klamotten mit ihr unter die eiskalte Dusche. Es dauerte schlussendlich nur einen kurzen Moment, bis sich ihr Puls und die erhöhte Temperatur regulierte. Ihren Kopf hatte sie nach einer Weile auf meiner Schulter abgelegt und auch ihr Zittern hörte vollständig auf. Irgendwann stellte ich sie auf ihre Beine ab und ließ sie allein zurück, denn ich hatte sie genug berührt.

Ich wartete, neu eingekleidet, auf dem Bett. Hatte ihr in der Zwischenzeit ebenfalls neue Kleidung, die uns heute geliefert wurde, im Eingangsbereich vom Badezimmer gelegt und hielt die Augen artig verschlossen. Mein Herz setzte flüchtig aus, als sie aus dem Badezimmer kam. Es war nicht die Kleidung, welche sie sonst trug, aber die enge Jeanshose und das schwarze Oberteil standen ihr mit den goldenen Accessoires hervorragend.
„Warum habe ich sowas an, Acacio?"

„Es ist an der Zeit, dass wir beide etwas gemeinsam Essen" Isabelita nickte und während sie augenscheinlich darauf wartete, dass ich ihr meine Hand reichte, ging ich zur Tür und hielt ihr diese auf. Bis zum Fahrstuhl lief sie mir voraus und selbst in dem kleinen Kasten, achtete ich stets daraus, dass ich ihr nicht zu nahekam. Ich wollte ihre Wunden nicht verschlimmern. Unten im Restaurant angekommen, wurde uns ein Tisch zugewiesen. Wir bestellten, ohne ein Wort vorher gewechselt zu haben, unsere Auswahl und überreichten dem Kellner die Menükarte.

„Warum machst du all das für mich, Acacio?", hörte ich plötzlich ihre Stimme.

„Wenn ich das nicht darf, musst du es mir nur sagen, Isabelita. Ich akzeptiere deine Grenzen"

„Schwer zu glauben, nachdem du jemanden vor meinen Augen ermordet hast", flüsterte sie, damit niemand hörte, was sie sagte.

„Ich bin nicht fehlerfrei, aber kein Monster. Ich will dir helfen, nicht weil du meine Hilfe brauchst, sondern, ich bei dir sein will", gestand ich. Hatte ihr mein Herz ein Stückweit geöffnet.

„Du weißt, dass wir niemals eine Chance hätten, selbst wenn ich es wollen würde" Sie wollte noch mehr sagen, allerdings hatte der Kellner uns mit dem Essen unterbrochen. Zaghaft griff Isabelita zur Gabel und pikste einer ihrer Nudeln auf. Es war faszinierend, wie elegant, aber der Umgebung angepasst, die Pasta in einem ein Stern Schuppen zu sich nahm. 

„Ich erwarte nichts von dir, nur, weil ich dir meine Hilfe angeboten habe", nahm ich das Gespräch wieder auf. Sie nickte, doch der Blick haftete weiterhin auf dem Teller.

„Ich danke dir, Acacio. Du bist meine langersehnte Rettung" Und mein Herz machte Luftsprünge.

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The Effecting | 18+Where stories live. Discover now