*47 Wonkel

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Bitte gebt, bevor ihr das Kapitel lest, eine Vermutung ab, was "Wonkel" bedeuten könnte!

Am Tag nach Silvester wachte ich erst gegen halb drei mit heftigen Kopfschmerzen neben Will im Bett auf und drehte mich in seinen Armen. Ich beobachtete ihn, seine Gesichtszüge, seinen Brustkorb, der sich hob und senkte in einem gleichmäßigen Rhythmus mit den leisen Geräuschen, die er dabei machte. Ich lächelte und strich ihm sanft über die Wange. Er wachte nicht auf. Will hatte einen tiefen Schlaf. Ich dachte derweilen nach. Über die Vergangenheit, über die Zukunft. Zum ersten Mal seit langem standen mir alle Türen offen. Und zum ersten Mal war ich wirklich bereit, das zu nutzen.

Früher schwelgte ich viel in Erinnerungen, hing daran und wollte sie doch irgendwie loswerden. Jetzt fühlte sich alles so anders an, allein schon, weil Will neben mir lag. Er war das Zentrum meiner Welt geworden, das, wonach ich gesucht hatte, ohne es zu wissen. Ich wusste aber eins: Ich roch gerne seinen Geruch, spürte gerne seine Anwesenheit, berührte gerne seine Haut oder seine Haare, hörte gerne seine Stimme, sah gerne in seine bernsteinfarbenen Augen, spürte gerne seine Berührungen oder seinen Atem auf meiner Haut, folgte ihm gerne, egal wohin.

Jetzt machte ich mir Gedanken über die Zukunft. Ich würde eine Familie mit Will gründen, es war mir versprochen worden und die Zustimmung des Waldes konnte ich fast schon spüren. Es würden Waldkinder werden. Geschenke des Waldes an uns. Aber bis dahin würde noch Zeit verstreichen, Zeit für Will und mich. Wir hatten zusammen den Tod besiegt. Uns konnte nichts aufhalten. Ich war mir sicher, dass ich Will heiraten würde in einigen Jahren. Davor würden wir ausziehen, aber das schon bald. Noch wusste keiner davon, aber wir sahen uns schon nach einer Wohnung um. Eine, die in unserer Preisklasse lag. Und da tauchte dann immer wieder die Frage nach dem Job auf. Zwar wollte Will, dass ich mich noch ein wenig schonte, aber ich wollte nicht, dass er uns allein finanziert. Deshalb hatte ich für mich schon längst eine Entscheidung getroffen: Ich würde weiter die Welpen unterrichten, aber nicht mehr so oft wie vor ein paar Wochen. Ich würde ein oder zwei Tage festlegen, an denen ich für die Welpen zur Verfügung stand und die restlichen Tage bei den Wächtern verbringen.

Ja, ich wollte wieder zurück. Zurück zu den Wächtern, meiner zweiten Familie, meiner Bestimmung und meiner Pflicht. Ich würde wieder als Diplomat umherreisen, mit Hannah und Septim, mit Julian oder Jana. Ich würde endlich wieder ich sein. Entgegen aller Erwartungen.

Will öffnete die Augen, seine Pupillen wurden sofort kleiner und er blinzelte ein paar Mal. "Hey...", murmelte er dann mit kratziger Morgenstimme und strich mir kurz durch die Haare. Ich lächelte sanft und küsste ihn kurz. Dann musste ich gähnen und Will kicherte. Er streckte sich und zog mich dann näher zu sich, sodass ich auf seiner Brust lag und seinen Duft einsog. "Will... Ich liebe dich." Es war ein anderes 'Ich liebe dich' als sonst, irgendwie zufriedener, ruhiger, wohliger. Will fuhr mir durch die Haare, ganz langsam und sanft. "Weißt du, ich hätte nie gedacht, dass ein Junge das zu mir sagen würde. Noch weniger hatte ich jemals gedacht, dass ich es erwidern würde... Ich liebe dich auch.", sagte er leise und küsste meine Schläfe. Ich lächelte und schloss kurz meine Augen.

Als ich das nächste Mal aufwachte war es inzwischen dunkel draußen und Will war verschwunden. Ich sah mich verwirrt um und fand einen Zettel:

Wir sind nochmal eingeschlafen, aber dann hat Amelia die Wehen bekommen und ich musste die beiden zur Heilerin fahren... Komm nach, sobald du wach bist!

Will x

Ich riss die Augen auf, hastete aus dem Bett und zog mich so schnell wie möglich an. Da ich allerdings manchmal ein riesiger Tollpatsch bin, brauchte ich fast doppelt so lange, als hätte ich mich normal angezogen. Mit zwei blauen Flecken mehr rannte ich die Treppe runter, schnappte mir Schuhe und Jacke und riss die Tür auf. Davor stand Kyle. "Oh, Five! Ich wollte grade klingeln! Ko-" Ich unterbrach ihn. "Hast du ein Auto?" Verwirrt deutete er auf seinen Wagen. "Gut. Dann nimm mich mit zur Heilerin!", kommandierte ich ungeduldig und Kyle nickte sofort. Wir beeilten uns, zum Auto zu kommen und fuhren los. Die ganze Zeit über redete keiner ein Wort und ich verfolgte still Will's Geruchsspur bis zum Haus der Heilerin. Es war eine dunkelhäutige, stämmige Frau mit wirren dunklen Locken. Sie sah zwei Mal die Woche nach mir.

Als Kyle parkte, hastete ich aus dem Auto und rannte in das Haus. Will fing mich direkt an der Tür ab. "Five!", er hielt mich fest. Er sah gestresst aus, und roch auch so. "Wil! Was... Wo... Ich meine, wie steht es?" Will zwang sich zu einem Lächeln. "Alles überstanden, aber... Eines der Kinder... Ami hatte nicht mehr genug Kraft, ihn allein auf die Welt zu bringen..." Ich sah ihn erschrocken an. "Was? Wie geht es ihr?", fragte ich besorgt. Unsere beiden inneren Wölfe beunruhigten sich gegenseitig. Kyle kam nun durch die Tür. Will bemerkte ihn gar nicht. "Es geht ihr so weit gut, aber sie ist noch nicht aufgewacht." Ich sah ihn besorgt an und nahm in dann in den Arm. "Und wie geht es dir?", fragte ich dann leise und Will drückte mich an sich. "Jetzt gut." Ich lächelte an seiner Schulter und löste mich ein Stück, um ihn küssen zu können. Kyle schmunzelte und schloss die Tür, wodurch Will auf seinen ehemaligen Beta aufmerksam wurde. "Kyle! Schön, dass du da bist!", lächelte er und schlug bei Kyle ein. Dieser grinste. "Lasst euch nicht stören, ich bin nur der Fahrer. Und Onkel. Oh man, ich bin Onkel!" Wir lachten.

In diesem Moment kam die Heilerin durch die Tür und Will drehte sich zu ihr um. "Isa! Können wir...?" Es war süß, Will so aufgeregt und nervös zu sehen. Das war er nur selten und wenn, dann nur, wenn es um mich oder Amelia ging. Ich nahm seine Hand. Die Heilerin, anscheinend hieß sie Isa, nickte schlicht und öffnete die Tür ein Stück weiter. Sofort betraten wir den Raum und fanden Amelia und Luke mit drei kleinen Stoffbündeln vor. Es stellte sich heraus, dass sich in den Stoffbündeln Babys befanden, zwei menschliche und eines, das als Welpe auf die Welt gekommen war. "Will, Five, Kyle: Das sind Jake, Luke Jr. und unser Mädchen...", sagte Luke und Amelia fügt mit einem Lächeln ein "... Noah.", hinzu. Alle sahen mich an, mir entgleisten die Gesichtszüge und ich sah auf das kline Stoffbündel in Amelias Arm. Will drückte meine Hand, ich sah zu ihm. "Jake, Luke und... Noah.", flüsterte ich dann und lächelte. Dann sah ich zu Luke. "Du hast ein Kind nach dir benannt." Amelia und Luke nickten und lächelten ihre Kinder an. Es war fast schon unglaubhaft, die beiden mit den Kindern zu sehen, vor allem Amelia. Aber irgendwie passten die Stoffbündel gut ins Bild. Es machte alles perfekt. Will zog mich an der Hüfte zu sich und küsste meine Wange. "Jake, Luke, Noah: Das sind Onkel Kyle, Onkel Will und Wonkel Five." Ich legte den Kopf schief und sah Amelia verwirrt an. "Wonkel?" Sie erklärte grinsend: "Wächteronkel." Ich sah zu Will, der nur kurz die Augenbrauen hob und mich unschuldig ansah. Ich kicherte und lehnte mich an ihn.

Die Atmosphäre blieb ruhig und familiär, und zum ersten Mal seit langem dachte ich nicht über meine Verluste nach, sondern über das, was das Leben mir schon alles geschenkt hatte.

Liebe

Heimat

Freundschaft

Familie

Bestimmung

Leben.

~~

Ich habe dieses Kapitel schon mindestens sieben mal hochgeladen und es hat nie geklappt. Ich raste dann demnächst aus! Hier ist Versuch Nummer ungefähr acht.

Five (Werwolf boyxboy) Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora