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Chapter 12

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Das zusammenbrechende Kartenhaus

Emma Thompson

Seufzend setzte ich die Wasserflasche an meine Lippen an und befeuchte endlich meinen trockenen Hals. Fast eine Stunde saß ich in Aidens Büro. Musste mich seinem kalten Blick aussetzten und darunter leiden. Die Besprechungen zu dem Garten sind nicht nur unglaublich anstrengend, da er alles hinterfragt, sondern auch ermüdend, da ich mir ständig verbieten muss, den Teil meiner Erinnerung, meiner Vergangenheit vorscheinen zu lassen, den ich für immer vergessen will.

„Du siehst blass aus", bemerkt Floh, als sie die kleine Küche betritt und sich einen Kaffee macht.

„Dein Bruder ist kacke", grummle ich vor mich hin und erhalte ein kleines Schmunzeln von ihr. Allerdings ein sehr mitleidiges Schmunzeln. „Ich würde dir gerne helfen, aber meine Hände sind gebunden." Nachdenklich holt sie sich eine Tasse aus dem Hängeschrank.

„Schon gut. Hilf mir lieber, mich abzulenken."

Ihre Miene hellt sich sofort auf, als ich meinen Satz zu Ende gesprochen habe und sie sich mit Schwung zu mir dreht.

„Ich hatte vor, am Freitag mit ein paar Freundinnen feiern zu gehen. Wenn du Lust hast, kannst du mitkommen." So nett ihr Angebot auch ist, ich bin nicht begeistert. Ganz im Gegenteil sogar.

„Das ist wirklich super lieb, aber ich passe." Erneut nehme ich einen Schluck von der Flasche.

„Wieso? Wenn dein Verlobter eifersüchtig ist oder so, kann er ja auch mitkommen." Ich schüttle dankend meinen Kopf.

„Es liegt nicht an ihm, zumal er seine Eifersucht unter Kontrolle hat. Mir ist einfach nicht nach feiern", erkläre ich schulterzuckend.

„Ich bekomme bereits einen Ausschlag, wenn ich höre, dass er seine Eifersucht ‚unter Kontrolle' hat. Gab es mal einen Vorfall?" Um nicht weiter auf das Thema und diese Erinnerungen einzugehen, schüttle ich schmunzelnd meinen Kopf und weise sie damit ab.

„Ich muss sowieso wieder an meine Arbeit – solltest du auch mal versuchen."

An ihr vorbeischlängelnd, bemerke ich ihre rausgestreckte Zunge und erwidere die Geste ebenso verzerrt, wodurch sie zu Lachen beginnt, während ich in meinem Büro ankomme.

Damian ist in dem Gebäude und klärt mit den Technikern die Angelegenheiten mit den Fahrstühlen, da diese umgelegt werden müssen. Somit ist das Büro in Stille getaucht und lässt lediglich einzelne Schritte auf dem Flur und meine eigenen Gedanken zu.

Ich stelle die Wasserflasche auf den Tisch und lasse mich wieder auf meinem Stuhl nieder. Ich schaue auf das Display meines Laptops, auf dem ich die Ausarbeitungen für den Garten sehe. Aber ich scheine sich immer weniger darauf konzentrieren zu können. Sie schweifen ab. Sie erinnern sich. Ich erinnere mich.

Ich erinnere mich daran, wie Damian und ich begonnen hatten zu streiten, weil ich mich mit Phillip treffen wollte. Ich erinnere mich auch daran, wie wir begonnen hatten zu schreien. Wie das Temperament mit uns durchging. Wie wir am Ende beide weinend da saßen. Er aus Schuldbewusstsein und ich aus Fassungslosigkeit. Er hatte weiter geschrien, weil er sich entschuldigen wollte und ich es nicht hören wollte. Ich konnte nicht. Zu dem Zeitpunkt wollte ich es einfach nicht, weil ich dachte, ich wäre wieder in das gleiche Muster gerutscht. Wo Gewalt als Antwort diente. Als Lösung.

Wir saßen stundenlang stumm da und wussten nicht, was wir sagen sollten. Er wusste nicht, wie er es wiedergutmachen könnte, ich nicht, wie ich reagieren sollte. Nach Mitternacht hat er die Wohnung verlassen, um mich in Ruhe zu lassen und mir die Zeit zu geben, die ich benötigte. Und in dieser Zeit habe ich Clara angerufen und ihr alles schluchzend und schreiend erklärt.

He Owns My HeartWhere stories live. Discover now