28. Macht

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Letzter Samstag, als Anthony und ich nach unserem Brunch Chris überfielen, war ein seltsamer Tag. Ich fühlte mich wieder wie Alison, nur dass ich keine Perücke trug und kein einziges Mal lügen musste.

Doch das war nicht das Seltsame an dem Tag. Seltsam war, dass mich Chris wie Alison behandelte. Zumindest kam es mir so vor. Immer wieder suchte er meinen Blick und durchbrach öfter als nötig die Touchbarrier zwischen uns.

Anthony, Chris und ich haben am Samstag noch etwas Zeit miteinander verbracht. Nachdem mich Chris vernichtend in Mario Kart besiegt hatte, beendeten wir Anthonys Belagerung von Doro, welche uns daraufhin zum Mittagessen einlud.

Ich lehnte dankend ab, da ich einerseits wegen dem Brunch keinen Hunger hatte und ich andererseits zur Nachmittagsschicht ins Kino musste.

Anthony ließ sich jedoch nicht zweimal bitten und soweit ich weiß, blieb er, bis Ness plötzlich auftauchte.

Ich versuche, den ganzen Tag ihn darauf anzusprechen, doch ich komme nicht dazu. Bis jetzt plaudert er ununterbrochen von seinem neuen Lieblingsthema: Alison und ihre Ähnlichkeit zu mir.

»Es ist echt unglaublich, wie ähnlich ihr euch seht. Doro findet das auch«, erklärt er mir zum wiederholten Male. Ich glaube, dass ihn die Informationsüberflutung am Samstag überstimmuliert hat und er jetzt nicht weiß wo anfangen und wo aufhören.

»Das wird schon so sein. Aber so gravierend ist es auch nicht«, sage ich möglichst unbeeindruckt. Ich finde es toll, dass ich mich mit Anthony anfreunden konnte und vor allem die Schule wird durch seine Anwesenheit unterhaltsamer.

Wie auch jetzt verbringen wir jede größere Pause zusammen. Leider haben wir bis auf Geografie keinen gemeinsamen Kurs, weshalb wir nur kurz Zeit haben zu plaudern.

Das Wetter heute ist angenehm und perfekt, um die Pause im Schulhof zu verbringen. Wenn ich die Sonnenstrahlen auf meiner Haut tanzen spüre, kann ich abschalten und neue Energie tanken. Ich bin dankbar, dass ich diese Momente mit Anthony teilen kann. Dennoch werde ich ihn umbringen, wenn er nicht bald aufhört, von Alison zu sprechen.

»Bei Chris verstehe ich, dass er die Ähnlichkeit nicht sieht. Er kennt sich mit Make-Up nicht aus, aber dir muss doch klar sein, dass euch vor allem Alisons starkes Make-Up unterscheidet. Bist du dir sicher, dass du keine heimliche Zwillingsschwester hast?«

Ich lache auf. »Davon wüsste ich doch was, oder?«

»Naja, nicht unbedingt.« Anthony legt sich einen Finger ans Kinn und überlegt »Hast du nicht gesagt, du kennst deinen Vater nicht?«

»Ich verstehe, wie du darauf kommst, aber mein Vater hat meine Mutter verlassen, als ich ein paar Monate alt war und Alison ist doch älter als ich, oder?«, frage ich.

Anthonys Theorie würde die Ähnlichkeit zwischen Alison und mir perfekt erklären. Allerdings weiß ich aus sicher Quelle, dass Alison nicht meine Schwester ist.

Anthony zuckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wie alt sie ist. Generell weiß niemand etwas über sie. Ist das nicht komisch? Sie hat nicht mal Instagram, soweit ich weiß.«

Ja, das ist es, aber Alison sollte auch nicht existieren. Mittlerweile spiele ich mit dem Gedanken, sie ganz zu begraben. Mein Leben als Lilly läuft besser denn je und sogar mit Chris läuft es richtig gut, auch wenn ich für ihn nicht mehr als eine Freundin bin.

»Vielleicht redet sie nicht gerne über sich und ist eher introvertiert«, werfe ich als mögliche Erklärung für Alisons Social Media Abstinenz in den Raum.

»Nein, das glaub ich nicht. Ich hab sie einmal auf dieser Party getroffen und sie hat nicht schüchtern gewirkt. Etwas nervös wegen Chris, aber an sich nett und cool, bis... Naja, das hast du bestimmt mitbekommen«, flüstert Anthony zum Schluss in meine Richtung.

Me, my Lover and I ✔️Where stories live. Discover now