Kapitel 2 - Geflügel

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Bahnhöfe waren toll. Viele Menschen und viel Stress. Am witzigsten fand Louis es, wenn zwei zusammen standen und sich absabberten, aber eigentlich nur nichts zu reden hatten und nur die Zeit überbrückten, bis dass der Zug kam. Diese Züge Verspätung haben zu lassen war ein Fest für Dämonen wie ihn. Wie sie dann da standen. Von einem Bein auf das andere tretend. Peinliches Schweigen war einfach ein Hochgenuss.

Er turnte ein bisschen durch die Bahnhofshalle. Viren und Bakterien hatte er immer dabei. Er brauchte sie nur vor sein Gesicht halten und pusten. Wie Pusteblumen. Sah hübsch aus. Je dichter das Gedränge, desto effektiver. Denn was auf den Boden fiel, konnte leider nicht mehr krank machen. Und Chaosdämonen mochten Krankheiten. Weil die Leute dann absolut untypisch ihres gewöhnlichen Tagesablaufs handelten. Morgens früh Fernsehen, Nachmittags schlafen. Alle Termine auf Eis gelegt. Perfekt. Besonders gern pustete Louis auf Leute, die von einem Termin zum nächsten hetzten. Ein voller Terminkalender machte kein erfülltes Leben. Musste man manche ja auch mal dran erinnern.

Louis fand sich und seine Arbeit ganz nah an den Menschen am Besten. Wenn er spontan performen konnte. Arbeiten mit dem, was sein Publikum ihm gab. Aber hin und wieder musste eben auch der Papierkram gemacht werden. Pläne umschmeißen. Langweiliger war es vermutlich nur, die zu erstellen.

Also machte er sich auf den Weg ins Reisezentrum. Erstmal die Datenübermittlung stören. Das war nicht innovativ aber immer ein ganz netter Einstieg. Unter zwanzig Leuten in der Schlange fehlte auch irgendwie einfach das Publikum. Wenn bei den Herrschaften hinter dem Tresen so langsam Spannung entstand, ging es dann weiter.

Irgendwas war da plötzlich. Louis blickte sich aufmerksam um. Es war irgendwie plötzlich heller. Nun sollte man meinen, dass er aus der Hölle ein Problem mit gleißendem Licht hatte. Aber Mal ehrlich: wozu gabs Sonnenbrillen? Also machte er mal weiter. Änderte die Dienstpläne, baute noch ein paar Weichenstörungen, Zahlendreher in Zugenummern und so weiter ein. Gleise andern war auch toll. Dann rannten immer alle so hübsch, obwohl da noch gar kein Zug stand.

Die Durchsage über die Weichenstörung schallte zu seiner Freude gerade schwer verständlich durch den Bahnhof, als er den Verursacher des Lichts entdeckte. Ein Perückenschaf-Geflügel. Na super. Hätte er gewusst, dass er heute einem echten Geschöpf des Himmels begegnet, hätte er sich noch viel sündiger angezogen.
Louis wusste nicht viel über die Geschöpfe des Himmels. Aber sie sollten arrogant sein.

"Ey, lass das gefälligst. Ich bin schon hier.", Sprach der Mensch mit übergroßen Hähnchenflügeln auch gleich verärgert. Püh, als würde Louis sich von so nem Heiopei was sagen lassen. Außerdem war er zuerst da gewesen.

"Hi Löckchen. Nööö. Guck Mal.", freute sich Louis schon aus Prinzip, weil der sich aufgeregte und ließ das Computersystem des Reisezentrums ausfallen. Das war gar nicht so einfach. Wo war sein Applaus schon wieder?! Er sollte sich einen klatschenden Pinguin als Supporting-Animal anschaffen. Das wäre Mal eine sinnvolle Investition.

"Hör sofort auf! Du verursacht Stress bei den Menschen!", schimpfte Löckchen und Louis stellte sich vor, wie der wohl mit Lockenwicklern aussah.
"Jaa!", freute er sich aber dennoch über das Kompliment und zählte auf: "Und Bluthochdruck, chronische Erschöpfung und die Königsdisziplin: Burn-Out."
"Das ist total schlecht!", sprach der Engel außer sich. Der war ja nett.
"Oh, Dankeschön.", freute sich Louis und ließ bei einem Mann den Reißverschluss im Innenfutter der Winterjacke festhängen. Dazu pustete er noch zwei Handvoll Erkältungsviren über eine Reisegruppe.

"Das war kein Kompliment. Du bist ein Unhold!", schimpfte der Engel aber wütend.
"Hihi. Ein was?"
"Ein Unhold.", sprach Harry eingeschnappt.
"Sowas war ich noch nie. Die meisten sagen Arschloch."
"Mir ist es, als himmlisches Wesen, verboten zu fluchen."
"Ach, du Ärmster. Ich kann sagen, was ich will. Soll ich es beweisen?"
"Nein, danke."
"Bei uns in der Hölle gibt's auch nach 6 PM noch Kohlenhydrate.", grinste Louis breit.
"Lasterhaft seid ihr."
"Oh ja."
"Auch das war kein Kompliment."
"Trägst du was unter deinem Kleid?"
"Das ist kein Kleid, sondern ein Gewand. Eine Tunika."
"Trägst du was unter deiner Tunika?"
"Das geht dich nichts an.", sprach das Geflügel und wollte sich wieder abwenden, als er sah, wie ein Mann plötzlich seinen Schlüssel für sein Schließfach nicht fand, weil seine Jacke nun wohl ein Loch hatte und der Schlüssel somit innen im Futter der Jacke lag.
Der Engel blickte zurück zum Chaos-Dämon, der zufrieden dem Mann beim Fluchen zusah.

"Lass das! Geh weg.", schimpfte der Engel Louis an.
"Nöpedi, nöpedi, nö. Mir gefällt es hier.", erklärte der Dämon und flatterte auf die Bank neben dem Engel. Dabei streifte er ihn ganz leicht mit seinem ledrigen Flügel. Er wusste selbst nicht, was das war. Aber er fand diesen Engel sehr interessant. Der ärgerte sich so schön. Louis mochte sowas.

"Lass mich! Mit einem wie dir will ich nichts zu schaffen haben!", maulte der aber. Ganz schön schlecht drauf war der. Louis war sehr froh, in der Hölle gelandet zu sein. Bei ihnen war immer Party und gute Stimmung. Außer bei denen, die unbedingt ins Fegefeuer wollten - aus Glaubensgründen oder so. Aber das war eine andere Abteilung. Hatte Louis nichts mit zu tun.

Jetzt starrte das Ding vom Himmel seine Flügel so komisch an... Ja manche fanden es komisch, dass man im Keller der Welt lebte, aber Flügel hatte. Ja Mensch, was sollten sie sonst haben? Handschaufeln wie ein Maulwurf? Wie kacke sähe das denn aus?

"Hallo? Bist du noch da?", fragte er also leicht genervt und wedelte mit der Hand herum.
"Ja. Dein Flügel..."
"Ja? Was ist damit?"
"Darf ich sie Mal anfassen?"
"Uuuuh, wenn ich deinen auch anfassen kann?", grinste der Dämon. Von wegen unschuldig. Noch nicht Mal richtig vorstellen aber schon fummeln wollen. Jaja... Von wem man es am Wenigsten erwartete...

"Ich rede nur von dem Flügel!", maulte Engelchen aber direkt wieder.
"Jaja. Ich bin übrigens Louis."
"Ich bin Harry und-"
"Moment. Da vorn ist ein Mädchen in weißer Jeans. Ich muss der mal eben ihre Tage machen.", bemerkte Louis dann aber und erledigte seinen Job. War ja nicht nur zum Spaß hier.

Zurück kam er mit einem zufriedenen Lächeln.

"Ach, weißt du was? Vergiss es! Mit solchen wie dir hat man nur Ärger!", maulte das Geflügel.
"Ja. Dafür bin ich doch da?", fragte Louis und guckte völlig verwirrt. Er war ein Chaos-Dämon. Was sollte er sonst machen? Leuten über die Straße helfen? Jeder hatte seinen Job. Die einen wurden für ihren vergöttert, wie Fußballstars, die anderen gehasst, wie die Leute aus dem Straßenbau mit den Baustellen, die niemals gelegen kamen und wieder andere ignorierte man, wie so viele Putzkräfte. Sein Job war es, Chaos  zu machen. Er sicherte Arbeitsplätze, schuf Optionen für Zufälle und sorgte dafür, dass die Leute aufmerksamer waren. Er war ein wichtiges Mitglied im Gesamtgefüge. Wo war der Applaus?! Jetzt der Pinguin... Er könnte ihn Norbert nennen...

Es stimmte jedenfalls, was in der Hölle gesagt wurde. Engel waren sowas von arrogant.... Und echt groß. Aber auch ein wenig komisch. Der hier meckerte und guckte gerade sehr abwesend. Der redete auch sehen langsam... Vielleicht eine Folge des Lebens in großen Höhen? Keine Ahnung. Louis flatterte auf dessen Augenhöhe. Mäh... Der war echt richtig groß...

Und dann? Fasste der einfach an eins seiner Hörner. Einfach so! Ohne Fragen! Hallo? Streichelzoo oder was?

Na warte... Keine Sünden. Nimm das!, dachte Louis und küsste den Engel einfach. Er sah förmlich den Schock in den grünen Augen stehen. Schock und Überraschung. Ha! Manch einer, der vor der Versuchung floh, hoffte halt insgeheim, dass sie ihn einholte. Und Chaosdämonen waren schnell. Na, das konnte doch kein Zufall sein!

Engelchen guckte verschreckt. Der sollte jetzt erstmal nachdenken. Louis wusste, dass es manchmal länger dauerte, bis ein Chaos perfekt war.

"Ich muss jetzt leider los. Aber wir sehen uns wieder, Harry.", grinste er teuflisch und verschwand.
Harrys Heiligenschein saß ein wenig schief. Oh ja... das roch nach einer Menge Chaos...
-

"Louis?"
"Ja?"
"Unser Termin war gestern morgen. Wieso kommst du heute Nachmittag?", fragte Niall begeistert.
"Weil ich Chaos mache.", antwortete Louis brav und schmiegte sich an Nialls Knie, der auf seinem Thron saß.
"Sehr gut.", freute sich der Teufel vor ihm, bis er schnupperte.

"Du riechst anders."
"Ja. Ein neues Deo..."
"Du riechst himmlisch!"
"Nimm das zurück!", schimpfte Louis beleidigt.
"Was hast du gemacht?!"
"Chaos...", murmelte Louis und sah nach oben in Richtung Himmel. Was Harry jetzt wohl machte?

Sooo. Das war der zweite Oneshot in die Story eingeflochten. Ich hoffe, es hat euch gefallen, auch wenn es bekannt war.
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Angel and Devil (Larry) - Wird Auf Storyban fortgeführt Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz