große stinkende Dummköpfe, zerstrittene Brüder und verseuchte Zwerge

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„Verdammt!", sagte jetzt auch Fili, als er die Ponys nachzählte. „Thorin bringt uns um!", er rieb sich die Stirn. Er lief ein Stück weiter weg und zu einem kleineren Wäldchen in der Nähe. „Fili?", fragte ich und folgte ihm, das Essen für die Beiden hatte ich total vergessen, es lag irgendwo verschüttet im Gras. Fili stand vor zwei ausgerissenen Bäumen. „Ach du... was war das?!", fragte ich und versuchte die aufkommende Panik zu verdrängen. „Keine Ahnung... auf jeden Fall etwas sehr großes", antwortete Fili. Wo war eigentlich Kili? Ich drehte mich um und sah ihn zwischen zwei Büschen hervorkommen. „Hast du was gesehen?", fragte ich. Kili schüttelte den Kopf. Er wirkte nicht so, als interessiere ihn das, was auch immer die Ponys geklaut hatte. „Hört ihr das auch?", fragte Fili. Ich spitzte die Ohren. Ich hörte eine Art Grunzen und Schnauben. Plötzlich bewegte sich etwas hinter uns. Im letzten Moment packte ich Kili und zog ihn mit hinter den umgerissenen Baumstamm. Etwas Riesiges stampfte an uns vorbei, in seinen Händen hielt es etwas Zappelndes und Wieherndes. Weitere Ponys. Ich schrumpfte vor Angst zusammen. Das war definitiv kein Mensch oder Zwerg! „Trolle", sagte Fili und er runzelte die Stirn. „T... Trolle?", fragte ich nach, in der Hoffnung mich verhört zu haben. Fili nickte. „Lasst uns nach sehen, damit wir uns sicher sein können!", schlug er vor und sprang auf die Beine. „Nein!", rief ich. „Wieso nicht?", fragte er verwirrt. „Es wäre Wahnsinn wenn wir alle drei dorthin gehen! Jemand muss... Thorin und den anderen Bescheid sagen!", antwortete ich hastig. „Und wer soll das machen? Thorin schlägt uns die Köpfe ab, sobald er auch nur sieht, dass wir nicht mehr bei den Ponys sind!", sagte Fili schroff. „Mir würde er nicht glauben", entgegnete ich. „Und jetzt?", fragte Fili. Ich überlegte fieberhaft. Trolle oder Thorin? Thorin war hundertprozentig die gutaussehendere Variante... allerdings auch die mieser Gelaunte. „Ihr geht zu Thorin, wenn ihr zu zweit seid könnt ihr euch gegenseitig bestärken. Ich suche die Trolle und versuche die Ponys zu retten...". Wenn sie denn noch leben. Fügte ich in Gedanken hinzu. Fili nickte, drehte sich um und verschwand. Kili sah ihm hinterher. „Na los geh schon. Ich komme allein klar", sagte ich. Kili hörte mir nicht zu. „Er hat nicht gewartet...", murmelte er traurig und mit hängendem Kopf trottete er Fili hinterher. Ich sah ihm ein wenig besorgt hinterher. Ich kannte die Beiden zwar noch nicht allzu lang, doch ich wusste, dass das was ich vorhin belauscht hatte ziemlich ernst gewesen sein musste. „Trolle Bilbo", erinnerte mich mein innerer Beutlin. Ich schlich in die Richtung, in die der Troll verschwunden war. Ich brauchte nicht lange, um den Ort zu finden, an dem sie sich befanden. Es waren drei. Drei riesige, hässliche und vor allem übel riechende Geschöpfe. Sie saßen um ein Lagerfeuer, über dem ein Kochtopf hing. Die vier gestohlenen Ponys standen nervös und wiehernd in einer Art provisorischen Koppel. Ich schluckte. Wie sollte ich die Ponys befreien, ohne von den Trollen bemerkt zu werden? „Wärst du zu Hause geblieben, wäre das alles nicht passiert!", flüsterte mein innerer Beutlin. Er ging mir gerade ziemlich auf die Nerven. Warum hatte er keinen guten Einfall, sondern musste mich ständig auf Fehler und Unhöflichkeiten aufmerksam machen?! Ich ging in die Hocke und kroch über den Boden. Langsam näherte ich mich den Ponys. Mein Herz raste vor Aufregung und ich erwartete jeden Moment von den Trollen entdeckt zu werden. Doch zu meiner Überraschung kam ich unbemerkt zu den Ponys. Ein dickes Seil grenzte sie von ihrer Freiheit ab. Es gab einen Knoten, ungefähr in meiner Kopfhöhe. Eigentlich eher in Thorins Kopfhöhe... keine Ahnung woher ich so genau wusste, wie groß er war. „Ich liebe Hammel!", ich zuckte zusammen, als einer der Trolle anfing zu sprechen. „Bischt du dumm? Das sind keine Hammel!", erwiderte ein zweiter Troll mit einem offensichtlichen Sprachfehler. „Was denn dann?!", fragte der erste Troll. „Dasch schind Hähnchen!", antwortete der Zweite. „Erzähl keinen Mist! Ich weiß doch wie Hähnchen aussehen: vier Beine und lange Ohren. Und auch wie sie schmecken: saftig, ein bisschen sehnig und ansonsten lecker", sagte der Erste. „Du verwechselst da was Toni! Alles schmeckt nach Hähnchen, doch nicht alles ist Hähnchen!", warf der dritte Troll ein. Wow, was für eine Weisheit! „Was ist es denn dann?", fragte der erste Troll namens Toni. Der dritte Troll gab merkwürdige Geräusche von sich und erst ein wenig später wurde mir klar, dass er offenbar nachdachte. „Ich glaube Pferde", antwortete der Dritte schließlich. Der zweite Troll, der mit dem Rücken zu mir und am nächsten saß, nieste heftig. Ich erschrak mich so doll, dass ich mich auf dem Boden zusammenkauerte. Erst als mein Herzschlag sich wieder beruhigt hatte, widmete ich mich wieder meinem Problem, dem Knoten über mir. Ich streckte beide Hände danach aus und zog an zwei verschiedenen Stellen. Es brachte absolut gar nichts. „Ich mag keine Pferde. Die schmecken nicht", sagte Toni. „Außer schie schmecken nach Hähnchen", ergänzte der zweite Troll. Ich zog heftiger am Knoten. Das einzige was passierte war, dass ich mir die Handflächen aufriss... und zwar komplett. Ich unterdrückte einen Schmerzensschrei, konnte es allerdings nicht verhindern zu keuchen. Zu meinem Glück nieste der erste Troll in genau diesem Augenblick. Er zog ein großes schmutziges Tuch von seinem Lendenschürz (das einzige was er im Übrigen trug) und schnäuzte sich geräuschvoll. Ich starrte auf die Stelle, von der er das Tuch gezogen hatte. Dort trug er ein Messer. Ein gewaltiges Messer, das vermutlich meine Größe hatte und unglaublich scharf war. Es klebte irgendetwas daran und ich wollte nicht näher darüber nachdenken, was genau es war. Ich hatte eine Idee. Mit wenigen leisen Schritten war ich bei dem Troll und betrachtete sein Messer. Ich hatte keine Ahnung wie es befestigt war... das war ein Problem, denn ich wusste nicht wie ich es entfernen konnte. Der Troll hängte das Taschentuch zurück. Ich wollte nach dem Messer greifen, doch plötzlich erhob sich der Troll und kratzte sich... am Hintern. Viel schlimmer war jedoch der Anblick unter dem Lendenschürz, der sich mir bot. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Und so etwas wollte ich auch nie sehen! Unter diesem Lendenschurz befand sich der Grund meiner zukünftigen Alpträume: zwei riesige, schrumpelige, herabhängende... Säcke und ein merkwürdig verformtes, krummes Ding dazwischen. Der Troll setzte sich wieder. Ich war zu geschockt. Mein Gehirn konnte und wollte das eben gesehene nicht verarbeiten. Da stand ich, direkt hinter einem Troll und mit einem Trauma fürs Leben. Plötzlich packte mich etwas und riss mich nach vorne. Was danach geschah, war absolut widerlich und fast noch schlimmer als der Anblick unter dem Lendenschurz. Der Troll rotzte mich voll. Angewidert wischte ich mir mit dem Ärmel über das Gesicht, dieser war jedoch auch voll von Trollrotz. Mein Würgereflex wurde stark herausgefordert. Nicht nur, dass das Zeug eine ekelhafte Konsistenz hatte – nein, es stank auch noch abartig. „Was hatte der denn bitte in der Nase?! „Bert! Sieh dir an was mir aus dem Zinken geflutscht ist, es hat Arme und Beine und alles!", rief der Troll, der mich noch immer festhielt. Drei große hässliche Gesichter beugten sich über mich. „Was ist das?", fragte Bert. „Keine Ahnung, aber es ist eklig... wie es sich bewegt!", sagte der Rotz-Troll. Er ließ mich fallen. Ich landete schmerzhaft auf dem Boden und der Aufprall raubte mir für einen kurzen Moment die Luft. Eilig stand ich auf und versuchte zu fliehen. „Es will abhauen!", rief Toni. Die Trollhände schnappten nach mir. Geschickt wich ich ihnen aus und dachte schon ich würde ihnen entkommen, als mich eine Hand an den Füßen packte und nach oben zog. Ich hing mit dem Kopf nach unten und mir wurde schlecht. Die Trolle betrachteten mich wieder. Auch kopfüber sahen sie nicht schöner aus. „Was bist du? Ein zu groß geratenes Eichhörnchen oder ein Hühnchen?", fragte Toni, der Rotz-Troll. „Ich... ich... ähm... ich bin ein Meister-... Hobbit", sagte ich stotternd. Wäre mir nicht so übel, hätte ich vermutlich Angst gehabt. „Ein Meisterhobbit. Davon habe ich noch nie gehört! Du lügst doch, du siehst aus wie ein Hühnchen!", sagte Toni. „Ich wette wenn wir ihn koschten, dann schmeckt er auch wie Hühnchen!", sagte der Troll mit dem Sprachfehler. „Haben sich noch mehr von deiner Sorte hier versteckt?", fragte Bert. „Nein!", rief ich sofort. Der Schwindel und die Übelkeit nahmen zu. „Es lügt schon wieder! Halten wir scheine Schehen über das Feuer!", rief der Sprachfehler-Troll begeistert. „Was?! Nein, hier ist wirklich niemand... ich bin ganz allein", sagte ich. Der Troll, der mich festhielt schwang mich ein wenig hin und her. Ich spürte, dass ich mich übergeben musste. „Lass ihn runter!", brüllte eine mir bekannte Stimme. Die Trolle drehten sich herum, wobei ich wild umher schwang. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf Kili. „Was hast du gesagt?", fragte Bert. „Ich sagte, lass ihn runter!", wiederholte Kili mit gezücktem Schwert. Der Troll holte aus und warf mich mit Schwung in Richtung Kili. Dieser warf im letzten Moment sein Schwert beiseite und versuchte mich aufzufangen. Es gelang ihm nur halb; er fing mich zwar, doch hatte ich zu viel Schwung und riss ihm mit von den Füßen. Plötzlich stürmten hinter uns aus den Büschen die anderen Zwerge heraus. Sie alle hatten Waffen gezogen und bekämpften ohne zu zögern die Trolle. Kili rappelte sich auf, ergriff sein Schwert und stürzte sich in den Kampf. Ich sah meine Chance. Ich schlich zu den Ponys, ergriff das Messer, welches einer der Trolle verloren hatte und schnitt das Seil durch. Die Ponys wieherten und galoppierten sofort davon, weg vom Kampfgeschehen. Ich drehte mich um und wusste nicht so recht, was ich jetzt machen sollte. In diesem Moment rollte sich ein Zwerg an mir vorbei und sprang geschickt auf die Beine. Es war Thorin. Ein Troll hatte Nori gepackt und hielt ihn gefangen. Thorin sprang vom Boden ab, rammte sein Schwert in die dicke Haut des Trolls, stieg auf das Schwert und zog ein zweites, mit dem er dem Troll den Arm aufschlitzte. Der Troll ließ Nori fallen und Thorin sprang eilig von ihm weg, beide Schwerter in den Händen. Als er wieder auf dem Boden landete, flogen ihm die langen Haare ins Gesicht. Ich schluckte. Mit einer raschen Handbewegung strich er sie nach hinten und stürzte sich wieder in den Kampf. Seine Armmuskeln spannten sich jedes Mal an, wenn er mit seinem Schwert zu schlug und seine Haare wirbelten um ihn herum. Seine Augen funkelten beeindruckend und er hatte allgemein etwas Beeindruckendes an sich. Fasziniert verfolgte ich seine Bewegungen. Während des Kämpfens fielen mir das erste Mal seine stark ausgeprägten Rückenmuskeln auf. Erst als mich etwas in die Höhe riss, begriff ich, dass ich ein wenig aufmerksamer hätte sein sollen. „Waffen weg oder wir reißen ihn auseinander!", rief Toni laut. Die Zwerge hielten inne. Alle rauften sich zu einem Haufen zusammen und sahen nach oben. Toni und Bert hielten meine Arme fest und zogen sie auseinander. „Waffen weg! Oder er stirbt!", wiederholte Toni. Mein Blick galt nicht den anderen Zwergen, sondern Thorin. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Das ist mein Todesurteil! Ich rechnete jeden Augenblick damit, dass die Trolle mich zerfetzten, doch es geschah nichts. Thorin legte seine Schwerter beiseite. Ich starrte ihn fassungslos an. War er krank? Die Zwerge taten es ihm gleich. Allesamt warfen sie die Waffen beiseite und sahen mit wütenden und enttäuschten Gesichtern zu den Trollen.

Der Hobbit - der Meisterdieb und der König unter dem BergeWhere stories live. Discover now