Kapitel 4 - Geburtstag

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2014

Wütend fuhr ich herum. Wie konnte er mir das verschweigen? Wir waren verheiratet? Ich hatte ihn geliebt? Und er hielt es nicht für nötig mir davon zu erzählen!

»Minna? Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.«

»Ich bitte dich, Lucas, sei nicht albern. Es gibt hier doch keine Geister. Wenn dann ein oder zwei Geistesgestörte, auch wenn man das nicht wirklich vergleichen kann.«

Lucas sah mich verblüfft an. Scheinbar wusste er nicht was er davon halten sollte, denn er sah sich Hilfesuchend um. In unserer Nähe stand jedoch nur Geesche und sie warf ihm einen Blick zu, der klar machte, dass er von dieser Seite keine Unterstützung zu erwarten hatte. »Ich verstehe nicht ... worum geht es denn eigentlich, Minna?«

»Ach ... um nichts wichtiges. Nur darum, dass du mich ohne irgendeine Erklärung hierher gebracht hast und erwartest, dass ich mich prima zurechtfinde. Oder darum, dass du wie irgendein perverser Widerling in meinen Zimmer sitzt während ich schlafe, mir aber nicht erzählst, dass wir verheiratet waren. Nur Kleinigkeiten also.«

Nun war Lucas wirklich perplex, aber wahrscheinlich sollte er sich nicht wundern. Er hatte nichts besseres verdient! »Das darfst du nicht sagen. Ich wollte mit dir reden, wirklich. Ich wollte dir doch nur Zeit lassen, damit du mit allem zurechtkommst. Ich wollte dich nicht überfordern.«

Er wollte mich nicht überfordern - na klar, wer's glaubt! Er war einfach zu feig gewesen um mit mir zu sprechen und jetzt kam er mit irgendwelchen faulen Ausreden. Ich  musste mir das wirklich nicht länger anhören. »Weißt du was, Lucas? Vergiss es einfach. Auch wenn ich versuche es dir zu erklären, wirst du nichts verstehen. Es geht nämlich nicht darum, ob du mich damit überfordert hättest, es geht darum, dass ich nicht die Erinnerungen aus einen anderen Leben leben möchte. Ich möchte meine eigenen Entscheidungen treffen, meine eigenen Fehler machen. Und das geht mit dir nicht. Du siehst in mir die Person, die ich damals war, aber die bin ich nicht mehr. Darum wird das hier nichts werden, ganz egal wie viel Zeit du mir lässt.«

Damit drehte ich mich um. Ich wollte nichts weiter von ihm hören. Und da stand er noch immer und erwiderte meinen Blick. Ich wusste, er würde nicht auf mich zukommen, aber wenn jemand dazu geeignet war meine Meinung zu unterstreichen, dann er. Zielsicher ging ich auf ihn zu und zog ihn in eine innige Umarmung.

»Hey, Cristoff.« Ich schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.

Nach kurzen Zögern erwiderte er meine Umarmung. »Ich habe gehört, dass du wieder da bist. Aber ich dachte nicht, dass du mit mir sprechen willst.« Als er mich aus der Umarmung entließ, griff ich wie von selbst nach seiner Hand. »Natürlich will ich mit dir reden. Du bist hier so ziemlich der Einzige, dem ich wirklich vertrauen kann.«

»Lucas ... ?« Ich unterbrach ihn. Ich wollte kein Ich-hab's-dir-doch-Gesagt hören und auch nicht lange über alles philosophieren. »Lucas spielt keine Rolle.«

Sofort wirkte er entspannter, aber zum Glück verfolgte er das Thema nicht weiter. Aber er merkte natürlich, dass mich etwas belastete. »Komm, setzten wir uns.« Er führte mich zu einem der bereitgestellten Tische und nahm mir gegenüber platz. Ich hatte keine Ahnung ob wir auf den richtigen Plätzen saßen und es war mir auch egal. »Na los, spuck's schon aus. Was ist passiert?«

Er sagte es mit einem Lächeln und ich wusste, er wäre mir auch nicht böse, wenn ich nicht mit ihm spräche. »Weißt du ... ich passe einfach nicht hierher. Ich verstehe nicht was es mit dem ganzen wiedergeboren werden auf sich hat. Ich bin nicht wie die anderen hier.« Cristoff blickte mir tief in die Augen. »Du hast recht, du bist nicht wie die anderen. Du bist viel besser. Und es stimmt, du wirst auch nie ganz zu ihnen passen, das hast du noch nie getan. Du warst nie wie Geesche oder Ketlin, du hast dich nie anderen untergeordnet aber du warst auch nicht wie deine Mutter oder Christin. Es ging dir nie darum deine Macht zu sichern. Wenn du für etwas gekämpft hast, dann, weil du aus tiefsten Herzen daran geglaubt hast.« Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Solange ich mich erinnern konnte, hatte ich nie ein Problem damit gehabt mit Cristoff zu reden aber nun fehlten mir die Worte. »Und wofür habe ich gekämpft?«

Und Ich Bleibe...Where stories live. Discover now