13.Kapitel

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John

Verdammt. Ich hörte nur noch ein Tuten. Sie hatte aufgelegt. Resigniert ließ ich mich in meinen Sessel fallen. Selten hatte ich mich so zurückgewiesen gefühlt.

Ich hatte vor mich den restlichen Abend mit einem Buch in meiner Bibliothek zu verkriechen, doch das Klingeln an der Tür erlöste mich aus meiner Lethargie.

Ich lauschte und hörte, wie Martha zur Tür stöckelte. Nach einer Weile kam Martha zu mir in die Bibliothek. Hinter ihr stöckelte meine kleine Schwester Joanna auf ca zehn Zentimeter Absätzen herein.
Joanna sah aus wie das blühende Leben. Ihre Wangen waren rosig, die Augen strahlten und auf den Lippen trug sie ein noch strahlenderes lächeln... Und einen knallroten Lippenstift. Mir war nicht bewusst, seit wann meine kleine Schwester sich so schminkte. Aber fest stand, es gefiel mir nicht.
Ihr Aussehen erinnerte mich eher an das einer Prostituierten als an eine Oxfordstudentin. Zu den hohen schwarzen Stiefeln trug sie einen ebenfalls schwarzen Mantel und ein rotes Halstuch.

"Was starrst du mich so an?"
"Seit wann ziehst du dich so an?"
"Kannst du mich nicht erstmal anständig begrüßen, ehe du anfängst zu meckern?" Fragte sie und machte einen Schmollmund.
Ich schloss meine Schwester in die Arme. "Es ist schön dich mal wieder in echt zu sehen..."

"Du siehst fertig aus, geht's dir nicht gut" fragte Joanna und musterte mich besorgt. Ich schüttelte den Kopf, "nein alles bestens..."

***

"Ziehst du dich wegen Joshua so an?" Fragte ich während wir gemeinsam zu Abend aßen. Wir hatten uns eine Pizza bestellt, da ich Martha für diesen Abend frei gegeben hatte.

"Gefällt dir mein neuer Stil nicht?"
"Willst du eine ehrliche Antwort oder eine die dir gefällt?"
Sie gluckste: "ehrlich."
"Mir gefällts nicht. Und deinen alten Stil fand ich tausendmal besser..."

Darauf antwortete Joanna nichts mehr, stattdessen biss sie ein großes Stück von ihrer Vier Käse Pizza ab und verschluckte sich daran.

Knallrot wie eine Tomate antwortete sie mir: "wenn du magst, kann ich mich auch wieder so anziehen wie immer."

Ich muss ehrlich sagen, dass ich in diesem Moment unendlich stolz darauf war, dass meine Schwester mir in Stil fragen mehr glaubte als sich selbst...

***

Den restlichen Abend verbrachten wir zwei vor dem Fernseher. Joanna lümmelte auf meiner Couch, während ich mich in meinen Sessel zurück gezogen hatte.
Allerdings bekam ich überhaupt nicht mit, was im Fernsehen lief, da sie mir alles über Joshua, das Studium und ihr Leben in Oxford berichtete. Ihr schien gar nicht aufzufallen, dass ich ihr so gut wie nichts aus meinem Leben erzählte. Denn außer von meiner Arbeit und von Clarissa gab es nichts weiter zu berichten. Und über Clarissa wollte ich an diesem Abend nicht mehr sprechen.

Winterliebe (John und Clarissa I)Where stories live. Discover now