45. Kapitel - Dann Tschüss...

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Wie ich da so saß und ins leere starrte, kam auf einmal ein seriös gekleideter Mann auf mich zu, tippte irgendwas auf seinem Handy herum und sagte, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen: „Sie müssen jetzt gehen, Sie werden hier nicht gebraucht." Ungläubig starrte ich den kaugummikauenden Bürofutzi vor mir an. Ein Hilfesuchender Blick nach links und rechts brachte mich auch nicht weiter. Also erhob ich mich und schlurfte aus Michis Hotlezimmer. Ich konnte förmlich Michis brennenden Blick auf meinem Rücken spüren, doch das war mir ziemlich egal. Vielleicht war es besser so, dass ich weg geschickt wurde. Ich bräuchte mal frische Luft, musste weg von hier um einen klaren Kopf zu bekommen. Vielleicht tat mir Ablenkung auch ganz gut. Kurzerhand schrieb ich Alicia, ob sie Lust hatte, mit mir ins Kino zu gehen. Und wie immer war auf Alicia Verlass. Ich bekam zwar nicht wirklich viel von dem Film mit, doch wenigstens hatte ich nicht die Zeit mir die ganze Zeit den Kopf zu zerbrechen. Das würde schon noch kommen. Das wusste ich. Und es kam auch. Als ich Abends in dem merkwürdig leeren Hotelbett lag und schmerzlich die Gegenwart Merles vermisste. Gerade jetzt brauchte ich sie mehr denn je. Doch sie war nicht da. Und ging auch nicht ans Telefon. Wahrscheinlich hatte sie ihr Handy irgendwo in einer Tasche verschwinden lassen, um keine Ablenkung zu bekommen oder in irgendeiner Art und Weise an Samu erinnert zu werden. Die Proben für die nächste Life-Show zogen an mir vorbei und ehe ich mich versah, war schon die Hälfte der Probenzeit herum. Zwei Lieder würde ich im Halbfinale singen: „What about us" von Pink und „...Ready for it?" von Taylor Swift. Zwei Songs, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, doch ich mochte sie beide auf ihre eigene Art und Weise. Gerade probte ich „What about us" zum ersten Mal im Studio, während die Techniker ein wenig an den Lichteffekten herum probierten. Die Message des Liedes war ab den ersten Tönen bei mir angekommen, ich fand es wunderschön und bekam jedes Mal eine Gänsehaut. Es ging im engeren Sinne um zwei sich Liebende Personen, die nicht viel auf die Reihe bekamen und langsam verzweifeln, doch im weiteren Sinne ließ sich dieser Text auf die Ganze Welt übertragen. „Was ist los mit der Welt?" „Was haben wir mit ihr gemacht?" „Wir sind so viele tolle Menschen, warum schaffen wir das nicht?" All dies wollte der Text in meiner Ansicht aussagen. Und so war auch meine Bühnenperformance ausgelegt. Während ich sang, wurden hinter mir auf der Leinwand viele Menschen aus verschiedenen Kulturen, in verschiedenen Lebenslagen bei alltäglichen Dingen gezeigt, in denen man die Liebe spürt. Als der letzte Ton verklang, kam Steffie klatschend mit Tränen in den Augen auf mich zu. „Super! Richtig gut! Also wer da keine Gänsehaut bekommt, weiß ich auch nicht!", gab sie von sich und zog mich in ihre Arme. „Das hat wirklich geholfen, dass wir uns so intensiv mit dem Inhalt beschäftigt haben." Ich nickte und spürte Stolz in meiner Brust aufsteigen. In diesem Moment wurde mir klar, wie unglaublich krass es war, dass ich es bis hierhin geschafft hatte. Ich war im Halbfinale! Eine von acht Talents, die die lange Reise bis hier erfolgreich gemeistert hatten. Das war eine wirklich riesige Ehre. „Dann üben wir morgen noch mal schwerpunktmäßig ‚..Ready for it?', in Ordnung?", fragte Steffie. Ich stimmte zu, unterhielt mich noch ein wenig mit ihr über meine Choreografie, die Sara die Choreografin extra für diese Performance entworfen hatte und machte mich dann auf den Weg zu unserem Backstage-Raum, um dort meine Tasche zu holen. Sofort sah ich nach, ob ich irgendeine Nachricht von Merle erhalten hatte. Doch nichts. Meine vierzig Nachrichten waren noch nicht einmal bei ihr angekommen. Langsam begann ich mir ein wenig Sorgen um meine beste Freundin zu machen. Wie konnte ein Typ sie nur so kaputt machen? Und jetzt konnte ich noch nicht mal für sie da sein! „Jolina Marie Blanc?", sprach mich auf einmal ein molliger Mann von der Seite an, der anscheinend im Vorraum auf mich gewartet hatte. Als er meinen verwirrten Blick sah, streckte er seine Hand aus und sagte: „Andreas Läsker mein Name." Etwas verdutzt schüttelte ich die Hand des Unbekannten. Er schien irgendwie freundlich, nett, offenherzig. „Ich bin so etwas wie der Manager von den Jungs.", setzte er also zur Erklärung an. „Die Jungs?", harkte ich nach, immer noch war mir kein Licht aufgegangen. „Die Fantastischen Vier." Da fiel der Groschen und unwiderruflich spannte sich alles in mir an. Herr Läsker schien das bemerkt zu haben, also legte er beruhigend eine Hand auf meine Schulter. „Keine Sorge, ich habe nicht vor, doch zu erschießen. Smudo hat erzählt du bist ein wunderbares Mädchen und unser Smou hat eigentlich hervorragende Menschenkenntnisse." Ein leichtes Schmunzeln huschte bei diesen Worten über mein Gesicht. „Nunja, um auf den Punkt zu kommen: Der Artikel. Oder viel mehr die Fotos..." Es war ja klar, dass das kommen musste... „...Wir im Managment sind zu der best möglichen Lösung gekommen." Jetzt horchte ich auf. „Und die wäre?" „Also zu erst mal, hier haben wir dir ein Statement verfasst. Das postest du bitte unter deinem nächsten öffentlichen Instagram-Bild." Ungläubig glitt mein Blick auf den schlichten weißen Umschlag, den er mir soeben in die Hände gedrückt hatte. „Und kein Kontakt mehr zu Michi und am besten auch nicht zu Smudo. Wir dürfen den Fotografen keine Angriffsfläche geben." Vollkommen überrumpelt war ich nicht in der Lage irgendetwas zu diesen ungeheuerlich dreisten Anordnungen zu sagen oder meine Meinung kund zu tun. „Nur im Rahmen der Show.", hängte Herr Läsker noch an. „Verstanden?" Monoton nickte ich, immer noch unfähig mich in irgendeiner Art und Weise zu rühren. „Gut. Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag!" Und schon war er verschwunden. Perplex stand ich bestimmt eine viertel Stunde noch auf dem selben Fleck, den Briefumschlag in der Hand. Plötzlich machte es ‚klick' in meinem Gehirn und ich konnte mich wie von Zauberhand wieder rühren. Sofort stieg immense Wut in mir auf, die mein Blut förmlich kochen ließ. Was war das bitte für eine Unverschämtheit?! Ich ließ doch nicht von einem fremden Managment über meine Postings bestimmen, nur weil sie Angst hatten, den Ruf ihrer ach so tollen Schützlinge zu verlieren! Ich war so in Rage, dass ich auf dem Weg zum Taxi mindestens eine Bierdose aggressiv über die Straße kickte und immer wieder gepresste Schimpfwörter vor mir hin murmelte. Im Nachhinein tat mir der Taxifahrer schon ziemlich leid. Er hatte nicht gerade die beste Verfassung von mir abbekommen und musste seinen Kopf für deren bescheuerte Aktion hinhalten. Im Hotel angekommen, knallte ich die Tür hinter mir zu und ließ mich auf das Bett fallen. In diesem Moment klingelte mein Handy und - wie konnte es auch anders sein - es war Merle. „Ganz schlechter Zeitpunkt.", zischte ich, nachdem ich abgehoben hatte. „Joy? Oh mein Gott dir geht es gut! Weißt du wie mich deine ganzen Nachrichten in Sorge versetzte haben?" „Das soll wohl ein schlechter Scherz sein! Du bist drei Tage nicht am Handy gewesen! Ich hab mir sorgen um DICH gemacht! Was war denn los?" Angespanntes Schweigen vom anderes Ende der Leitung. „Ich konnte nicht. Überall Samu. Er hat kein einziges Mal versucht, mich zu erreichen. Nicht mal geschrieben hat er mir.", ließ Merle dann nach einer Ewigkeit verlauten und ihre Stimme klang brüchig. Sofort tat mir mein harsches Verhalten leid. Wir telefonierten noch bis spät in die Nacht, doch ich verlor kein einziges Wort über das Gespräch mit Herrn Läsker. Das hätte mich nur wieder aufgeregt. Und Merle schien wirklich größere Probleme zu haben. Am nächsten Morgen war ich ausgelaugt und niedergeschlagen. Es war wohl das beste, dem Managment einfach nach zu geben. Vielleicht würde das auch mir helfen, Ruhe einkehren zu lassen. Ich suchte ein Foto aus meiner Gallerie, das Alicia vor zwei Tagen von mir vor den „The Voice"- Studios gemacht hatte und schrieb den vorgegebenen Text darunter.

Wunderschönen Guten Morgen!
Ein neuer Probentag bricht an und ich freue mich wie immer auf die Arbeit mit dem #bestercoach Steffie! Jetzt aber mal zu den Gerüchten, die in letzter Zeit im Internet herum kursieren. Ja, Michi ist nett. Ja, ich mag ihn. Genau wie Steffie, Smudo, Rea und Andreas. Ihr seht, diese Fotos bedeuten mir gar nichts! Es war eine Party, jeder hat mal mit jedem getanzt. Ich hoffe ihr versteht das und hört auf, irgendwelche Geschichten zu erfinden. Einen Schönen Tag noch!
#thevoiceofgermany #teamsteffie #singingislife

Nachdem ich den Text zum wahrscheinlich dritten Mal überflogen hatte, klickte ich ganz schnell auf ‚teilen'. Sonst würde ich es mir wohl noch anders überlegen. Mir wurde schlecht, als ich dieses neue Bild in meinem Feed sah. Sofort schaltete ich mein Handy aus und ließ es in meiner Tasche verschwinden. Ich wollte jetzt bloß keine Reaktionen sehen. Mit einem tiefen Seufzer erhob ich mich, um aus meiner zombieähnlichen Gestalt einen erkennbaren Menschen zu verwandeln. Wirklich gelingen tat es mir nicht, doch eigentlich war es mir auch egal. Also machte ich mich auf den Weg zum Frühstück. Im Treppenhaus kam mir jemand entgegen, den ich jetzt auf keinen Fall hätte sehen wollen. Michi. „Einfach weiter gehen, nicht beachten..", dachte ich mir und wandte bewusst meinen Blick ab. Doch da hatte ich die Rechnung ohne den Coach gemacht. Er schnitt mir den Weg ab und zwang mich, ihn an zu sehen. „Dir ist aber klar, dass wir nicht miteinander reden dürfen.", gab ich trocken von mir und wollte weiter gehen, doch Michi hielt mich zurück. „Das ist mir egal." Ich erstarrte mitten in meiner Bewegung und drehte mich zu ihm um. „Was?", gab ich von mir, sichtlich verwirrt. „Es ist mir egal. Weil ich dich mag, Jolina. Wir sollten echt über diese Fotos reden, ich...", in diesem Moment wurde Michi von dem Klingeln seines Handys unterbrochen. „Och Mist...", murrte er, deutete mir an zu warten und ging ran. „Bär, was ist?" Zum zweiten Mal in einem so kurzen Zeitraum war ich perplex. Doch diesmal wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Michis Worte lösten etwas in mir aus. Was das war konnte ich selber nicht genau sagen. „Okay verstehe. Ich soll das Bild liken?", kam es da von Michi und der Blick, den er mir zu warf sprach Bände. Er hatte wohl gerade von meinem Posting erfahren. „Ja in Ordnung, wird gemacht- Ja alles was der Manager wünscht...- Ja bis dann." Mit diesen Worten legte er auf und durchbohrte mich einfach nur mit seinem Blick. Mir wurde etwas unwohl zu Mute. „Fiel dir das leicht?" „Was?", fragte ich wie so oft dümmlich nach. „Fiel es dir leicht, das zu posten." „Ich... Ähm ich weiß nicht.", stammelte ich unsicher, irgendwie hatte es mir die Sprache verschlagen. „Alles klar, dann weiß ich Bescheid.", ließ Michi verlauten und seine Stimme klang schmerzhaft hart. „Dann Tschüss." Er drehte um und ging die Treppe hoch. Ich sah ihm nach, während mein Gehirn langsam anfing diese neuen Informationen zu verarbeiten. Was hatte das alle zu bedeuten?

Hey Leuteee!
Ohja jetzt sind wir richtig schnell! Wir haben schon wieder ein neues Kapitel für euch und hoffen es gefällt euch. Gerne wie immer Rückmeldungen in die Kommentare. Achja und Danke für die lieben Rückmeldungen im letzten Kapitel. Wir freuen uns wirklich riesig über jeden Kommentar!
LG, miminewyork

Eine Show, die mein Leben verändertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt