Hey Jude

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*klopf*
„Hey, du hast seit vier Tagen
dein Zimmer nicht mehr verlassen.
Ich hab dich kein einziges Mal
essen gesehen. Ich mache mir sorgen.
Alles okay bei dir?"

*in Kissen gemurmelt*
„Ja, alles bestens."

„Wie bitte?"

*von Kissen aufstütz*
„Alles bestens."
*wieder in Kissen fallen*

„Okay na gut.
Dann lasse ich dich Mal in Ruhe...
Falls du irgendetwas brauchst -
ich bin in meinem Zimmer.
Iss mal was,
damit du nicht verhungerst..."

„Ja ja."

*Tür schließ*

Ihre Hand stoppte mitten in der Luft, den Zeigefinger über einem Knopf mit der Bezeichnung "Radio" schwebend.
»Was hörst du so für Musik?«, fragte sie, während ihre Augen kurz zu mir wanderten, sich jedoch gleich wieder auf die Straße vor uns richteten.
Sie war eine gute Fahrerin.
Das Auto war zwar alt und rüttelte einen ein bisschen durch, aber trotzdem lenkte sie es mit einer Sicherheit und Geschmeidigkeit...
»Weiß nicht...ich höre eigentlich alles.«
»Auch Heavy Metall?«, sie grinste schelmisch, drückte auf den Knopf neben dem fürs Radio und drehte das Volumen voll auf.
Ängstlich hielt ich mir die Ohren zu.
Wollte sie etwa, dass mein Trommelfell platzte?
♪HEY JUDE♪, dröhnte plötzlich Paul McCartneys Stimme aus den Lautsprechern, ♪DON'T MAKE IT BAD.♪
Ich starrte sie total schockiert an.
Sie lachte, ihr Blick gerade aus.
♪TAKE A SAD SONG,♪
Hektisch griff ich nach dem kleinen Rädchen und drehte das Volumen wieder auf eine normale Lautstärke.
♪AND MAke it better.♪
»The Beatles sind also Heavy Metal...«
♪Remember♪, unterbrach mich Paul.
»...für dich?«, beendete ich meine Frage und sah sie immer noch etwas überrumpelt an.
♪To let her into your heart,♪ sang Paul einfach ungestört weiter.
Sie lachte wieder. »Aber klar!«
♪Then you can start to make it better.♪
Ich ließ mich in den Sitz fallen.
Sie machte mich verrückt.
Sie war verrückt.
Aber auf eine schöne Art verrückt.
Ich ließ mich von der Musik davon tragen, während ich aus dem Fenster starrte.
Wir fuhren durch einen unschönen Stadtteil.
Alles wirkte herunter gekommen...die Wohnblöcke, die Wege, die Menschen...
Ich wandte meinen Blick von diesem traurigen Bild ab und sah wieder zu ihr.
Sie lächelte,
während sie die Melodie mit summte.
Naa, naa, naa, nanana-naa,
nanana-naa, hey Jude.
Sie wirkte glücklich...
die Last schien von ihren Schultern gewichen
zu sein...ganz anders als damals...
Ich wollte, dass sie immer so glücklich war.
Ich hätte alles dafür getan,
damit sie sich nie wieder so
hätte fühlen müssen,
wie damals auf der Brücke...

*Tür öffnen*

„Du hast immer noch
nichts gegessen."

„Geh bitte aus
meinem Zimmer."

„Nein.
Ich bin ernsthaft besorgt.
Ich dachte der Umzug und
die Therapie würden dir helfen,
aber jetzt sind wir wieder
am Anfang..."

„Vielleicht will ich gar nicht,
dass mir geholfen wird?"

„Aber..."

„Vielleicht finde ich
es ganz schön so?"

„Aber sonst verhung-"

„Vielleicht will ich
ja verhungern..."

„Amigo..."

„Hör auf mich
"amigo" zu nennen...
ich bin nicht dein Freund."

„..."

„Bitte geh jetzt..."

*Tür schließ*

Hold OnWhere stories live. Discover now