Kapitel 14

61 5 3
                                    

Gerade als der Silberwolf erwartete, dass der Labrador die Zähne in seine Haut schlagen und ihn infizieren würde, hörte er einen lauten Knall. Darauf folgte ein Zweiter, der das brechende Geräusch von Knochen hinterließ. Und ein Dritter, der dem ganzen Spektakel den Rest gab.

Drei Paletten waren von oben hinabgestürzt, die den infizierten Labrador haargenau erwischten und unter sich begruben. Als Silver und 9Jay näher hinsahen, bemerkten sie, dass das Wesen noch immer lebte.  Es zappelte mit den Vorderpfoten herum, während der hintere Teil des Körpers begraben war. Der Labrador war augenscheinlich ziemlich wütend. Und Silver vermutete, dass er es tatsächlich schaffen könnte, sich zu befreien, wenn er weiterhin so aufgebracht herumfuchtelte. Den Gedanken konnte er allerdings nicht zu Ende denken, denn vor ihm fiel noch ein weiterer Gegenstand herunter. Ein weißer Eimer, der gefüllt sein musste, mit extrem schweren Inhalt. Der Kopf des Labradors wurde auf der Stelle unter dem Gewicht zerquetscht, sodass die Hirnmasse in Silvers und 9Jays Richtung spritzte und die beiden zusammenzucken ließ. Erschrocken und überrascht starrten die beiden Freunde auf den toten Körper, dann fuhr Silvers Blick nach oben, um die Quelle der Rettung ausfindig zumachen. Im höchsten Teil des Eisenregals konnten sie einen massiven Schatten erkennen, der sie beobachtete. Dann bewegte sich die Erscheinung und sprach mit dunkler Stimme:

„Na, sieh mal einer an. Ich hätte nicht gedacht, dass ich in diesem Einkaufscenter jemals Gäste haben werde."

Silver meinte, Belustigung in seiner Stimmlage zu hören. Achtsam trat er vor.

„Wer ist da?", fragte er den mysteriösen Schatten. Franky und die Kinder kamen ebenfalls dazu und sprangen vom Eisenregal herunter. Auch 9Jay war leicht angespannt, über die Anwesenheit des Fremden.

Die verborgene Person bewegte seinen stämmigen Körper und machte sich zum Sprung bereit. Das Regal wackelte, als er hinabstürzte. Danach spürte Silver, wie der Boden unter seinen Pfoten bebte, als die Gestalt darauf landete. Nun erkannten sie ihn. Einen grauen, kräftigen Cane Corso Hund, mit großen Stolz in seinen Augen. Eines der Augen war trüb. An seiner Brust baumelte eine schöne Halskette, dessen Anhänger golden glänzte. Die Luft erfüllte sich mit Spannung, als der fremde Hund ein paar Schritte vortrat und auf den toten Infizierten starrte.

„Verzeih, Nachbar. Ich habe mir das Ganze auch ein wenig anders vorgestellt. Ruhe in Frieden", sagte er respektvoll. Silver hatte das Gefühl eine Sekunde lang Traurigkeit in seinen Augen sehen zu können, welche sofort wieder verschwand. Danach wandte sich der Cane Corso an die Gruppe, die erwartungsvoll vor ihm stand.

„Seid gegrüßt. Mein Name ist Fat Boy und zurzeit ist das hier mein Territorium. Und wer seid ihr, die hier so selbstverständlich reinspaziert sind und mir den Schönheitsschlaf geraubt haben?", begann er und musterte sie. Das Misstrauen war ihm in sein faltiges Gesicht geschrieben, obwohl er ihr Retter in letzter Sekunde war. Silver trat vor.

„Sei gegrüßt, Fat Boy. Mein Name ist Silver und das hier sind... Franky, 9Jay, Junior eins, Junior zwei und Junior drei. Wir wollten nicht in dein Revier eindringen. Wir suchten nur... nach etwas Essbaren... Nun wir... "

Der Wolf bemerkte, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. Sie waren in fremdes Revier eingedrungen und wie würde der Hund vor ihm reagieren, wenn er jetzt die Wahrheit sagte? Franky tapste vor, um ihn beizustehen.

„Wir suchten nach Nahrung für meine Kinder. Wenn wir gewusst hätten, dass wir in fremdes Territorium eindringen würden, wären wir niemals aufgekreuzt. Wir bedanken uns für die Rettung. Und würden dann auch sofort wieder gehen, nachdem wir Bescheid wissen", miaute er mutig, während er den großen Hund vor sich betrachtete. Mit ihm anlegen wollte der Kater sich auf keinen Fall. 9Jay schien es nicht anders zu gehen, denn er stimmte Franky stumm zu.

Free Fall - Verlorene SpurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt