Kapitel 38

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,,Du hast also den Freund deiner Schwester geküsst und Alice hat dich dabei erwischt und redet jetzt nicht mehr mit dir?"
"Mhm."
"Wow. Das ist ganz schön...krass."
"Mhm."
"Und warum genau hast du ihn geküsst?"
"Ich weiß nicht. Er ist einfach so nett und ich.. ich glaube.. ich.."
"Du hast dich in ihn verliebt."
Es war mehr eine Aussage als eine Frage. Ja, ich hatte mich in Sam verliebt. Das war eindeutig.

"Okay, hör zu, Ana. Ich will dir jetzt gar keine Moralpredigt halten. Sowas wäre total fehl am Platz. Aber sei bitte vorsichtig. Das kann schnell in die Hose gehen und hinterher wirst nicht nur du verletzt, sondern auch deine Schwester. Und womöglich auch ihr Freund. Ich meine, was wenn deine Schwester das rausfindet und sich trennt? Will er das? Will er mit ihr zusammen sein? Ist das mit dir nur ein Spiel für ihn? Du kannst es nicht wissen."
Ich dachte über diese Worte nach. Mochte Sam mich so wie ich ihn mochte? Würde er verletzt, wenn Melanie sich von ihm trennte? Oder würde er erleichtert, weil er dann mit mir zusammen sein könnte? Würde er mit mir eine Beziehung eingehen? Würde ich mit ihm eine Beziehung eingehen? War es moralisch richtig? Es schwirrten so viele Fragen in meinem Kopf, zu denen ich keine Antwort kannte.

"Kopf hoch! Das wird schon wieder."
"Ach ich weiß nicht. Melanie und ich verstehen uns schon seit einigen Jahren nicht mehr so gut und wenn sie das erfährt, dann hasst sie mich noch mehr als ohnehin schon."
"Weißt du, manchmal passieren komische Dinge im Leben und man fragt sich, wieso das Universum es einem so schwer machen will. Man fühlt sich einsam und alleingelassen und denkt, man ist alleine mit seinem Problem. Man denkt, keiner versteht einen. Man versinkt in einem schwarzen Loch und sieht alles negativ. Aber oftmals führt diese eine komische Sache zu etwas Gutem und im Nachhinein ist man froh, dass das Leben so seinen Verlauf genommen hat. Das mag dir jetzt albern vorkommen, aber wenn du in einigen Wochen oder Monaten noch einmal darüber nachdenkst, nachdem diese ganze Sache geregelt ist, dann wirst du wissen und verstehen, was ich meine."

Soetwas Tiefgründiges hätte ich aus Nils Mund nie erwartet. Ich lächelte ihn traurig an.
"Vielleicht hast du Recht."
"Ganz bestimmt.", antwortete er grinsend.
"Und da ist wieder der alte Nils."
Er lachte und schüttelte den Kopf, um dann wieder ernst zu werden.
"Das zwischen dir und Melanie wird sich schon geben. Wir sind Teenies. In fünf Jahren bist du noch einmal eine ganz andere Person. Reifer. Erwachsener. Das wirst du auch nach außen ausstrahlen und Melanie wird das wahrnehmen. Und wenn ihr nicht wieder zueinander findet, dann sollte es halt so sein. Ihr müsst nicht allerbeste Freunde sein. Das sind viele Geschwister nicht, aber natürlich ist es immer umso schöner, wenn es so ist. Ich zum Beispiel habe keine Geschwister und wenn ich immer Geschwisterpaare sehe, werde ich total neidisch, weil ich auch gerne einen Bruder oder eine Schwester hätte. Aber es sollte nicht so sein. Ich habe mich mittlerweile damit abgefunden und sehe die Vorzüge, ein Einzelkind zu sein."
"Und die wären?"
"Ich muss mich mit niemandem um das Bad kloppen, ich muss nicht babysitten, ich muss mich nie benachteiligt fühlen, ich kriege mehr Geschenke..."
Ich lachte bei dem letzten Punkt.
Ach wäre das schön, für einen Tag ein Einzelkind zu sein. Ich müsste mich nicht immer mit Melanie vergleichen und mir von meiner Mutter anhören, wie viel besser sie doch sei.
Aber wie Nils sagte, das Universum macht sein eigenes Ding.

"Wie wäre es, wenn wir jetzt schön in die Mall gehen und dich ein wenig ablenken?"
"Meinst du?"
"Mhm." Nils nickte eifrig.
"Na gut, wenn es sein muss. Aber dann darfst du meiner Mutter erklären, warum genau das trotz meines Hausarrests angebracht wäre."

Ich stand auf und packte meine Tasche zusammen. Als ich fertig war, lag Nils noch immer auf meinem Bett.
"Und? Darf ich?"
Er nickte.
"Was genau hast du meiner Mom erzählt?"
"Ach nichts Besonderes. Ich habe einfach meinen Charme spielen lassen."
Ich schüttelte den Kopf und lachte. Meine Mom war wirklich angetan von ihm.
"Na gut, kommst du?"
"Wenn ich mir das jetzt so überlege, ist es doch hier bequemer."
"Nils!", schrie ich und nahm ein Kissen, um damit auf ihn einzuschlagen.
Er windete sich in meinem Bett und lachte. Dann packte er mich an meinem rechten Handgelenk und riss mich herunter, sodass ich auf ihn fiel.
Wir gackerten wie wilde Hühner. Doch uns beiden verging das Lachen als wir bemerkten, wie nah wir uns eigentlich waren. Ich konnte Nils süßen Atem riechen, der von den Gummibären kam, die er zuvor noch gegessen hatte. Seine Augen wanderten von meinen Augen zu meinen Lippen und blieben einige Sekunden darauf. Dann bewegte ich mich weg von ihm und er schaute schnell weg und räusperte sich. Ein komischer Moment.

Wir standen auf und gingen die Treppen hinunter. Ich sagte meiner Mutter Bescheid, dass wir rausgehen würden und sie verabschiedete sich. "Viel Spaß ihr beiden und macht keine Dummheiten! In drei Stunden bist du aber zurück Ana! Bis dann Nils! Lass dich doch öfter blicken, du bist immer herzlich willkommen!"
"Vielen Dank, Louise. Ich werde darauf zurückkommen.", sagte er und zwinkerte meiner Mom zu.
Er zügelte sich auch bei niemandem!

In der Shopping Mall angekommen gingen wir erst einmal zu Frooters, um uns Frozen Yogurt zu kaufen.
Nils gab mir meins aus und ich bedankte mich mit einem Kuss auf seine Wange.
"Wow wow wow, immer schön langsam. Du gehst aber schnell ran beim ersten Date!"
Ich lachte und schlug ihm auf den Arm. "Hör auf du Idiot."
"Und sie lächelt wieder!"
"Aha. Deswegen sagst du also solchen Schwachsinn.", stellte ich fest.
"Nein, ich war einfach nur überrascht. Ich meine nachdem was du mir heute erzählt hast, hätte ich nicht gedacht, dass du dich an mich ranmachst."
"Ich würde mich nie an dich ranmachen."
"Achja?"
"Mhm."
"Wow. Das verletzt jetzt wirklich meine Gefühle. Und ich dachte, du fährst total auf mich ab."
"Sorry, aber da muss ich dich enttäuschen.", sagte ich kichernd.
Nils legte seine Hand auf seine Brust, an die Stelle seines Herzens.
Er verdrehte die Augen und sagte dramatisch: "Ana, wie kannst du nur so eiskalt sein?"
"Ich bin nicht eiskalt, sondern nur ehrlich."
"Das ist ja noch schlimmer!", sagte Nils entsetzt.
Eine ältere Dame schaute ihn verschreckt an als sie an uns vorbeilief.
"Sei nicht so laut. Du erschreckst ja alle Leute hier.", sagte ich lachend.
"Solange ich dich damit zum Lachen kriege, ist mir das egal.", antwortete er mit einem riesigen Lächeln im Gesicht.
"Danke."
"Wofür?"
"Na dafür, dass du für mich da bist und mir zuhörst und mich ablenkst. Das bedeutet mir wirklich viel."
"Dafür sind Freunde doch da."

Love Triangle-Verliebt in den Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt