Kapitel 2

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Ich wachte am nächsten Tag erst am Mittag auf, da mir der Jetlag noch deutlich in den Knochen lag. Schlaftrunken schlurfte ich rüber ins Bad und wäre auf dem Flur fast mit Dylan zusammengestoßen. Er war nur mit einem Handtuch bekleidet, dass er sich locker um die Hüfte geschlungen hatte und auf seinem nackten Oberkörper perlten einige Wasser-tropfen von den definierten Muskeln ab - offensichtlich kam er gerade aus der Dusche.


Erschrocken wich ich einen Schritt von meinem, viel zu wenig bekleideten, Gastbruder zurück und versuchte ihn nicht allzu offensichtlich anzustarren. Dylan musterte mich abschätzig mit einer hochgezogenen Augenbraue.


»Guten Morgen beziehungsweise eher guten Mittag, Igel-Retterin. Ich weiß nicht, ob dir das schon mal jemand gesagt hat, aber dass man schöner wird, je länger man schläft, ist eine Lüge.«


Seine Stimme triefte nur so vor Arroganz und er legte es sichtlich darauf an, mich zu provozieren.


Ich merkte, wie sich mein Hals zusammenschnürte und ich musste einmal hart schlucken. Der Tag startete ja schon wunderbar, Dylan hatte es sich anscheinend wirklich zur Aufgabe gemacht, mich nach allen Regeln der Kunst fertigzumachen. Doch das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen, ich war mir sicher, dass Dylans Sticheleien nur noch schlimmer werden würden, wenn ich mich nicht wehrte.


»Danke für den Tipp, aber hast du schon mal in einen Spiegel geguckt? Oder sind die bei deinem Anblick alle zersprungen?«, konterte ich, wobei meine Stimme überraschend fest und gefasst klang.


»Die sind alle schon zersprungen, als du geboren wurdest-«, setzte Dylan an, doch er wurde von Kate unterbrochen, die in diesem Augenblick die Treppe hochkam.


»Guten Morgen ihr Lieben. Schön, dass ihr wach seid«, begrüßte sie uns mit einem strahlenden Lächeln und ich fragte mich, ob sie uns gerade streiten gehört hatte und es einfach überhörte oder echt nichts von unserer Auseinandersetzung mitgekriegt hatte.


»Guten Morgen«, antwortete ich ihr und schob diesen Gedanken beiseite.


Ich schenkte ihr ebenfalls ein freundliches Lächeln, während Dylan nur ein leises »Morgen« brummelte.


»Kommt ihr gleich runter zum Essen?«, fragte Kate.


»Ich komme gleich«, sagte ich betont fröhlich, während von Dylan nur irgendwelche nicht deutbaren Laute kamen. Er schien um diese Uhrzeit noch nicht besonders gesprächig zu sein, aber beleidigen konnte er mich schon, oder was? Was für ein Idiot!


Nachdem wir zusammen gegessen hatten, wobei Dylan mich die ganze Zeit über aus zusammengekniffenen Augen angefunkelt hatte, lief ich ein bisschen durch das Haus, um mir alles genauer anzusehen. Gestern war ich so müde gewesen, dass ich nach dem Abendbrot einfach ins Bett gefallen war und bis eben durchgeschlafen hatte, sodass keine Zeit für eine Erkundungstour geblieben war. Das Haus war geräumig und lichtdurchflutet, genau wie es auf den ersten Blick gewirkt hatte. Überall standen Pflanzen und kleine Deko-Objekte, Kate schien echt ein Auge dafür zu haben.


In diesem Moment blieb mein Blick an einem Hundekorb in der Ecke des Wohnzimmers hängen und ich blickte mich suchend um. In den Unterlagen zu meiner Gastfamilie hatte zwar gestanden, dass sie einen Hund besaßen, aber da ich ihn gestern noch nicht gesehen hatte, hatte ich schon Vermutungen angestellt, ob das vielleicht ein Fehler war oder die Campbells ihren Hund weggegeben hatten oder so. Anscheinend war dies doch nicht der Fall und ein freudiges Gefühl überkam mich - Hunde waren meine absoluten Lieblingstiere. Wie aufs Stichwort bog in diesem Moment ein Labrador um die Ecke.


»Hey kleiner Freund, dich habe ich ja noch gar nicht gesehen. Ich bin Valerie«, begrüßte ich den schwarzen Hund und hielt ihm meine Hand hin, damit er daran schnuppern konnte. Dann begann ich ihn zu streicheln.

The American Mistake (LESEPROBE!!!)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant