Die Begegnung

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Mit großen, schnellen Schritten, stürzt sie durch Köln, auf der Suche nach ihrem Hotel, da es bereits dämmert. Sie möchte nur ungern in der Nacht in einer großen Stadt herumirren, hat Angst vor Kriminellen. Sie steht mitten auf der Domplatte und hat einfach keine Ahnung wohin sie gehen muss, um zurück zu finden. Wieso müssen Städte nur so groß und unübersichtlich sein? Und wieso kann sie sich nicht einfach den Namen ihres Hotels merken? Die Sonne verschwindet langsam, aber stetig hinter den Häusern von Köln. Innerlich spürt sie, wie Panik in ihr aufsteigt, fühlt sich verfolgt. Gehetzt entscheidet sie sich für eine Richtung, in die sie augenblicklich läuft. Den Blick auf den Boden gerichtet, schaut sie ihren Füßen zu, wie diese über den Boden fliegen, sie vorwärts tragen, aber ob dem Ziel näher, weiß sie nicht. Zu spät sieht sie die Füße des Mannes, der sie ebenfalls zu spät bemerkt, sodass sie volle Kanne in ihn reinrennt. Taumelnd versucht sie ihr Gleichgewicht zurück zu bekommen, doch es misslingt ihr. Sie fühlt bereits wie die Schwerkraft sie auf die Erde zieht, doch da ergreift jemand ihr Handgelenk, erspart ihr den Schmerz durch den Aufprall, hält sie fest, bis sie wieder auf eigenen Beinen stehen kann.

"Hey, alles okay mit dir?" Diese tiefe Stimme lässt sie schaudern. Ihre Haut fängt an zu kribbeln. Wie geil ist denn diese Stimme. Sie ist so unglaublich tief, aber dennoch so sanft und freundlich. Mit großen Augen schaut sie ihren Retter an, dessen blaue Augen sie tief in den Bann ziehen.

"Hörst du mich?", fragt der Mann nach, der sie immer noch am Handgelenk festhält.

Sachte schüttelt sie den Kopf, um wieder zu sich zu kommen, aus ihrer Schockstarre zu gelangen. "Äh...ja. Danke. Sorry, dass ich in dich reingerannt bin", murmelt sie, schaut verlegen auf den Boden, da sie seinem Blick nicht weiter Stand halten kann. Eigentlich ist sie nicht schüchtern, außer zu Leuten, die sie ganz sympatisch findet, aber noch nicht kennt. Das ist sie wahrscheinlich, um nicht gleich bei den Leuten untendurch zu sein, wenn diese mit ihrem wahren ich nicht zurecht kommen sollten. So richtig blüht sie erst auf, wenn sie sich sicher ist, dass sie nicht gehasst wird.

Der junge Mann schaut die junge Frau lange an. "Wo willst du denn so schnell hin?"

Misstrauisch wagt sie es ihm wieder in die Augen zu schauen, spannt ihre Muskeln leicht an, um weggrennen zu können , fals dieser auf dumme Gedanken kommen sollte. Bei dem Satz wurden in Filmen die Frauen meist vergewaltigt oder entführt, worauf sie persönlich gut verzichten kann. Doch der Mann ihr gegenüber scheint ihr nicht wie solch einer, der wehrlose, junge Frauen vergewaltig, noch dazu mag sie ihn komischer Weise. Vielleicht auch nur wegen seiner Stimme und seinen Augen. Eigentlich findet sie ihn sehr interessant. Sein Kleidungsstil ist locker, aber sieht dennoch gut aus, nicht assi mäßig. Er hat viele Tattoos am Arm und sogar kleine im Gesicht, sowie auf seinem Hals. Es sind Schriftzeichen einer anderen Sprache, sodass sie keine Ahnung hat, was dort steht, welche Bedeutung sie haben könnten. Seine Haare sind an den Seiten sehr kurz, oben aber so lange, dass er sie zu einem kleien Zopf zusammenbinden kann. Noch dazu kann sie in dem bereist düsterem Licht erkennen, dass er sie zu geflochtenen Dreads hat machen lassen. Sie entspannt sich wieder und antwortet ihm: "Ich habe mich verlaufen."

Der junge Mann schaut sie mit aufmerksamen Blick an. Er hat sie noch nie hier gesehen. Gut, Köln ist groß und er hat mit Sicherheit nocht nicht jeden Bewohner gesehen, doch da sie sich verlaufen hat, nimmt er an, dass sie nicht von hier ist. "Wo musst du denn hin?"

"Das weiß ich nicht", nuschelt die junge Frau, schaut verlegen auf ihre Füße, als ob sie sich wundert, warum diese sie nicht zu ihrem Ziel gefüht haben.

"Wohnst du hier?"

"Nein, sonst hätte ich mich ja wohl nicht verlaufen", sagt sie, schaut wieder auf und grinst den jungen Mann mit den vielen Tattoos an. "Ich weiß nicht, wo ich bin, in welche Richtung ich muss. Den Namen des Hotels kenne ich ebenfalls nicht, nur dass es auf der Aachener Straße ist."

"Das ist doch schon mal etwas. Ich weiß wo die Straße ist", sagt der Mann freundlich, lächelt sie aufmunternd an. "Soll ich dich begleiten?"

Erfreut nicht alleine in der Nacht herumirren zu müssen, nimmt sie sein Angebot dankend an. Erst jetzt fällt ihr auf, dass er sie immernoch am Handgelenk festhält. Auf seiner Hand ist ein Anker zu erkenne und auf den langen, sanften Fingern weiter Zeichen, dessen Bedeutung sie nicht kennt.

"Colle Tattoos", spricht sie ihre Gedanken laut aus, starrt weiterhin auf die Hand, die sie so sehr faszieniert, sieht zu, wie sie sich lockert, um sie loszulassen. Ein kleiner Teil ihres Tattoos kommt zum Vorschein, wodurch er sie nicht ganz loslässt, sodern ihren Arm leicht dreht, damit er sich ihr Tattoo genauer anschauen kann.

"Deins sieht auch nicht schlecht aus. Klein, aber cool. Was soll das Bedeuten?"

Sanft entzieht sie ihm ihr Handgelenk, schaut weg, nimmt es selbt unbewusst in die Hand, um ihr Tattoo zu verdecken. Sie hat es sich extra an die Unterseite ihres Handgelenks stechen lassen, damit sie keine Probleme bekommt, wenn sie sich nach dem Studium irgendwo bewerben möchte. Daher ist es auch nicht sonderlich auffällt. Seine Bedeutung hat sie noch nie jemanden verraten, da es niemanden etwas angeht außer ihr.

"Schon okay", flüstert der junge Mann verständnisvoll. Auf irgendeine Art und Weise mag er sie schon jetzt, obwohl er sie kein bisschen kennt, nicht mal weiß wie sie heißt. "Ich bin übrigens Thaddeus, aber meine Freunde nennen mich Taddl."

Mit ihren großen blauen Augen schaut die junge Frau dem Mann, der sie so faszieniert an. Dann lächelt sie in zaghaft an, wendet sich ihm wieder zu. "Ich bin Raven."

Und dann kam er. | TaddlWhere stories live. Discover now