26. Kapitel

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Mavis

Den Tag, den ich ohne Blake alleine in der Suite verbrachte, tat mir gut. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, den Schlaf der vergangenen Nacht nachzuholen und für eine Weile zu vergessen, weshalb ich überhaupt in Paris war und was für ein Leben ich führte. In dieser Zeit konnte ich für mich alleine traurig sein, ohne Angst haben zu müssen, dass er es mitbekam.

Als sich der Tag langsam dem Ende zuneigte, schob sich die Sonne immer weiter in Richtung des Horizonts. Die Stadt wurde in einen dunklen Schleier getaucht, und nach und nach leuchteten die Lichter der Gebäude auf, bis Paris nur noch aus einem funkelnden Meer bestand. Ein wunderschöner Anblick, den ich so lange genießen wollte, wie möglich. Also ließ ich mir ein heißes Bad ein und blickte durch die große Glasfront.

Es verging eine Ewigkeit, in der ich einfach nur regungslos da saß und vor mich hin starrte. Meine Gedanken schweiften zunehmend ab und versetzten mich in einen angenehmen Zustand, in dem ich über schönere Dinge phantasierte, die das Leben zu bieten haben könnte. Dies tat ich so lange, bis mich plötzlich Blakes Stimme hinter mir zurück in das Badezimmer holte.

„Es sieht aus, als hättest du eine gute Zeit da in der Badewanne", sagte er. Durch das Licht, das durch den leicht geöffneten Spalt der Schiebetür in das dunkle Badezimmer fiel, konnte ich aus dem Augenwinkel den Schatten sehen, den seine Gestalt warf, als er etwas in den Rahmen der Tür hineintrat.

„Die habe ich, also bitte ruinier es nicht", antwortete ich ehrlich, ohne meinen Blick in seine Richtung zu wenden. Innerlich bereitete ich mich darauf vor, dass er dafür sorgen würde, dass meine angenehme und friedliche Zeit hier nun zu Ende war, aber stellte zu meiner Überraschung fest, dass er ohne ein weiteres Wort zu sagen, die Tür des Badezimmers schloss und mich alleine ließ. Etwas, das mich für einen kurzen Augenblick darüber nachdenken ließ, ob sich unsere Zusammenarbeit zum Positiven verändern könnte.

Genau so schnell, wie mir dieser Gedanke gekommen war, verschwand er auch wieder, als ich nach ein paar Minuten ein weiteres Mal vernahm, wie die Tür des Badezimmers geöffnet wurde. In Sekundenschnelle hämmerte mein Herz stark in meiner Brust, als ich hörte, wie er eintrat und die Tür hinter sich schloss, so dass alles in diesem Raum erneut nur schwach ins Licht der Stadt getaucht wurde. Den Bruchteil einer Sekunde später, stockte mir erschrocken der Atem, als ich spürte, wie er sich hinter mich in die Badewanne setzte.

Obwohl mein erster Impuls war, direkt aufzuspringen, tat ich es nicht. Mein Körper versteifte sich wie es ein Reh vor den Scheinwerfern eines Autos tat. Mein Puls raste, und ich versuchte so ruhig wie möglich weiter zu atmen. Der alkoholisierte Geruch, der von ihm ausging und den ich leicht auf meinem Nacken spüren konnte, ließ mir sofort den Gedanken in den Kopf schießen, ob er mich nun doch vergewaltigen würde. Denn die Tatsache, dass er es sich ungehemmt herausnahm, zu mir in die Badewanne zu steigen, in der ich nackt saß, überschritt eine Grenze, die er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht überschritten hatte..

Es verging eine sich ewig lang anfühlende Weile, in der ich da saß und darauf wartete, dass etwas passierte. Dass er etwas tat, das meinen Albtraum wahr werden ließ. Aber je mehr Zeit verging, desto mehr entspannte ich mich, als ich realisierte, dass er nichts tat, außer nur da zu sitzen.

„W-Woher wusstest du, dass ich dir einen falschen Namen genannt habe?", fragte ich mit leicht zittriger Stimme, um die bedrückende Stille, in der ich nur seinen und meinen Atem vernehmen konnte, zu durchbrechen. Eine Frage, die mir den ganzen Tag über durch den Kopf schwirrte.

„Wie bereits gesagt, ich habe meine Leute. Ich kannte seinen Namen schon ein paar Stunden, nachdem du zu mir in den Laden gekommen bist", antwortete er rau. Seine Worte sorgten dafür, dass sich innerhalb eines Momentes eine gewaltige Gänsehaut über jeden Zentimeter meines Körpers ausbreitete. Dann war er es doch, der Felix' Laden auseinander genommen hatte. Eine Erkenntnis, die ich erschreckend fand.

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