6. Zweiter Stern rechts

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Die Nachtluft peitschte ihm kalt ins Gesicht, während der Junge durch die Wolkendecke brach, sich im Flug auf den Rücken drehte und dem Sternenhimmel über sich neckisch zuzwinkerte. Es war immer wieder ein erstaunlicher Anblick, wie die Trilliarden kleiner Lichtpunkte leuchteten und manchmal so nah wirkten, als bräuchte er nur die Hand auszustrecken, um einen von ihnen zu schnappen. Doch selbst er, Peter Pan, schaffte es nicht in diese gewaltigen Höhen hinauf.

Das einzig greifbare Licht, umschwirrte ihn nun wie ein lästiges Insekt. Tinker Bell, die stumme Neverlandfee und seine treue Begleiterin.

„Bist du enttäuschst?", gebärdete die Fae fragend. „Weil Ruth nicht mitkommen wollte?"

„Nein", antworte er gähnend und streckte sich ausgiebig, wobei seine Fingerspitzen unbeabsichtigt nochmals in die kühle Wolkenmasse eintauchten. Eine Gänsehaut breitete sich daraufhin schockartig in ihm aus und elektrisierte seine feinen Armhärchen. „Es ist allein Ruth' Entscheidung, ob sie bereit ist oder nicht."

„Trotzdem ..."
Tinker wirkte beunruhigt und ihre grazilen Flügel, passten sich dieser Aufregung an und flatterten deutlich schneller als normal. „Diese Frau ... war eine Nachfahrin der Darling-Kinder, oder?

„Liams ..." Pan machte eine kleine Pause, bevor er das verhasste Wort schließlich über die Lippen brachte, „... Mutter. Margo Darling. Wendy hat mir einst von ihr erzählt. Ich war sogar ein paar Mal bei ihr am Fenster, aber sie hat es nie für mich geöffnet."

Sie sagte, sie würde Liam retten kommen", erinnerte Tinker ihn und in der Art, wie sie es ihm gestikulierte, schwang Sorge mit.

„Und wie will sie das anstellen?", lachte Pan nur. „Erwachsene können nicht nach Neverland gelangen. Vor allem nicht ohne Feenglanz." Während er das sagte, stieg er höher empor, um nicht die richtige Abzweigung zu verpassen.

Der zweite Stern von rechts blinkte ihm fröhlich entgegen und leitete ihm wie ein niemals erlöschendes Leuchtfeuer den richtigen Weg. Tinker beeilte sich, um ihn erneut einzuholen, auf ihrer winzigen Stirn, hatten sich tiefe Sorgenfalten eingegraben. Wie immer, machte sie sich viel zu viele Gedanken. Alles war gut. Er, Peter Pan, war der Held aller Geschichten und daran würde sich auch nie etwas ändern. Daran glaubte er fest.

Tinker seufzte, als hätte sie soeben seine Gedanken gelesen und flog dann voran. Ihre feine, goldene Spur verlor sich bald darauf in einer dichten Wolkenwand und als Pan ebenfalls dort hineintauchte und auf der anderen Seite wieder hervorstieß, sah er unter sich die Insel Neverland aus dem Wasser ragen, an dessen Küsten sich Wellen brachen und das Salzwasser in Ufernähe schäumte.

„Endlich", murmelte Pan glücklich und sog die Heimatluft tief in seine Lunge ein, sodass sein Brustkorb anschwellte.

Pan liebte es, seine Heimat von oben zu betrachten. Never Peak, der große Berg in der Mitte der Insel, die weiten Neverwälder, in dem sich gut versteckt ihr Hauptquartier, der Hangman's Tree, verbarg. Die blaue Meerjungfraulagune, aus dem mehrere scharfkantige Felsen ragten und jetzt bei Mondschein völlig verwaist dalag.

Auch wenn er es fast nicht zugeben wollte, mochte er vor allem die Ruhe, die sich nur zu dieser späten Stunde über Neverland legte, wenn alle anderen Bewohner längst schliefen.

Ganz kurz flackerte sein Blick hinüber zum Skull Rock und seine Gedanken wanderten zu Hook. Er hatte diesen Halunken schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Nicht, seit er ihm sein heißgeliebtes Schiff abgeluchst hatte. Wahrscheinlich schmollte er irgendwo tief verborgen in einer der Höhlen oder schmiedete dort lächerliche Rachepläne.

Diese Vorstellung ließ den Jungen grinsen, während er haarscharf an der schneebedeckten Bergspitze des Never Peaks vorbeischrammte und kopfüber in die Neverwälder eintauchte. Flüchtig sank er herab, bis er mit der Nasenspitze die mächtigen alten Baumwurzeln berühren konnte und ein dicker, grünlich schimmernder Neverkäfer, von seinem plötzlichen Erscheinen aufgeschreckt, breitete seine Membranflügel aus und schwirrte eiligst davon.

Lost Boy_A Neverland StoryМесто, где живут истории. Откройте их для себя