... Das verräterische Herz

108 27 2
                                    

Die Polizisten sind sichtlich zufriedengestellt. Mein sicheres Auftreten hat jeden Anfangsverdacht zunichtegemacht. Ich bin in vorzüglicher Stimmung. Während ich heiter auf ihre Fragen antworte, plaudern sie dazwischen von gleichgültigen Dingen. Aber es dauert nicht lange, da fühle ich, wie ich erbleiche, und wünsche, sie würden gehen. Der Kopf tut mir weh, und es saust mir in den Ohren; aber sie bleiben sitzen und plaudern weiter. Das Sausen in meinen Ohren schwillt an; es bleibt und wird immer deutlicher. Ich spreche lebhafter, um das schreckliche Gefühl loszuwerden. Doch es dauert fort und wird immer bestimmter, bis ich deutlich spüre, dass es nicht mehr in meinen Ohren ist.

Jedenfalls bin ich jetzt sehr bleich geworden; aber ich spreche schneller und immer schneller, mit lauterer Stimme darauflos. Allein, auch der Ton wird stärker - was soll ich anfangen? Es ist ein leiser, dumpfer, rascher Ton - wie ihn eine Taschenuhr, die man in Wolle gewickelt hat, hervorbringt. Ich ringe nach Atem - doch die Beamten hören das Geräusch immer noch nicht. Ich spreche noch schneller, noch heftiger; doch das Geräusch nimmt immer noch zu. Ich stehe auf und streite mit gewaltsam angestrengter Stimme und heftigen Gebärden über Kleinigkeiten; aber auch das Geräusch wird noch lauter. Weshalb gehen sie denn immer noch nicht? Ich eile mit schweren Schritten auf und ab, als ob mich die Beamten durch ihr Beobachten bis zur Wut gereizt hätten. Vergeblich! Das Geräusch schwillt an. Mein Gott! Was kann ich noch tun? Ich schäume vor Wut - ich rase, ich fluche! Ich ergreife den Stuhl, auf dem ich sitze, und scharre mit ihm auf der Diele umher - das Geräusch übertönt alles und wächst und wächst! Es wird lauter - lauter - lauter! Und noch immer plaudern die Männer vergnügt und lächeln dazu. Ist es möglich, dass sie es nicht hören? Allmächtiger Gott! Nein! Nein! Sie hören es! - Sie schöpfen schon Verdacht! - Sie wissen alles! - Sie treiben nur Spott mit meinem Entsetzen! Es ist unerträglich! Alles andere ist erträglicher als meine Todesangst, alles ist besser als ihr Hohn! Ich kann ihr heuchlerisches Lächeln nicht länger ertragen. Ich fühle, dass ich schreien muss - oder sterben! - Und nun - horch - wieder - lauter! lauter!! lauter!!! lauter!!!!

„Schurken!" schreie ich heraus. „Verstellt euch nicht länger! Ich gestehe die Tat! Reißt die Dielen auf! Hier! Hier! Es ist das grauenhafte Klopfen ihres Herzens!"

(...)

Cenophobia - Die Angst vor neuen IdeenWhere stories live. Discover now