50. Kapitel - Ich wollte ins Finale

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„Are you Ready for it?", sang ich die letzten tiefen Töne, mit in die Hüfte gestemmten Händen und gefährlich düsterem Gesichtsausdruck. All die Wut, all die Verzweiflung der Ungerechtigkeit, all das, was ich in den letzten Tagen verspüren musste, hatte ich in diese Performance gesteckt. Ich hatte dabei an Merle gedacht, an Samu, wie unfassbar arschig er sich verhalten hatte, wie dieser Typ es zu Stande gebracht hatte, mein beste Freundin so tief zu verletzten. Und an Michi, den ich von vorne bis hinten nicht verstehen konnte, an sein Managment, dass mir den Kontakt zu ihm verbot. Es hatte gut getan all diese Wut raus zu lassen, es Ihnen allen zu zeigen. Hier bin ich! Ihr könnt euch auf etwas gefasst machen! Und diese ungeplante Taktik war aufgegangen. Das Publikum tobte, alle Coaches standen klatschend an ihren Stühlen, alle bis auf Michi. Der starrte mich nur regungslos, schien noch nicht einmal in Betracht zu ziehen, mir irgendeine Form von Anerkennung entgegen zu bringen. Sogar Steffie schien überrascht darüber, wie sehr ich in dieser live Performance aufgegangen war. Sie grinste mir kopfschüttelnd zu und ballte ihre Hände triumphierend zu Fäusten. "Das ist meine Joy!", rief sie aus, stolz, fast schon euphorisch und eben diese Tatsache machte mich in diesem Moment unglaublich glücklich. Ich konnte zufrieden mit mir sein, egal, wie dieser Abend ausgehen würde, das wusste ich jetzt. "Wow, da bekommt man ja schon fast Angst!", sagte Thore, als er sich zu mir auf die Bühne gesellte. Ich lachte und gab von mir: "Naja, das hoffe ich doch." "Nicht wahr Michi, du siehst ganz geschockt aus! Kriegst du kalte Füße?" Jegliche Gesichtszüge entgleisten mir bei diesen Worten Thores, ich spürte, wie meine Bauch unangenehm anfing zu rumoren und auf einmal fühlte ich mich ganz und gar nicht mehr wohl auf dieser Bühne. Peinlich berührt wusste ich nicht, wo ich hinsehen sollte, schielte jedoch schließlich vorsichtig zu Michi. Der ließ sich erst gar nichts anmerken und antwortete grinsend: "Klar, JOLINA", und das betonte er besonders stark, "ist eine fabelhafte Sängerin. Aber unser Team ist nunmal FANTASTISCH! Und da kommt niemand gegen an!" Dieser Mann hatte es echt drauf zu schauspielern. Er könnte ohne Probleme in dem nächsten Blockbuster auftreten, dem war ich mir sicher, sogar ich glaubte, dass er diese Frage keines Wegs falsch aufgefasst hatte. Smudo jedoch lachte nervös und deutete mit einem kurzen, kaum wahrnehmbaren Blick in meine Richtung an, wie komisch er diese Situation fand. "Ach Quatsch, Joy ist nicht nicht nur bloß fabelhaft. Sie ist einzigartig und in der Lage so viele verschiedene Fasetten von sich zu zeigen. Und heute durften wir die Kämpferin kennen lernen. Vielen, vielen dank, Joy, für diesen magischen Moment!", entgegnete Steffie ihrem Kollegen und schenkte mir ein breites, ehrliches Lächeln. Lächelnd nickte ich, überwältigt von einem so aussagekräftigen Argument. "Ich muss auch sagen, du stehst auf jeden Fall vollkommen verdient in diesem Halbfinale und ich bin so froh, dass du die Chance bekommen hast, in Steffies Team auf zu blühen. Ich will ja nicht sagen, dass ich eine Entscheidung bereue. Aber das kommt dieser Situation schon sehr nahe.", fügte Andreas hinzu woraufhin in mir das Glücksgefühl immer weiter wuchs. Michi musste ich aublenden, das wurde mir einmal mehr bewusst. Nachdem Thore den Zuschauern zu Hause meine Nummer verkündete und noch einmal betonte, dass man, wenn man mich nächste Woche im Finale sehen wolle, auf jeden Fall anrufen müsse. Grinsend winkte ich in die Kamera und verschwand schließlich zurück in den Backstage-Bereich. Einen Auftritt hatte ich erfolgreich hinter mir. Jetzt war ab zu warten, was der letzte bringen würde.

Zum zweiten Mal an diesem Abend stand ich vor jubelndem Publikum, doch diesmal hatte ich mir eine andere Taktik angewandt. Ich hatte jegliche Emotion ausgeschaltet, nichts auf mich bezogen und mich einfach voll und ganz darauf konzentriert, die Töne zu treffen. Und trotzdem schienen alle begeistert. Ich wurde überschwänglich gelobt, vor allem von Smudo. diese Lied war ein absolutes Emotionslied. Ein Lied, in das man so viel Herzblut wie möglich stecken sollte. Ich wusste, ich hatte nicht alles gegeben. Und doch hatte ich mich so vor einem emotionalen Rückfall bewart. Und das war es mir wert, auch wenn das mein Aus bei "The Voice" bedeuten sollte. Ich wollte einfach den Moment genießen, hier auf der Bühne zu stehen, Musik machen zu dürfen, was in den letzten Monaten zu meiner absoluten Leidenschaft, im wahrsten Sinne des Wortes, geworden war und viele tolle Leute hinter mir stehen zu haben. Ich wurde geliebt. Was machte da schon eine Person aus? Ich grinste, fühlte mich abermals euphorisch, stolz, im Allgemeinen gut. Nach einigen Minuten kehrte ich zurück in den Backstage-Bereich, wo ich überschwänglich von Alicia begrüßt wurde. "Ich bin stolz auf dich.", wisperte sie so leise, dass nur ich es hören konnte, doch ich sah ihr an, dass sie meine Gefühlslosigkeit bemerkt hatte. Es folgte nur noch ein Auftritt. Noch ein Auftritt, der uns vor der Verkündung trennte. Der Verkündung, wer die besten vier Stimmen Deutschlands sein sollten. Vielleicht würde es das Aus für mich bedeuten. Vielleicht musste ich nach diesem Abend meine Koffer packen. Und mit so vielen neuen, wertvollen Erfahrungen nach Hause zurück kehren. Vielleicht aber auch nicht. Ich wusste es nicht. Ich wusste bloß, dass ich ins Finale kommen wollte. Ich war noch nicht bereit, diese Momente auf der Bühne auf zu geben. "Wir schaffen das. Wir schaffen es zusammen ins Finale!", sagte Alicia mit fester Stimme, kurz bevor wir die Bühne zur Verkündung betreten mussten. Ich drückte zur Antwort bloß ihre Hand und atmete einmal tief durch, um die aufkeimende Nervosität wenigstens ansatzweise in den Griff zu bekommen. Hier standen wir also. Die letzten acht. Vier von konnten sich in wenigen Augenblicken freuen. Vier von uns würden als Halbfinalisten die Show verlassen. Die Show, die uns zusammen geschweißt hatte und es geschafft hatte, jeden einzelnen von uns zu verändern, zu prägen, zu berühren. Ich war noch nicht bereit zu gehen. Ich wollte ins Finale.


Hey Leute!

Ja, wir leben noch, es tut uns wirklich sehr leid, dass es so lange gedauert hat, das nächste Kapitel raus zu bringen. Wir strengen uns an wieder öfter und vor allem schneller Lesestoff nach zu liefern. Wir würde uns über viel ehrlich gemeintes Feedback freuen!

LG, Miminewyork


Eine Show, die mein Leben verändertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt