¹² tomatenmark

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Taras war richtig am Arsch.
Noch mehr als ich dachte.
Wie er im Schlaf krampfte, war das schlimmste, was ich je zu Augen bekommen hatte.
Er hatte im Bad konsumiert, das war mir klar.
Sonst wäre er jetzt bei weitem nicht so entspannt.
Ich war verdammt müde.
Ich hatte geschlafen, ja, aber nur so vier, fünf Stunden.
Mehr war nicht drin gewesen.
Wenigstens war noch Wochenende und ich musste nicht arbeiten oder so.
Taras hielt mir den Joint hin.
"Willst du mitrauchen?"
Ich nickte und rauchte zwei Züge.
Dann gab ich den Joint Adam.
"Ich hab' 'n Video gemacht", sagte ich leise zu Taras.
"Von was?"
"Deinem Krampfanfall. Damit du siehst, was passiert ist."
"Okay, zeig."
Ich öffnete Snapchat, ging in den privaten Bereich und zeigte Taras wortlos das Video.
Er biss auf seine Lippe.
"Scheiße."
Ich legte mein Handy wieder hin.
"Bitte, bitte werd' clean."
Er nickte.
"Ich versuch's... fuck, ich will keinen Benzoentzug. Das wird ganz, ganz schlimm."
Er lehnte sich in der Couch zurück.
Ich nahm seine Hand und streichelte über seinen Handrücken.
"Du schaffst das..."
Taras zog am Joint.
"Ich hab' im Bad drei Xans genommen."
"Ist okay..."
Ich kuschelte mich an ihn.
"Taras, ich muss dir noch was sagen", sagte Adam leise.
"Was?"
"Ich hab' fast alle deine Benzos an diesen komischen Plug, der heißt irgendwie Tomatenmark oder so, verkauft. Überteuert, sogar für Apothekenware."
"Fuuuuuck."
Adam gab Taras einen Briefumschlag.
"Hier, dein Para."
Taras öffnete verpeilt den Briefumschlag und zog einen Haufen bunte Scheine heraus.
"Wie hast du es geschafft, dem das alles so teuer zu verkaufen..."
"Deine restlichen Benzos hab' ich versteckt. Sag Bescheid, wenn du drigend eine brauchst."
"Mach ich..."
"Fuck, bin ich müde", murmelte ich.
Taras passte mir geistesabwesend den Joint, welchen ich Adam gab und ich kuschelte mich an Taras.
"Ich geh' pennen", murmelte Adam und verschwand im Flur.
"Warum ist er in den Flur gegangen?", murmelte ich verschlafen.
"Wahrscheinlich will er nicht vor mir konsumieren. Oder er trifft sich mit irgendwem auf 'nen Gute-Nacht-Joint."
"Noch einen?"
"Sag das keinem, aber er muss richtig krass high sein zum Schlafen. So'n Joint wie gerade reicht da nicht."
"Mhm..."
"Gute Nacht, Maya. Hab' dich lieb."
Mein Mundwinkel zuckte nach oben.

"Guten Morgen", rief Adam.
Verschlafen öffnete ich meine Augen.
Ich hatte ewig geschlafen, es war schon echt warm.
Ich nahm mein Handy.
10:46
"Taras, wach auf."
Er öffnete seine Augen.
"Fuck."
"Eimer steht vor der Couch", sagte Adam aus der Küche.
Wofür denn-
Taras erbrach sich in den Eimer.
Oh.
Ja.
Ergab Sinn.
Benzo-Entzug war nichts schönes, da hatte Taras gestern echt recht gehabt.
Erbrechen, Krampfanfälle, Muskelschmerzen, verschlimmerte Angstzustände, Schlafstörungen, und die Liste ging noch endlos weiter.
Verpeilt zog ich die Decke von mir.
Moment, die Decke?
Ich stand auf und ging in die Küche.
"Danke für's Zudecken."
"Kein Ding."
"Machst du Pfannkuchen?"
"Ja, kann ich zwar nicht so gut wie Taras, aber ich krieg's schon hin", schmunzelte er.
"Ich hab' echt Hunger."
"Verständlich."
Er schüttete Teig in die Pfanne.
"Taras redet oft von dir. Seine Augen leuchten, wenn er von dir spricht. Du tust ihm gut."
"Würde ich jetzt nicht so behaupten..."
"Doch, doch. Ohne dich würde er auch keinen Benzoentzug anfangen."
Adam nahm einen Joint vom Fensterbrett.
"Marokkanisches Frühstück?"
"Wieso Marokkanisch?"
"Mein Gott, du hast ja gar keine Ahnung von Ott."
Adam schmunzelte.
"Was heißt das?"
"Hasch. La Mousse."
Er haute den Joint an.
"Ach so..."
Er passte mir den Spliff.
"Ist aber mehr Tabak drin als bei Blüten."
Ich zog am Joint.
"Schmeckt aber gut."
Er schmunzelte.
"Das stimmt."
Er wendete den Pfannkuchen.
"Das is' der letzte."
Taras würgte aus dem Wohnzimmer.
"Der arme", murmelte ich.
"Hab's auch geschafft, von was ganz schlimmem loszukommen. Ich kann Taras viel über Entzug beibringen, er schafft das."
"Ich hoff's... darf ich fragen, von was?"
"Ist 'ne lange Geschichte."
Adam schob den letzten Pfannkuchen auf den Teller.
"Hoffentlich bleibt das in seinem Magen", murmelte Adam, nahm den Teller und wir gingen zurück zu Taras.

zwei dosen spriteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt