Der Wasserfall der Erinnerungen

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Bis spät in die Nacht erzählte Ruby mir von dem Fluch, der auf ihrem Volk lag. Sie waren offenbar dazu verdammt in ewiger Angst zu leben aufgrund einer Kreatur namens Shadowhunter. Dann erzählte Ruby mir die Geschichte, die mich verstehen ließ, was diese Welt ertragen musste und wie kaputt diese Welt bereits war – und das nicht nur wegen dem Feind. Und so begann es:

„Man sagt in unserer Welt, in unserer Dimension sei ein Schatz versteckt, ein Geheimnis, das jeder lüften möchte. Der sogenannte Wasserfall der Erinnerung. Die Legenden besagen, mit ihm könnte man auf die Erinnerungen der gesamten Menschheit zugreifen, man könnte alles träumen, was die Menschheit je geträumt hatte, man könnte zaubern, wie niemand sonst. Dies symbolisiert das ewige Streben nach Wissen, aber auch nach Macht. Jedes Volk begab sich auf die Suche. Die Werwölfe, die Hexen, Zauberer und Magier – ja, auch die Vampire, die Kobolde, die Wesen aus der Zwischenwelt und auch sämtliche Monster, Dämonen und Jäger aus anderen Dimensionen. Katzenwesen und andere Gestaltwandler, Elben, Feen, Hobbits, Zombies, Zeitreisende, Seher, Telepathen, Drachenreiter mit ihren Drachen sowie ihre Rivalen, die Drachenjäger, Zwerge, das Volk des Meeres, Barbaren, Krieger, Ritter..."

Das war die einzige Stelle, an der ich sie unterbrach. „Bist du bald fertig mit deiner Aufzählung, ich kriege nämlich Kopfschmerzen."

„Unterbrich mich nicht, ich war ohnehin fast fertig", erwiderte sie gereizt und fuhr dann nahtlos fort:

„Mischwesen, Orks, Spinnenwesen, Geister, Trolle, sogar Götter, Engel und Halbgötter. Sie alle suchten nach dieser Macht, aber niemand hat sie gefunden. Länger gibt es allerdings Gerüchte, die besagen, dass zwei lebende Wesen nur noch wenige Schritte von der Entdeckung entfernt sind. Und bei beiden wäre es fatal, wenn sie diesen Ort der Macht finden würden. Eine davon ist deine Stiefmutter. Kürzlich besuchte einer ihrer Diener eine weit entfernte Koboldmine. Er berichtete, in der Ferne einen Regenbogen gesehen zu haben, er habe das Wasser schon plätschern hören und wurde von unglaublichem Glück erfüllt, dass durch seine Adern floss wie pures Gold. Derselbe Diener ist jetzt im Labyrinth verschwunden, nicht weit entfernt vom Zugang zur anderen Dimension. Und damit nicht weit entfernt von dem anderen Wesen, dass diese Quelle des Wissens verzweifelt sucht. Der Shadowhunter. Niemand weiß, wie er aussieht, was er ist, er könnte alles sein, von dem, was ich eben aufgezählt habe. Ich persönlich vermute, er ist der Teufel höchstpersönlich. Oder wenigstens ein Dämon.

Und nun stehen sich also deine Mutter, die Feenkönigin, und der Herrscher der dunklen Dimension gegenüber und beide wollen diese Macht. Es herrscht ein stiller Krieg und es wird nicht lange dauern, bis die Kämpfe und Proteste über unsere Lande ziehen."

„Also habe ich seine Stimme gehört? Die des Shadowhunters. In meiner Vision schien er mich bereits zu kennen, aber das kann doch gar nicht sein..." Ruby unterbrach mich: „Deine Vision muss nicht zwingend wahr sein, aber es wäre durchaus möglich, dass seine Fähigkeiten über das Natürliche hinausreichen." „Die magischen Wesen haben mich Feenprinzessin genannt, heißt das ich bin ..." „Eine Fee? Ja, natürlich." Rubys Augen leuchteten selbst in der Dunkelheit der Mitternacht unglaublich hell. „Habe ich irgendwelche besonderen Fähigkeiten, so als Fee?" „Eigentlich haben Feen nur Visionen", erwiderte Ruby, „aber du kannst noch viel mehr. Da bin ich mir sicher und ebenso sicher bin ich mir, dass ich jetzt weiß, was du bist."

Ich zog die Augenbrauen hoch und blickte sie belustigt an. „So? Was bin ich denn?" „Ein Zeitenzwilling", erwiderte sie kurz und knapp. „Während die echte Prinzessin jetzt das Leben in deiner Realität für dich übernimmt, bist du hier und musst ihre Probleme lösen. Das heißt, du bist auch fähig durch Zeiten und Dimensionen zu reisen." Angestrengt rieb ich mir über die Nase. „Das heißt die Prinzessin wird in wenigen Monaten meine Abiturprüfungen bestreiten müssen?" „Ich weiß nicht, wovon du sprichst, aber ja, sie wird alles machen, was du auch gerade machen solltest, aber glaub mir, sie wird sich schwerer tun als du. Dennoch ist auch sie zu einem Zweck in deiner Zeit, auch dort wird es ein Rätsel zu lösen geben."


Als Ruby schließlich gegangen war, fiel ich todmüde ins Bett und starrte an die hohe Decke. Ich habe vergessen zu sagen, dass es ein Verbot gibt, über den Wasserfall der Erinnerung zu sprechen und ohne Erlaubnis darf man ihn auch nicht suchen. Rubys Stimme schallte so plötzlich durch meinen Kopf, dass ich erschrocken hochfuhr. Also sag deiner Mutter nichts von unserem Gespräch. Gute Nacht. Ich spürte ein unangenehmes Ziehen in der Schläfe, als sie wieder aus meinem Kopf verschwand. „Gute Nacht", murmelte ich erschöpft und fiel in den tiefsten Schlaf seit langem und fragte mich, was mein Zeitenzwilling wohl gerade machte...

Worte des vorherigen Kapitels: Samt und Seide, Korsett, geheimnisvolles Medaillon, Standpauke, Vorbereitung für die Geburtstagsfeier, Prunk und Überfluss, Armut, Sehnsucht

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⏰ Last updated: May 02 ⏰

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