Aufgeregte Krieger und lautes Maunzen-3. Kapitel

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Eichhornpfotes Fell kribbelte unangenehm, als sie die Augen öffnete und einen Schatten in der Dunkelheit ausmachte, der auf der Lichtung ungeduldig hin und her trabte. Sie lag in ihrem Nest im Heilerbau und versuchte zu schlafen. Doch durch das hektische Flüstern der beiden Heilerinnen, die versuchten den werdenden Vater Hasenpelz zu beruhigen, wurde die Schülerin immer wieder aus dem Halbschlaf gerissen.

Der Brombeerbusch vor der Felsspalte raschelte und Tüpfelschweif trat ein, an ihr hing der Duft von scharf riechenden Blättern. Die Heilerin nickte Eichhornpfote kurz zu, wie schon die letzten Male zuvor auch, eilte in die Kräuterecke und kam wenige Herzschläge später mit frischen Blättern zurück.

Eichhornpfote wurde wütend.

Heiliger SternenClan, nimmt das denn gar kein Ende?

„ Kannst du nicht mehr mitnehmen, Tüpfelschweif? Ich kann nicht schlafen, wenn du ständig rein und raus rennst!", fauchte die Schülerin zornig.

Tüpfelschweif drehte sich zu ihr um, die Augen leuchteten wütend und nur an ihrem Schwanz konnte man erkennen, wie sehr sich die Heilerin zurückhalten musste.

„ Du bist selbst schuld, wenn du vor ein Monster läufst!", entgegnete Tüpfelschweif scharf, fast schon spuckte sie die Wörter aus. „ Wenn du besser aufgepasst hättest, könntest du jetzt neben Wurzelschweif und Bernsteinblick im Kriegerbau liegen und seelenruhig schlafen. Aber nein, stattdessen hinderst du mich daran, meine Arbeit zu tun und Mondschimmer bei der Geburt zu helfen."

Die schildpattfarbene Kätzin hob die Kräuter auf und wollte gehen, als sie sich noch ein Mal zu der vorlauten Schülerin umdrehte.

„ Was ist bloß aus dir geworden, Eichhornpfote?", fragte die junge Heilerin, wobei man die Enttäuschung in ihren Augen aufblitzen sehen konnte. „ Du warst Dämmerstern so ähnlich als Junges, hast dich um alle gekümmert und warst so einfühlsam."

Tüpfelschweif hielt für einen Moment inne. Dann blickte sie die rote Kätzin vorwurfsvoll an.

„ Und nun sieh dich an. Aus dir ist eine zickige und launische Schülerin geworden, die immer alles besser weiß. Schande über dich, dass du mit Dämmerstern verwandt bist. Das hat sie nicht verdient! Möge mir der SternenClan meine Worte vergeben."

Damit wandte sich die Heilerin von ihr ab und ließ die Schülerin in ihrem Moosbett zurück. Eichhornpfote starrte durch den Eingang des Heilerbaus, wo nun wieder die gedämpften Stimmen von Tüpfelschweif, Silberlicht und Hasenpelz zu hören waren.

Die Worte der schildpattfarbenen Kätzin hingen wie Fetzen in der Luft.

Schande über dich! Du bist selbst schuld! Du warst Dämmerstern einmal so ähnlich...

Die flammenfarbene Kätzin schloss die Augen und senkte den Kopf. Sie spürte, wie ihr die Tränen die Wange herunterliefen und wischte sich schnell mit dem buschigen Schwanz über die Augen.

Tüpfelschweif hat Recht. Ich hätte sie nicht so anfahren sollen. Wenn ich damals aufmerksamer gewesen wäre, säße ich jetzt nicht hier...

Langsam erhob sich Eichhornpfote, das Herz immer noch schwer von Schuldgefühlen, und tappte zum Kräutervorrat, der in der hintersten Ecke der Höhle zu finden war. Sie konnte jetzt nicht mehr schlafen. Sie musste irgendwie helfen, um ihr Gewissen zu beruhigen, selbst wenn es nur so eine einfache Tat wie diese war.

Silberlicht und Tüpfelschweif brauchen bestimmt Hilfe. Vielleicht benötigen sie noch ein paar von diesen Blättern. Dann kann ich sie ihnen bringen...

Sie blickte sich in dem Wirrwarr von Kräutern um und ließ den Schwanz entmutigt sinken. Wenn ich sie überhaupt finde. Ich weiß nicht einmal, wie sie aussehen...

Sie schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken zu sortieren.

„ Es hat keinen Sinn, hier herum zu jammern", murmelte sie zu sich selbst. Die Schülerin schloss die Augen und versuchte sich den Geruch der Blätter in ihr Gedächtnis zu rufen.

Scharf, scharf, scharf...

Endlich entdeckte sie den intensiven Duft. Mit der Schnauze tief in den Vorräten versunken, schnupperte sie nach den Blättern. Wenige Herzschläge später hob sie stolz den Kopf und marschierte mit hocherhobenen Haupt über die Lichtung auf den Eingang der Kinderstube zu, vor der sich ihr Vater Hasenpelz platziert hatte und zwischen seinen Pfoten ungeduldig einen Stock zerknirschte. Als sie nur noch wenige Schwanzlängen von ihm entfernt war, hob der Krieger erstaunt den Kopf.

„ Nanu? Eichhornpfote, was machst du denn so spät noch draußen?"

Die rote Kätzin legte die Blätter vorsichtig ab und blickte ihren Vater traurig an. Sie spürte, wie ihr erneut die Tränen in den Augen kamen. Also wischte sie sich nochmals unauffällig über die Augen, so als hätte sie Sand im Gesicht.

„ Ich konnte nicht schlafen, weil Tüpfelschweif immer wieder in den Heilerbau gerannt ist. Und als ich mit ihr gestritten habe, hat sie mir einiges an den Kopf geworfen, das mir nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte."

Eichhornpfote stoppte, als ein schildpattfarbener Kopf aus der Kinderstube auftauchte und sie verwirrt anblickte.

„ Was machst du denn hier?", fragte die Heilerin erstaunt, dann entdeckte sie die Kräuter, die vor den Pfoten der Schülerin lagen. „ Woher wusstest du, dass wir diese Blätter brauchen?"

Eichhornpfote trat verlegen von einer auf die andere Pfote.

„ I...Ich habe mich an den Geruch erinnert und dachte mir, dass ihr vielleicht noch welche gebrauchen könntet", murmelte sie und senkte den Kopf vor der jungen Heilerin. Diese hob die Kräuter auf, nickte der Schülerin dankbar zu und wollte wieder durch den schmalen Brombeereingang kriechen, als es aus Eichhornpfote herausbrach:

„Tüpfelschweif, es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe. Wirklich. Aber ich hasse es, den ganzen Tag im Heilerbau zu sitzen und nichts tun zu können. Bitte verzeih mir!", flehte die rote Kätzin. Tüpfelschweif drehte sich wieder zu ihr um, in ihren Augen blitzte Belustigung auf.

„ Ist schon gut, meine Kleine. Jeder macht Fehler, auch ich. Doch es freut mich, dass du dir meine Worte zu Herzen genommen hast."

„ Ich möchte einfach nur meine Schülerpflichten wieder aufnehmen dürfen, verstehst du?"

Die schildpattfarbene Heilerin tippte der niedergeschlagenen Schülerin mitfühlend auf die Schulter, während Hasenpelz die Szene schweigend beobachtete. Plötzlich erklang lautes Maunzen aus dem Innern der Kinderstube.

„ Mondschimmer!" Hasenpelz sprang völlig überhastet auf und stürzte ohne Vorwarnung durch den engen Eingang der Kinderstube, die zur Hälfte unterhalb des Bodens lag und somit mehr Platz für die Königinnen und ihre Jungen bot. Nachdem der Bau aufgehört hatte zu rascheln, folgten die beiden Kätzinnen ihm hinein.

Als Eichhornpfote das Innere erreicht hatte, schlug ihr wohlige Wärme entgegen und sie entdeckte den schwachen Milchgeruch in der Luft.

Wenige Herzschläge später konnte sie die dunklen Umrisse ihrer Mutter ausmachen. Hasenpelz und Nebelfluss saßen neben der schwarzen Kätzin und beäugten mit neugierigem Blick die Neuankömmlinge.

Als die rote Kätzin zu ihnen schlich, hob Mondschimmer ihren Kopf. Tiefe Liebe und Verbundenheit zu ihren Jungen strömte in Wellen von der Kätzin aus und blies wie ein warmer Wind über Eichhornpfote hinweg.

„ Hallo Eichhornpfote", flüsterte Mondschimmer und winkte sie mit dem Schwanz zu sich. Nebelfluss erhob sich und ließ die Schülerin neben ihrer Mutter Platz nehmen.

„ Das sind Habichtjunges, Krähenjunges, Häherjunges und Spatzenjunges", miaute die schwarze Kätzin stolz und zeigte zuerst auf zwei schwarze Kater, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten waren, dann auf einen schwarzgrau getigerten Kater und zum Schluss auf den kleinsten des Wurfes, eine braun getigerte Kätzin mit schwarzen Pfoten. Eichhornpfote schnurrte und strich ihren Geschwistern mit dem Schwanz sanft über den Rücken.

Der kleine hier sieht genau wie Hasenpelz aus, dachte sie.

„ Sie sind wunderschön, Mondschimmer.Wirklich."

Schatten der VergangenheitWhere stories live. Discover now