Schwarzer Kaffee und Schokoladenkuchen

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„Guten Tag,
wie geht es ihnen heute?"

„Guten Tag,
...ähm ich glaube ganz gut."

„Sie glauben?"

*Schultern zuck*
„Ich weiß nicht.
Das ist schwer zu sagen."

„Versuchen Sie zu
beschreiben, wie sie sich fühlen."

„Leer."

„Leer?"

„Ja. Ich glaube ich habe
ihr mein Herz geschenkt
und sie hat es mit auf
die andere Seite genommen.
Und jetzt ist dort nur noch Leere."

„Und ich werde Ihnen
helfen diese Leere zu füllen."

*auf Boden schau*

„Wir haben das letzte Mal
darüber gesprochen,
wie ihr beiden euch
persönlicher kennen
gelernt habt."

„Ja."

„Und wann haben Sie
eine so enge und
emotionale Bindung aufgebaut?"

„Sie müssten doch wissen,
dass man enge und
emotionale Bindungen nicht
einfach so plötzlich aufbaut."

„Natürlich."

„Dann sollte Ihnen auch klar sein,
dass wir uns nicht an einem Tag
so nahe gekommen waren.
Also kann ich Ihnen auch
kein Datum nennen."

„Das habe ich auch
gar nicht erwartet.
Ich versuche Sie und
Ihre Gedanken nur zu verstehen
damit ich Ihnen helfen kann.
Und dazu muss ich wissen,
wie es dazu kam,
dass Sie so eine Bindung
zu diesem Menschen
aufgebaut haben."

*nick*
„Okay."

„Also?"

„Also...wir haben uns
in dem kleinen Café getroffen,
das nur 5 Minuten von unseren
Wohnungen entfernt ist."

„Sie hatten eine Verabredung?"

„Nein. Wir waren aus Zufall
zur gleichen Zeit am gleichen Ort.
So wie jedes Mal."

Das kleine Glöckchen klingelte
als ich die Tür öffnete und mich
der herbe Geruch von Kaffee mit
dem süßen von Kuchen umgab.
Das Café war mit so viel Liebe
zum Detail eingerichtet wurden.
Alles war in warmen Brauntönen gehalten und die Kissen hatten alle unterschiedliche Muster in weiß.
Die Tische und Stühle waren aus Holz
und an den Wänden hingen Polaroids
von den kuriosesten Orten dieser Welt.
Die beiden Besitzer hatten eine Weltreise
für drei Jahre gemacht, bevor sie sich in
diesem kleinen Ort nieder ließen und
ihren gemeinsamen Traum verwirklichten:
ein kleines eigenes Café.
Als Stammgast hatte ich schon
die ein oder andere Geschichte
von ihrer Reise hören dürfen.
Ich bestellte wie üblich einen schwarzen
Kaffee mit drei Löffeln Zucker
und ein Stück Schokoladenkuchen.
Nach einem Sitzplatz suchend
drehte ich mich um.
Das Café war sehr beliebt,
obwohl es nur so klein war.
Es gab nur noch zwei freie Plätze:
einen, neben einem Pärchen,
das sich gerade die Zungen
in den Hals steckte und
einen, direkt neben ihr.
Die Entscheidung war mir
nicht besonders schwer gefallen.
Mit einem möglichst fröhlich klingendem
»Guten Morgen« begrüßte ich sie.
Erst schaute sie überrascht zu mir auf,
doch schenkte mir dann ein schwaches
Lächeln. »Guten Morgen.«
Als ich sah, dass sie ebenfalls
einen Schokoladenkuchen bestellt hatte,
musste ich Grinsen.
»Du bist also auch eine Naschkatze?«
Sie sah auf ihren Teller.
Eine Strähne löste sich aus
ihrem improvisierten Dutt und
landete knapp neben
dem Schokoladenkuchen.
Mit einer geschmeidigen Bewegung
sperrte sie sie wieder hinter ihr Ohr
und sah mich an.
»Ja, ich ernähre mich fast nur von
Schokoladenkuchen«, sagte sie und
ihr Lächeln wurde
ein bisschen glaubhafter.
»Oh ja, ich auch!
Darf ich mich setzen?«
Mit dem Finger auf den Platz neben ihr zeigend sah ich sie fragend an.
»Aber natürlich!«
Mit raschen Händen räumte sie
die Zeitungen zusammen,
die sie über den gesamten freien Platz
ausgebreitet hatte.
»Danke.«
Ich wollte mich gerade setzen
als sich jemand an mir vorbei drängelte
und gegen meinen linken Arm stieß,
in dem ich meinen Kaffee hielt.
Sofort schwabte das schwarze Getränk
über und landete
direkt auf ihrem roten Hoodie.
Erschrocken sprang sie auf und bei
der schnellen Bewegung warf
sie auch noch ihre eigene Tasse um.
Die dunkle Flüssigkeit lief über ihre Zeitungen bis zur Tischkante und
tropfte langsam auf den Boden.
Die Leute an den umstehenden Tischen hatten sich nach dem Tumult umgedreht
und beeugten uns
mit neugierigen Blicken.
Die Person, die mich angerempelt hatte,
war verschwunden.
Unsere Blicke trafen sich.
In ihrem Gesicht war genauso
der Schock geschrieben,
wie es wahrscheinlich in meinem war.
Die Situation war einfach so absurd.
Ihre Augen funkelten und plötzlich
mussten wir beide beginnen zu Lachen.
Wir bekamen uns kaum noch ein.
Immer wieder sahen wir uns an und
prusteten wieder los.
Manche Leute stiegen mit ein
und plötzlich war
der ganze Raum von Lachen erfüllt.
Es war einer dieser Momente,
in denen du dich wirklich lebendig fühlst.
Wenn alles so klar erscheint,
die Farben um dich herum leuchten
und dein Herz so leicht wird,
dass es einfach davon fliegt.
Wenn du einfach nur Mal lebst.

„Warum lächeln Sie?"

„Darf man nicht lächeln?"

„Das meinte ich nicht.
Letzte Woche waren Sie
noch total blass.
Diese Woche lächeln sie.
Ich glaube wir machen Fortschritte."

*Schulter zuck*

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