Kapitel 20: Arztgespräche

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Ich schreckte hoch und wäre fast vom Stuhl gefallen.

Wo war ich? Immernoch in der Praxis von Doctor Klein.

Ich musste eingeschlafen sein.

„Alles klar bei Ihnen?"

Nikkys Augen waren vor Schreck geweitet.

„Habe ich... geschrien?"

„Äh... ja? Und mich dabei zu Tode erschreckt, übrigens."

„Oh. Sorry. Alles gut."

„Das klang gerade eben noch ein bisschen anders."

Sie gähnte und streckte sich ein wenig. Ich versuchte auch, mich zu bewegen, aber mein Genick fühlte sich an, als wäre es an eine Stahlplatte geschraubt worden.

„Oh Gott. Ich hasse es, im Sitzen einzuschlafen."

„Das habe ich gemerkt."

„Wie lange sitzen wir schon hier?"

„Keine Ahnung, ich bin selbst gerade eben erst wach geworden."

Die Tür zum OP-Saal öffnete sich. Doctor Klein trat, sichtlich ermüdet, jedoch schon ohne seinen OP-Kittel, hindurch und sah uns vorwurfsvoll an.

„Du liebe Güte, machen Sie doch nicht so einen Krach!"

„Tut mir leid. Hab schlecht geschlafen."

„Ganz offensichtlich. Moment, hatte ich Sie nicht Anfang der Woche auf meinem Tisch liegen?"

„Richtig. Ich warte immernoch auf die Abzüge meiner Röntgenaufnahmen."

Ein schreckliches Lächeln stahl sich auf Doctor Kleins gnomenhaftes Gesicht. Er fing an zu lachen. Gott, wie hatte ich dieses Quäken vermisst.

„Aber eigentlich sind wir wegen unserer Freundin hier. Wie geht es ihr?"

„Erstaunlich gut, würde ich meinen. Dafür, dass jemand ihren Bauchraum perforieren wollte."

„Ist sie wach? Kann man sie sprechen?"

„Ja, sie ist wach, aber sie sollte sich noch nicht besonders anstrengen."

„Wir müssen ihr nur ein paar Fragen stellen. Die Zeit drängt."

Doctor Klein blickte zu Nikky.

„Aber die hier haben sie nicht von ihrem... Freund Boris bearbeiten lassen, oder?"

„Nein, die haben wir so gefunden."

„Wer hat die Erstversorgung übernommen?"

„Das war ich."

„Unkonventionell, aber gar nicht schlecht. Ohne den Druckverband und die Kochsalzlösung wäre sie wohl auf dem Weg in meine Praxis verblutet."

Ich quittierte das nur mit einem Nicken.

„Na gut, dann folgen Sie mir bitte."

Er öffnete die Tür vor uns und ließ uns eintreten. Wir standen in einem kurzen Gang. Zu unserer Rechten befand sich etwa in der Mitte des circa drei Meter langen Ganges eine Tür, die wohl direkt in den OP-Saal führte. Zu unserer Linken befanden sich zwei Türen. Auf einem Schild neben der ersten Tür stand in Druckbuchstaben Aufwachraum 1. Diese Türe öffnete der Mediziner. Wir folgten ihm. Ich kannte dieses Zimmer. Aber aus einer anderen Perspektive. Vor uns lag, umgeben von einer Vielzahl medizinischer Geräte, die auf verschiedene Arten mit ihr verbunden worden waren, Nadja, und sah ziemlich elend aus. Aber immerhin war sie wach. Wenn auch ein bisschen weggetreten.

Jimmy is Dead - ein Noire-KrimiWhere stories live. Discover now