Seuchensaison

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Es ist regnerisch und ich blicke zwischen den Flutlichtern auf die Anzeigetafel. 61. Minute und noch viel wichtiger? 0:2. Ich habe mich seit einer Stunde an Renard aufgerieben und komme an ihr einfach nicht vorbei. Wenn ich mal durch Zufall den Ball bekomme, ist mindestens ein Bein zwischen mir und dem Tor, um meine Schüsse zu blocken. Minuten fühlen sich wie Stunden an und doch habe ich das Gefühl die Zeit rennt zu schnell. Meine Gedanken rasen als ich an Renard hochschaue. “Wie komme ich jetzt an der vorbei?” frage ich mich und die Zweifel werden immer größer. Jeder Fehlpass und jeder verlorene Zweikampf führen dazu das ich tiefer ins Loch falle, sodass ich in der 75. Minute in einem absoluten Loch stecke. Ein völliger mentaler Tiefpunkt und so beobachte ich wie Lyon bei einer Ecke fast das 3:0 köpft und sehe Merle mit dem Arm winken. Ich drehe mich um und laufe zwischen den beiden Absicherungen durch. Der Ball fliegt bis in die gegnerische Hälfte und ich kann ihn mitnehmen. Ich laufe alleine auf Endler zu. Keine der anderen hatte Zeit nachzurücken und ich schaue ihren Bewegungen zu. Sie macht sich immer größer und kommt näher. Im richtigen Moment schiebe ich den Ball an ihr vorbei und schiebe den Ball im Fallen aus spitzem Winkel über die Linie. Im Liegen reiße ich beide Arme nach oben und Obi hilft mir auf. “Gut gemacht Alex, jetzt noch eins und wir sind wieder voll dabei!” grinst sie mich an.

Bei einer Ecke in der 89. Minute stehe ich unter völligem Druck. Ich stehe hinter Bacha am zweiten Pfosten und hoffe auf einen Abstauber. Der Ball segelt durch den Strafraum und fliegt direkt auf mich zu. Instinktiv drücke ich Bacha leicht nach vorne, um mir Platz zu verschaffen und sehe, wie sich etwas aus dem Augenwinkel nähert. Bevor ich überhaupt realisieren konnte, was passiert spüre ich einen schmerzhaften Schlag. Ich merke gar nicht mehr, wie ich unkontrolliert auf dem Boden aufschlage und ohnmächtig liegen bleibe.

Das Nächste, was ich noch weiß, ist das ich Leah verschwommen über mir stehen sehe wie sie sich mit Spielerinnen von Lyon streitet und sich gegenseitig schubsen. Doch dann schließen sich meine Augen wieder.

Leahs Perspektive:

Der Ball fliegt an mir vorbei und ich drehe mich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, wie Bacha Alex mit dem Ellbogen ins Gesicht schlägt. Mir wird eiskalt und gleichzeitig koche ich vor Wut als ich Alex unkontrolliert zu Boden fallen sehe. Ich laufe auf Alex zu und stelle mich über sie. Dann schubse ich Bacha fest und sie tut es mir gleich. “Bist du völlig dumm?” schreie ich ihr ins Gesicht. Bacha und ich starren und gegenseitig an und schubsen uns immer wieder, sodass uns die anderen auseinanderziehen müssen. 

Obi kniet bei Alex und schaut, ob es ihr gut geht, während ich versuche mich zu befreien, um Bacha an die Gurgel zu gehen. Als die Schiedsrichterin zu uns kommt sehe ich gelb und Bacha glatt rot. Außerdem bekommen wir einen Elfmeter. Ich atme tief durch und drehe mich dann zu Alex, um mich zu ihr zu knien. Die Sanitäter und Obi sind bei ihr und sie regt sich nicht. Mein Blick fixiert Alex und mein Herz rast. “Ist sie okay?” frage ich mit zittern in meiner Stimme. Die Sanitäter lassen sich nicht beirren und arbeiten weiter, ohne meine Frage zu beantworten. Ich greife Alex Hand und drücke sie fest. Dann deutet uns die Schiedsrichterin das Alex zur weiteren Behandlung rausgebracht werden soll und ich schaue sie wütend an. Widerwillig lassen wir Alex am Spielfeldrand und sehen aus dem Augenwinkel wie Jule den Sanitätern und Alex auf der Trage folgt und mit ihnen rein geht. Den fälligen Elfmeter trifft Popp zum 2:2. 

Die Wut über das, was mit Alex passiert ist, brennt in mir, als wir in die Verlängerung gegen Lyon gehen. Jeder von uns ist entschlossen, für Alex zu kämpfen. Wir laufen auf das Feld, als wäre es eine Schlacht, die wir gewinnen müssen. Die Energie ist elektrisierend, geladen mit Emotionen. Wir spielen nicht nur Fußball, wir setzen ein Zeichen. Und dann, Tor um Tor, kämpfen wir uns zurück ins Spiel. Als der Schlusspfiff ertönt und das Ergebnis von 5:2 feststeht, ist es mehr als nur ein Sieg. Es ist eine Demonstration unserer Stärke und unseres Willens.

Ohne eine Sekunde zu verlieren, laufe ich nach Abpfiff in die Kabine und gehe schnell duschen. Ich ziehe mich und binde mir meine Schuhe als ich Obi vor mir stehen sehe. “Ich komme mit,” sagt sie, ohne mir überhaupt die Chance auf Widerworte zu geben. Ich nicke und zusammen gehen wir zum Auto und fahren ins Krankenhaus in dem Alex liegt.

Zwischen Hass und LiebeKde žijí příběhy. Začni objevovat