KAPITEL 3

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XYLA

In der wunderschön dekorierten Kirche ist es still. Der Pastor lässt seine Worte gewichtig verklingen. Jetzt ist es an Hunter mein Herz brechen zu lassen. Ich sitze in der fünften Reihe, zwischen meiner Managerin – die ich dafür hasse, weil sie den Kontakt zwischen Hunter und mir hergestellt hat – und dem Großcousin von Alexandra, der mich die ganze Zeit unauffällig betatscht. Alexandra sieht atemberaubend aus. Ein schlichtes Kleid mit der Eleganz einer Prinzessin. Enganliegend, umwerfend verziert und mit einer Figur, die jede Frau neidvoll erblassen lässt.

Doch obwohl Alexandra wunderschön aussieht und alle Augen der Anwesenden an ihr hängen, habe ich nur Augen für Hunter. Er steht ihr gegenüber, hält ihre Hände und spricht das Ehegelübde. Ich kann seine Hand zittern sehen, als er den Ring von seinem Trauzeugen entgegennimmt. Der klopft ihm brüderlich auf die angespannten Schultern.

Mia greift nach meinen eiskalten Fingern und quietscht leise. Sie denkt, dass die Tränen auf meinen Wangen Freudentränen sind. Tränen der Rührung, weil diese beiden Menschen sich gefunden haben. Aber ich trauere. Ich trauere um den Mann, den ich in dieser Kirche für immer verlieren werde.

Seine Augen hängen an seiner frisch angetrauten Frau, füllen sich mit Tränen, während auch sie das Gelübde spricht. Haltlos kullern salzige Tropfen aus meinen Augen, benetzen mein schieferfarbenes Neckholderkleid.

Dann versetzt er mir den Todesstoß. »Ja, ich will.«

Ein erfreutes Murmeln geht durch die Kirche. Mein Herz stirbt und meine Seele gleich mit.

Schluckend tupfe ich mir mit einem Taschentuch unter den Augen entlang. Alexandras Großcousin legt seine Hand auf mein Knie und ich überschlage die Beine, wodurch sie wegrutscht. Applaus brandet auf. Ich zucke zusammen. Alle stehen auf und ich folge. Alexandra und Hunter küssen sich. Tiefe Liebe strahlt aus jeder Pore in die Menge und lässt ein begeistertes Seufzen hören. Ich ersticke daran.

Hunters Finger streichen durch Alexandras Gesicht und sie schenkt ihm ein umwerfendes Lächeln. Er greift nach ihrer Hand und reckt den Arm mit ihren verschränkten Fingern in die Luft. Ein Freudenschrei, dessen Worte ich nicht verstehe, lässt die Gäste lauter jubeln. Ich spiele mit. Spiele die Freundin, die ihnen alles Glück der Welt gönnt. Und das tue ich auch. Ich will, dass Hunter glücklich ist. Nur gefällt mir die Tatsache nicht, dass nicht ich es bin, die ihn so strahlen lässt.

Sie verlassen Hand in Hand die Kirche. Sein Blick streift mich und ich setze ein fettes Lächeln auf. Geschauspielert werfe ich ihnen Küsschen zu, woraufhin ich von Alexandra eines zurückbekomme. Ich winke, lache und klatsche. Und es zerfetzt mich.

Die Feier findet in einem alten luxuriösen Anwesen statt. Es ist weiträumig abgeriegelt, weil Hunter einige Berühmtheiten seine Freunde nennt, und die Gäste können eine ausgelassene Zeit verbringen. Kellner laufen durch die Grüppchen, verteilen Snacks, Drinks oder Servietten. Mia reicht mir einen Sekt und ich nippe daran, obwohl ich vor der Trauung bereits eine Flasche Wein getrunken habe, um den Tag zu überstehen. Meine Maske sitzt, weil mich ein ganzes Team vorzeigbar hergerichtet hat. Man kann schließlich niemals wissen, welcher Gast gerne ein bisschen Taschengeld hätte und deshalb ein Foto von mir an die Presse verkauft.

»Eine umwerfende Trauung, oder?« Mia seufzt und streicht sich ihre gewellten Strähnen hinters Ohr.

»Wundervoll. Der Pastor war sehr gefühlvoll. Nicht so spießig wie eine gewöhnliche Trauung«, pflichte ich ihr bei. Ich muss die Maske aufrechterhalten.

»Weißt du, wohin die Flitterwochen gehen? Hugh hat gemeint, sie wollen wohl nach Bali und eine Rucksacktour machen. Was sagt man dazu? In den Flitterwochen aktiv sein, abgesehen vom Bett«, kichert sie. Bali. Ein Reiseziel, das ich Hunter empfohlen habe. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt die Hoffnung, er würde mich ebenso wollen wie ich ihn. Wie blauäugig ich doch gewesen bin.

ERASE YOU | 18 +Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt