Kapitel 14

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Was kam nun? Auf der einen Seite wollte ich vor Thomas zurückweichen, da ich so etwas noch nie gesehen hatte und es nunmal in der Natur des Menschen lag, dass er vor Unbekanntem davonschreckte, doch auf der anderen Seite faszinierte es mich so sehr, dass ich meine Hand ausstrecken musste und mit meiner Fingerkuppe über seine Adern streichen musste. Sie pulsierten unter meinen Fingern und ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm lösen.

„Was ist das Thomas? Zeig mir alles, bitte!" Ich sah ihn nicken und dann öffnete er seinen Mund leicht, damit ich seine Zähne sehen konnte. Ich erkannte, wie seine Eckzähne sich verändert hatten, sie liefen spitz zu, genau so wie ... wie man das immer in diesen ... Draculafilmen sah. Jetzt drehte ich schon völlig durch und stellte mir vor, dass Thomas Graf Dracula war. Ich las eindeutig zu viel.

Doch was war es dann? Es war nicht menschlich. Es war übernatürlich, das hätte man spätestens jetzt erkennen müssen. Eigentlich müsste ich Angst bekommen, was auch immer die Erklärung dafür sein würde, doch das hatte ich erstaunlicherweise gar nicht, nicht einmal im Geringsten. Ich vertraue Thomas, wenn er mir etwas hätte tun wollen, hätte er es schon längst getan und wäre nicht so zärtlich zu mir gewesen.

„Was bist du?", fragte ich nun noch einmal. „Ein Vampir." Ich fing an, zu lachen. „Das war wirklich witzig, aber um jetzt mal ernst zu sein, was bist du wirklich?" Er sah mich ernst an, die Adern waren zwar schon wieder verschwunden, doch er sah nicht aus, als wenn er scherzen würde. Oh scheiße. Er hatte das gerade ernst gemeint!

„Und das an deinem Mund gestern Abend. Das .. Das war ..." Ich wich einen Schritt von ihm zurück. Ich hatte genug Geschichten gehört und gelesen, um zu wissen, von was sich Vampire ernährten. Und ich hatte gesehen, was Thomas in seinem Gesicht hatte. Er war ein Mörder! Mein Thomas hatte einen Mensch umgebracht!

Die Tränen schossen mir in die Augen. Ich bekam nun doch Angst, gemischt mit Wut, ich war angewidert und hasste ihn, dass er sich mit mir abgab und dann, wenn er von mir weg war, Leute umbrachte. Wie hatte ich mich nur so täuschen lassen können? Nicht nur von ihm, auch von den anderen? Sie wussten ja, wer er war und fanden das alles völlig in Ordnung?

„Ich habe niemanden umgebracht. Ich war nicht bei mir. Ich bin bewusslos geworden und als ich dann wieder aufgewacht bin, saß ich auf einer Parkbank und hatte überall Blut kleben, ich würde niemals einen Menschen etwas antun, das weißt du doch. Du weißt, dass ich keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte. Ich ernähre mich nur von Tieren, ich weiß, dass das auch alles grausam ist, doch ich würde es mir nicht verzeihen, wenn ich Menschen dafür benutzen würde, um zu überleben. Ich bin deswegen zwar ganz so stark wie die anderen, aber ..."

„Moment mal", unterbrach ich ihn, „welche anderen denn bitte? Willst du mir weismachen, dass du nicht der einzige Vampir hier bist? Und dass dein Blut von Tieren nimmst, damit du keinen Menschen verletzt." Ich glaubte ihm nicht, das machte alles keinen Sinn. Er war ein Verrückter. Ich liebte ihn wirklich, warum musste er mir so eien Lüge auftischen?

„Damon, Stefan und Caroline sind ebenfalls Vampire. Stefan ernährt sich auch so wie ich, Caroline hat es auch mal eine Zeit lang getan und Damon, naja, er ernährt sich von Menschen, doch er bringt sie dabei nicht um, er nimmt sich nur ein wenig Blut und lässt sie dann alles, was geschehen ist, vergessen. Das ist auch eine nützliche Eigenschaft, wenn du ein Vampir bist, du kannst andere zu etwas zwingen oder vergessen lassen, indem du sie manipulierst. Damon kennt sogar auch diese Möglichkeit, dass er Blut aus Blutbeuteln trinkt. Wir sind wirklich nicht irgendwelche Killer." Er sah mich an. „Bevor du dich fragst, ich habe so etwas noch niemals bei dir getan, ich habe noch nie von dir getrunken und ich werde es auch nie tun, genauso, wie ich dir nie etwas antun würde, das musst du mir einfach glauben. Ich wollte kein Vampir sein und versuche mit dem, was ich nun nicht ändern kann, so gut es geht, zurechtzukommen. Ich verletze niemanden und meine Freunde auch nicht wirklich. Matt ist ein Mensch, er weiß von uns und ist dennoch mit uns befreundet. Bonnie ist ... naja sie ist eine Hexe, doch vor ihr brauchst du keine Angst zu haben. Vor niemandem von uns, wir wollen alle nur unser Schicksal so gut es geht verkraften und ein halbwegs normales Leben leben. Man kann sich schließlich nicht aussuchen, was mit einem passiert. Du hast doch etwas gegen Vorurteile und zu sagen, dass wir böse wären, ist auch ein Vorurteil. Ich habe in deine Kette dieses eine Kraut gegeben, Eisenkraut, es beschützt dich davor, manipuliert zu werden, somit brauchst du keine Angst zu haben. Ich habe dir die Wahrheit gesagt und ich weiß, dass du wahrscheinlich Zeit brauchst, um das alles zu verdauen und wenn du mich nicht mehr sehen willst, kann und werde ich dich nicht dazu zwingen, doch ich bitte dich daran zu denken, dass ich der Thomas bin, den du die ganze Zeit gesehen hast, ich bin kein Monster."

Ich brauchte wirklich Zeit für mich. Ich hatte immer noch sehr viele Fragen und wusste nicht, wie ich das alles verkraften sollte, doch ich wusste unterbewusst, dass Thomas mir nichts antun würde. Aber ob das reichte, damit ich noch mit ihm zusammensein konnte, wusste ich nicht.

„Bitte geh einfach. Ich habe deine Nummer, wenn ich etwas will, dann rufe ich dich an. Du hast recht, ich brauche jetzt Zeit für mich." Und damit kehrte ich Thomas den Rücken zu, hörte noch, wie die Tür ins Schloss fiel und ließ mich auf der Couch nieder, während die Tränen anfingen, mir die Wange hinunterzulaufen.

Wieso musste alles so verdammt kompliziert sein?

Uninvited guests [TVD/ Thomas Sangster]Where stories live. Discover now