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Ich lag mit Leon auf einem der Betten in dem Distrikt 10 typischen Haus. Die Mutationen haben uns nicht angegriffen als wir eingebrochen sind. Waffen hat es aber auch keine gegeben.

Leon: Für so ein Haus hätte meine Familie ihr ganzes Leben versorgt werden können.

Etwas verbittertes liegt in seiner Stimme. Ich drehe mich um und sehe ihn an. Es ist schon fast dunkel, doch die Tränen auf Leons Wange kann ich trotzdem erkennen. Er schnieft und wischt sich mit seinem Arm die Tränen weg. Traurig.

Ich: Was ist passiert?

Leon: Ich will darüber nicht reden.

Leon dreht sich um. In dem schwachen Dämmerlicht kann ich seine geröteten Augen gerade noch sehen. Das erinnert mich an so viele Schultage an denen ich versucht habe, meine Augen wieder komplett weiß zu machen, damit niemand sah, dass ich auf der Toilette geweint hatte.

Leon: Erzähl mir etwas schlimmes von dir, dann erzähle ich dir das von mir.

Ich: In meinem Leben ist doch nichts schreckliches vorgefallen. (Pedolache)

Das Monster in mir unterdrückt sofort alle erinnerungen.

Leon: Du riskierst fast sicher zu sterben, nur um an jemandem Rache zu nehmen. Du beißt dich selbst. Du warst mal kurz vor dem Selbstmord. Ich habe einen Bericht über dich gesehen. Deine Eltern haben dich mit einer Handvoll Schlaftabletten erwischt. Du warst mal mit einer Überdosis im Krankenhaus. Du bist kannibalisch. Du bist irre. Ich weiß, dass du früher normal warst. Da muss etwas schreckliches passiert sein.

Ich sitze einfach nur da, bis die Informationen endlich in mein Gehirn vordringen.
Das ist zu viel. Zu viel verdrängtes. Zu viel so schrecklich wares. Alles hohlt mich wieder ein, doch ich kann mich nicht davor schützen. Eine Schutzbarriere ist weg. Ich fange an zu hyperventilieren. Das Monster ist weg. Verschwunden. Für immer. Ich war lange nicht so klar im Kopf. Dann breche ich zusammen.

Irgendwann im Frühjahr.
Das mobbing hat vor 7 Monaten angefangen. Jetzt ist es aber erst richtig schlimm geworden. Sie haben meine Schulsachen heute zum dritten Mal zerstört. Als ich es Dad gesagt hab, gab es prügel. Meine Wange brennt immer noch. Ich halte das ganze nicht mehr aus. Wieder ziehe ich meine Klinge und drücke sie in mein Fleisch. Das ist schon das dritte mal diese Woche. Wenn meine Eltern das sehen, wird das einen riesen Ärger geben. Ich habe Angst.

Im Sommer
Sie haben meine neue Jacke verbrannt. Dad kann ich nicht von noch einer Ausrede überzeugen und mein Taschengeld ist alle um eine neue zu kaufen. Die Wahrheit darf ich auch niemandem erzählen. Thorbens Vater, der oberste Friedenswächte würde meine Familie töten. Er tut alles für sein Kind.
Die einzige Möglichkeit da nicht bestraft zu werden, ist zu sterben. Ich lache über meinen schwarzen Humor. Dann stoppe ich plötzlich. Das ist der einzige Weg. Ich hätte nie wieder ein Problem.
Ich habe den Selbstmord eben im Internet angekündigt. Die Schlaftsblettendose ist voll. Ich entleere sie Komplett in meine Hand. Bevor ich auch nur eine schlucken kann, reißt meine Mutter die Tür auf um mich zu stoppen. Das Hausmädchen hat die Ankündigung gelesen und meine Mutter alarmiert.

Ende des Sommers
Ich werde von Buttlern in den Klassenraum gebracht und abgeholt. Sonst bin ich Zuhause eingesperrt. Mit der Therapeutin rede ich nicht. Hätte sie nicht darauf kommen können, dass die Schule der Grund sei? Ohne die würde ich nicht mehr sterben wollen.

Herbst
Die haben das mit dem Kannibalismus herausgefunden. Ich war schon immer von Menschenfleisch angezogen. Meine Eltern haben mir ganz selten Blutkonserven gegeben. Damit kam ich klar, doch langsam brauche ich mehr um nicht jemanden anzugreifen.

Weihnachten
Ich habe heute noch Schule. Zwar nur vier Stunden (davon zwei Schwimmen) , aber es ist trotzdem blöd. Eine Doppelstunde Deutsch später sitze ich umgezogen auf der Umkleidebank in der Schwimmhalle. Meine Narben sind überschminkt und unsichtbar.

90 Minuten später
Alles brennt. Mein Schulranzen, meine Klamotten, mein Handtuch, mein Bikini. Das kann ich meinen Eltern nicht erklären. Das Thorben meine Sachen verbrannt hat. Ich habe nur noch einen Mantel und Geld im Spind. Jetzt stehe ich nackt auf dem Pausenhof. Die ganze Schule ist da. Ich weine nur und fühle mich so schrecklich. Vor mir steht Thorben. Er grinst so. Unter schluchzern reiße ich mich von den Leuten los, die mich festhalten und fliehe in das Schulgebäude. Die meisten verfolgen mich. In der Küche hohlen mich Thorben und seine Gang ein. Er schlägt auf mich ein. Tritt. Gibt mir eine Ohrfeige. Und ich sehe ihn nur an. Der Zugang zu meinen schmerzen ist weg. Ich starre Thorben einfach nur an. Er lacht und verletzt mich weiter. Ohne Vorwahrnung ramme ich Thorben ein Küchenmesser in den Bauch. Er bricht zusammen. Die anderen weichen sofort zurück. Ich renne zu meinem Spind, hohle das Geld, den Mantel und laufe aus dem Schulhaus zur Stadt. Zu viel Demütigung, zu viel Leid. Da ich Thorben angegriffen oder vielleit getötet habe, werde ich sicher hingerichtet, qualvoll. Da gibt es eine bessere Lösung. Ich werde im Ghetto von meinem Geld Drogen kaufen und im Nimmerland des Rausches an einer Überdosis sterben.

Etwas später
Auf dem Boden der dreckigen Kasse liegen fünf verschiedene Drogen. An allen ist etwas anderes tödlich. Zusammen sollten sie mich umbringen. Langsam fülle ich die Substanzen in eine Spritze, fahre die Nadel in meine Ader und drücke den Kolben ganz nach unten. Die Drogen rasen durch meine Blutbahn. Bevor ich die Spritze aus meinem Arm hohlen kann, falle ich auf den Boden. Mein Kopf schlägt auf. Vollkommen sorglos und friedlich verliere ich durch den Aufprall mein Bewusstsein.
Es würde Stunden dauern bis mich jemand fände. Dann währe es bereits zu spät. Dann hätten die Drogen etwas in meinem Gehirn zerstört und es währe unheilbar gewesen. Sie hätten auch einiges verdreht. Ich währe Irre. Ein Mädchen, dass vom Selbstmordversuch mit Drogen gerettet wurde und in eine geschlossene Psychiatrie käme, weil ihr Bürgermeistervater sie als unzurechnungsfähig einstufe.

Endlich mal wieder ein langes Kapitel. Yeay!

Die 17. Hungerspiele_Hungerspiele einer IrrenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt