29. Kapitel - Wieder in Berlin

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"Das kann doch jetzt nicht wahr sein!", genervt fuhr ich mir durch meine Haare. "Es tut uns wirklich Leid Miss, wir werden natürlich dafür aufkommen.", entschuldigte sich das junge Fräulein mit auswendig gelernten Sätzen aus dem Fachbuch. "Wann werde ich ihn wieder bekommen?", fragte ich trocken und seufzte genervt. "Dass kann ich Ihnen. Im Moment noch nicht sagen, wir werden Sie natürlich auf dem neusten Stand halten. Doch die Maschine ist noch in der Luft und wird erst in ein paar Stunden landen, dann wissen wir genaueres über den Rückflug. Es tut uns wirklich leid.", wiederholte die junge Frau einfach nur das, was sie die ganze Zeit schon erzählte und ich war so genervt, dass ich mich einfach umdrehte und von dem Schalter wegging. Wieso musste auch gerade mein Koffer in das falsche Flugzeug gepackt werden und jetzt nicht mit mir in Berlin sein, sondern auf dem Weg nach Griechenland?! Wie sollte ich bloß ohne meine Klamotten überleben? In meinem Handgepäck war nur mein Portmonait, mein Handy und andere Kleinigkeiten, mit denen ich alleine nicht weit kommen würde. Missmutig stopfte ich mein Handy in die Tasche und zog mir meine Winterjacke an. Es war Dezember und somit arschkalt draußen. Als ich die Drehtür des Berliner Flughafens aufstieß, wehte mir  ein eisiger Wind entgegen und ich zog automatisch die Jacke ein Stück weiter zu. Ich hätte mir vielleicht nicht gerade die dünne Leggins für den Flug anziehen sollen, sondern eine normale Jeans, aber auf solche Ideen kam ja ich nicht. Ja meine Laune war nicht die beste, wie man vielleicht merken konnte... Dabei würde ich wahrscheinlich heute noch Lars und Alicia wieder sehen! Ich suchte mir ein Taxi und sagte dem unfreundlichen alten Taxifahrer die Adresse des Hotels. Es war das selbe wie zuvor, was ich persönlich begrüßte, da ich ein Mensch war, der mit jeglichen Veränderungen nicht so gut klar kam. Merle würde Morgen Abend nachkommen, da sie noch den Geburtstag ihres Vaters feierte. Am liebsten wäre ich wie jedes Jahr mit zu ihrer Familie gegangen. Es war eine Art Tradition, dass wir bei fast allen Familienpartys zusammen anwesend waren, wir waren ja auch fast wie Schwestern und kannten uns schon fast unser ganzes Leben. Doch dieses Jahr sollte Merles Vater das erste mal seit langem ohne mich feiern, da heute der genannte Anreise-Termin und ich für Abends keinen Flug mehr buchen konnte. Das letzte Mal war vor fünf Jahren gewesen, als ich so todkrank war, dass meine Mutter mich nicht aus dem Haus lies. Erstaunt zog ich meine Augenbrauen hoch, als plötzlich ein neues Lied anspielte. Aus dem Radio dudelte gerade 'Wrapped Up' von Olly Murs, der Song mit dem für mich alles begann. Es war krass das dies alles schon vier Monate lief... ich hatte am Anfang nicht gedacht, dass die Aufnahmen sich dermassen in die länge ziehen könnten, doch nun war es für mich fast normal geworden, dreimal gesagt zu bekommen, wo ich stehen sollte und die Kameras waren schon lange nicht mehr die erschreckenden Monster, die einen am Anfang unerlässlich zu beobachten schienen. "Wir sind da.", grummelte der Taxifahrer und stoppte den Wagen ruckartig. Ich bezahlte schnell und stieg aus. Erst wollte ich zum Kofferraum, um mein Gepäck zu entnehmen, doch dann fiel mir ein das dieses wahrscheinlich in diesem Moment in Griechenland gelandet war, anstatt mit mir im grauen Berlin zu sein. Zügig lief ich in unser Hotel und checkte ein. Die Rezeptionistin gab mir meinen Backstage-Pass und den Wochenplan mit dem Abläufen. Maurice hatte sich ganz schön ins Zeug gelegt und allerhand Termine für uns bestimmt. Ich hatte alleine diese Woche drei Sing-Choachings bei Lissa und etliche Drehs für die kurzen Videos, die vor den jeweiligen Auftritten abgespielt werden sollten und dabei gingen die Aufnahmen erst nächste Woche Freitag los.
Gerade als sich die Aufzugtüren schließen wollten, quetschte sich ein gewisser Blondschopf zu mir und grinste mich gut gelaunt an. Wurde es jetzt ein Ritual das wir uns im Aufzug trafen? "Hello, Darling. Fit again? War ja ein langes Zeit without us.", meinte der Finne in seinem gebrochenen Deutsch. Es war mir ein Rätsel wie man so früh (es war 9:50) schon so gut drauf sein konnte. Da hatten er und Andreas eindeutig etwas gemeinsam... Ich war absolut kein Morgenmensch, weshalb man sich auch vorstellen konnte, dass meine Begeisterung sich in Grenzen hielt, als ich feststellen musste, dass nur noch um 6 Uhr ein Flug nach Berlin gehen würde.
"Morgen...", antwortete ich knapp.
"Sind wir mit the wrong Bein aufgestanden?", fragte Samu direkt heraus.  "Wir sind allgemein zu früh aufgestanden und hatten noch keinen Kaffee.", erklärte ich mich und er schmunzelte.  "Na dann, see you later.", damit verabschiedete sich der vor Energie fast überlaufende "Gast-Coach" von mir. 
Seufzend schüttelte ich den Kopf. Jetzt auch noch über ihn und Merle oder darüber, warum er nicht nach meiner Freundin gefragt hatte, zu grübeln wäre zu viel, ich hob es mir lieber für später auf. In meinem Hotelzimmer angekommen, ließ ich mich auf das weiche Bett fallen und atmete erstmal tief aus. Für ein Morgenmuffel wie mich war eindeutig schon zu viel passiert. Von viel zu früh aufstehen (3:45), über den Verlust eines Koffers bis hin zu einer Begegnung mit einem viel zu motivierten Finnen. Eindeutig zu viel! Da hatte ich mir eine kurze Pause verdient.

"...aber der Arzt meinte es wäre ein glatter Bruch, damit war die Party beendet.", beendete Lars seine Zusammenfassung von seinen freien Tagen. Es war mittlerweile 13 Uhr und ich saß zusammen mit Alicia und Lars in der Lobby.
"Und wie geht es deinem Bruder?", fragte Alicia. "Der verkraftet das schon. Er findet den Gips urkomisch..." Automatisch musste ich lachen. Lars kleiner Bruder hatte in der freien Zeit Geburtstag, doch seine Party endete mit einem Krankenhausbesuch und einem Gips-Arm.  Alicia und ich hatten es beide eher ruhig angehen lassen und uns ausgiebig erholt. Lars hingegen war von einer Familienparty zur nächsten gehechtet.
"Leute wie wärs mit einem Filmemarathon, ich hab ein paar Filme auf meinem Laptop.", schlug Alicia vor und traf mit dieser Idee den Nagel auf dem Kopf. Zu mehr war ich gerade echt nicht in der Lage. Und Morgen war schon meine erste Besprechung bezüglich der Drehs. Wir erhoben uns also aus den hässlichen Sesseln der Lobby und vereinbarten, dass wir uns in einer halben Stunden vor dem Hotel treffen würden, um für den besagten Filmabend Knabberzeug zu kaufen. Außerdem faselte Lars noch irgendwas von kaputten Schuhen und das er unbedingt neue bräuchte. Dabei waren die 'kaputten' Schuhe noch blitzblank! Der Junge hatte wahrscheinlich mehr Schuhe als ich und das sollte was heißen! Ich stand also schon nach zwanzig Minuten wieder unten in der Lobby und erkundigte mich, ob es hier irgendwo einen Raum gab, in dem ein Klavier oder Keyboard stand. Zu Hause, hatte ich das Klavier spielen für mich wieder entdeckt, ich hatte als ich klein war lange Zeit Unterricht gehabt und später immer mal wieder eigene kleine Melodien komponiert, doch durch die Schule einfach die Zeit dafür verloren. "Es tut mir leid, aber so etwas haben wir leider nicht.", erklärte mir die Dame und ich seufzte innerlich. "Hätte nicht gedacht, dass du ein Instrument spielen kannst.", ertönte hinter mir eine Männerstimme. Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich um, um zu erkennen wer mit mir sprach. Es war Michi, der mit hochgezogenen Brauen hinter mir stand und anscheinend mitgehört hatte. "Tja, wenn man dich ansieht, denkt man auch nicht, dass du auf der Bühne stehst.", konterte ich. Damit war für mich das Gespräch beendet und ich ging ohne noch irgendetwas zu sagen, auf meine Freunde zu, die gerade die Eingangshalle betraten. Konnte der eigentlich noch was anderes als Rappen und große Sprüche klopfen? Ich fand ihn komisch, egal wie oder wann wir uns trafen er war immer so....das totale Arschloch. Eigentlich wusste ich, dass er auch nett sein konnte, da Alicia ihn wohl auch sehr mochte, doch in meiner Gegenwart sah ich nichts davon. Langsam hatte ich aufgegeben gute Dinge an ihm zu suchen, er wollte mir einfach nicht sympathisch werden.

"Welchen Film wollt ihr sehen ? Ich hab Jurassic Park, Herr der Ringe 1-3, Das Leuchten der Stille und Titanic.", fragte Alicia Lars und mich und holte ihren Laptop aus der Tasche. Wir legten uns auf Lars Bett und entschieden uns schlussendlich für Jurassic Park, da es für die beiden unverständlich war wie ich ihn noch nicht kennen konnte. Nach dem Film war mir jedoch klar, dass ich die nächsten Teile nicht schauen wollte, denn so etwas sprach mich einfach nicht an. "Und? Wie fandest du ihn?", fragte mich Lars, der wie es sich raus gestellt hatte ein totaler Fan war. "Naja, geht...", ich hätte vielleicht nicht so ehrlich sein sollen, denn man konnte förmlich erkennen wie Lars Gesichtszüge ihm entglitten und er erbost nach seinem Kissen griff, welches sich drei Sekunden später in meinem Gesicht befand. "Hey! Ich bin nur ehrlich gewesen.", entgegnete ich ihm lachend und warf das Kissen zurück, dummerweise traf ich nicht ihn, sonder Alicia und das war der Startschuss für eine epische Kissenschlacht, die eine Vase als Opfer nach sich zog. Alicia rannte gerade brüllend auf Lars zu um ihn mit einem Kissen zu erschlagen, als es an der Tür klopfte. Wie als hätte man den Pausenknopf gedrückt erstarrten die beiden und ich öffnete die Zimmertür. Vor mir stand wiedermal Michi. Keiner sagte etwas und der Rapper sah verwirrt in Lars Zimmer rein. "Ich hab zwar keine Ahnung was ihr drei hier tut und warum das Zimmer so aussieht wie es aussieht, doch bitte macht es leiser.", erklärte Michi, drehte sich wieder weg und lief in sein Zimmer, welches anscheinend unmittelbar neben Lars Zimmer war. Ich schloss die Tür wieder und prustete laut los. "Ich will nicht wissen, was der jetzt von uns denkt!", warf Lars in den Raum, nachdem wir genug gelacht hatten. "Ach der kennt mich doch. Der hält mich sowieso für verrückt. Und die zwei sind doch auch nicht besser!", meinte Alicia immer noch lachend. "Ich will es auch nicht wissen..." Und das wollte ich wirklich nicht, denn ich würde es verdammt komisch finden, wenn ich wegen Lärm bei jemanden klopfen müsste und dann sehen würde wie drei Teenager in Pyjama eine Kissenschlacht veranstalten würden. Peinlich, Peinlich.

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