28| Stay

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28| Stay


„Zwei Wochen und dann hab ich mein Handy wieder.", sagte ich zufrieden. Sally und Will waren mit mir zu der Reparatur gegangen, die Sally mir empfohlen hatte. Der Mann dort meinte, dass sie mein Handy wieder zum Laufen bringen würden, wenn auch für einen stolzen Preis. Das bekam ich schon irgendwie hin zu bezahlen.

„Dann muss ich nicht immer deine Telefonate bezahlen.", lachte Will nur.

„Wer sagt das?" Ich lächelte breit, weshalb er aufhörte zu lachen und sich zu mir wandte.

„Ich. Das kannst du dann bitte selber bezahlen." Ok, diesen Monat musste ich auch keine Miete mit bezahlen, deshalb durfte ich mich eigentlich nicht beschweren...

„Moment mal." Ich blieb ruckartig stehen, als mir etwas einfiel. „Bin ich in zwei Wochen überhaupt noch hier?"

„Tja, sieht so aus, als wenn ihr beiden noch etwas bei uns bleibt, nh?" Sally hakte sich bei mir ein, als könnte sie mich dadurch hindern wieder nach Atlanta zu fahren. Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, dass hier in Brooklyn immer irgendwer um mich herum war und fand es sogar toll, dass hier so viel los war. Es war wie ein WG-Leben, was ich sowieso schon öfter gewollt hatte.

„Ach, ist das so?" Ich lachte über ihre Reaktion.

„Ja. Ich lass dich nicht gehen." Na das war mal ein Statement.

„Apropos Maggie: Wir wollten da ja noch drüber reden." Will kam auf meine freie rechte Seite und blickte zu mir herunter, während wir weiterliefen. Unser nächstes Ziel war der Elektro-Fachmarkt, der hier anscheinend auch irgendwo in der Nähe war. „Also, was denkst du darüber? Möchtest du überhaupt noch bleiben?"

„Naja, wenn du wieder nach Atlanta gehst komme ich natürlich mit. Aber um ehrlich zu sein könnte ich mir auch vorstellen noch hier zu bleiben. Brooklyn ist echt toll." Zu dritt stiegen wir in das Auto von Kyle, Will war am Steuer. Von unserer Wohnung bis hier wäre es zum Laufen viel zu weit gewesen.

„Du, ich hab nichts wirklich, was mich in Atlanta hält. Von mir aus können wir noch länger bleiben. Aber dann müssten wir noch einiges abklären." Seine dunklen Augen trafen auf meine, als er in den Rückspiegel sah. Mir wurde warm.

„Ich müsste ja auch nochmal mit Mom und Dad reden, aber die würde ich überredet bekommen." Dad konnte mir noch nie Wünsche abschlagen, und Mom hatte ja sowieso schon fast zugestimmt.

„Oh mein Gott, also bleibt ihr wirklich hier?" Sally schien sich total zu freuen, wahrscheinlich wegen Will. Immerhin wirkten die beiden wie die besten Freunde mit total innigem Verhältnis.

Will warf mir einen fragenden Blick zu, weshalb ich nach kurzem Zögern nickte. Ich meine, hey, ich war erst 18, ich wollte noch so richtig etwas erleben und Erfahrungen sammeln. Und wieso nicht einfach hier?

„Ich denke schon, ja.", sagte ich mit mehr Selbstbewusstsein. Meine Mundwinkel glitten nach oben, als Sally sich zu Will herüber beugte und ihm einen Kuss auf die Wange drückte. Er wiederum lächelte noch breiter als ich. Man konnte merken, dass er sich hier in Brooklyn bei seinen alten Freunden total wohl fühlte. Vermutlich wäre er auch ohne mich hier geblieben. Nur eine Sache wunderte mich: Er hatte gesagt, er hätte nichts, was ihn in Atlanta halten würde. Warum nicht?

„Dann melde ich dich morgen auf unserem College an, ja?"

„Nachdem ich die Erlaubnis von meinen Eltern bekommen habe." Wenn es daran scheitern sollte, wäre es wirklich unangenehm für mich.

„Na klar."

Wir hielten auf dem Parkstreifen und stiegen alle aus. Innerhalb von 20 Minuten hatten wir alles gefunden- Ich hatte endlich wieder Kopfhörer- und machten uns auf den Weg Sally wegzubringen. Will hielt vor einem großen, weißen Gebäude an. So eine Wohnung konnte sich Sally leisten? Nicht schlecht.

„So, ich steig dann jetzt aus. War schön heute, man sieht sich ja dann nochmal." Sally machte Anstalten auszusteigen und Will und ich hatten uns auch schon von ihr verabschiedet, da beugte sie sich wieder ins Auto herein, den Blick auf mich gerichtet.

„Viel Glück wegen deinen Eltern, Maggie." Mit den Worten schlug sie die Beifahrertür zu und ging auf ihr Haus zu.

„Kommst du nach vorne?" Lächelnd setzte ich mich also neben den Dunkelhaarigen, der mich einfach nur angrinste.

„Hab ich was im Gesicht?"

„Ja, eine Nase. Aber deshalb gucke ich nicht so." Zweifelnd zog ich meine Augenbrauen nach oben, um ihn zu zeigen, dass sein Witz nicht ganz so lustig war wie wahrscheinlich geplant.

„Also bleiben wir wirklich noch hier?"

Ich stimmte zu. „Sieht so aus, huh?"

Er lachte, das brachte mich wieder dazu zu lächeln. Ich mochte sein Lachen und seinen glücklichen Gesichtsausdruck dabei. Seine Augen glänzten leicht. „Aber das hast du nicht wegen mir gemacht, oder?"

„Nein, wie kommst du darauf?", fragte ich verwundert.

„Ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht hast du gemerkt wie toll ich es finde wieder hier zu sein. Weißt du, an diesem Ort habe ich vieles erlebt. Da stecken Erinnerungen drin." Und genau davon wollte ich mehr erfahren, da ich es bemerkenswert fand, wie sehr er sich mit Brooklyn verbunden fühlte.

„Jetzt, wo unsere Entscheidung feststeht, muss ich dir noch was beichten.."

„Will, ich weiß, dass du derjenige war, der gestern meinen Kaffee ausgetrunken hat. Ich bin nicht blöd- Ey! Lach mich nicht aus!" ich schlug ihm auf den Oberarm, während er sich nicht mehr einkriegte.

„Ok, das auch. Aber das meinte ich eigentlich nicht. Ich wollte dir erzählen... Dass ich einen Job gefunden habe." Mein Mund blieb offen stehen. Wow, das hatte ich nicht erwartet.

„Das ist großartig, Will.", meinte ich beeindruckt. Wie hatte ich davon nichts mitbekommen? „Wo denn?"

„Bei Jim, dem Typen, der dir die Kopfhörer gezeigt hat. Ich habe damals schon ein paar Monate dort gejobbt, und als er mich gerade wiedergesehen hat, hat er mir sofort denselben Job wieder angeboten." Er schien gute Verbindungen zu haben, dachte ich mir sofort.

„Ich freu mich für dich, wirklich."

Unsicher kratze er sich am Hinterkopf. Wir standen übrigens immer noch auf dem Parkstreifen vor Sallys Haus. „Es wird nur so sein, dass ich dann mehrere Stunden am Tag nicht zuhause bin und du manchmal alleine bist. Kommst du damit klar?" Liam und Kyle hatten ebenfalls einen Job, damit würde ich nachmittags mehr Ruhe haben. Wo war also der Haken?

„Natürlich komme ich damit klar. Mach du ruhig deinDing, ich werde dich nicht aufhalten." Er lächelte mich dankend an, lenkte dannden Wagen aus der Parklücke und fuhr uns nach Hause. Als wir da sonebeneinander saßen und den twentyone Pilots lauschten, fragte ich mich, waswohl mein Ding war. Was die Sache war, die ich machen wollte.

Shaded InWo Geschichten leben. Entdecke jetzt