Kapitel 3

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Verwirrt schaue ich aus dem Fenster des Autos von Mister Schleimspucker alias Jack. Hat Jaden, so heißt der unhöfliche Junge, nicht etwas von Training gesagt? Das Haus vor dem Jack gerade gehalten hat, sieht jedenfalls nicht aus wie eine Turnhalle. Es ist ein großes weiß gestrichenes Haus mit einer großen hölzernen Eingangstür, durch welche mein toller neuer Stiefbruder gerade eintritt. Irgendetwas ist seltsam mit diesem Jungen, er ist irgendwie so distanziert von seinem Vater und seinen beiden Brüdern, fast als würde er nicht richtig dazugehören. Neben mir wippt Ethan ungeduldig auf und ab, er will wohl unbedingt nach Hause, ich nicht. Also ich würde gerne nach Hause, aber mit Zuhause meine ich mein Zuhause in Deutschland und nicht das Apartment meiner neuen Familie.

"Dahinter liegt eine große Turnhalle", sagt Jack der gerade ins Auto eingestiegen ist und offenbar meinem Blick gefolgt ist. "Achso", antworte ich nicht wirklich überzeugt. Dieses Haus sieht beim besten Willen nicht so aus als wäre es der Eingang zu irgendeiner Turnhalle. "Dad, fährst du, ich muss noch Hausaufgaben machen", meldet sich nun Aiden zu Wort, von den drei Jungs ist er mir noch der symphatischste. Als Antwort lässt Jack den Motor anspringen, lächelt Mum auf dem Beifahrersitz noch kurz zu und fährt los. Seit wir Mister Schleimspucker und seine Familie getroffen haben, lächelt Mum ihn fast durchgängig mit diesem dämlichen "Ach ich bin so verliebt" Lächeln an, einfach schrecklich!

Nach gefühlten drei Stunden, der New Yorker Stadtverkehr ist wirklich so schlimm wie beschrieben, kommen wir endlich bei dem Apartment an, ich werde mich hüten es als mein Zuhause zu bezeichnen. Von außen sieht das Haus ja eigentlich ganz in Ordnung aus, es ist modern, natürlich, immerhin steht es in Manhattan, aber trotzdem wirkt es nicht kalt. "Wir haben die obersten zwei Etagen für uns", erklärt Jack und lächelt mich an, alle lächeln heute, schrecklich! "Cool", bemerke ich trocken, soll er sich doch jemanden anderen suchen, bei dem er angeben kann. Immerhin habe ich bei der Größe eine reelle Chance ein eigenes Zimmer zu bekommen, ich hatte insgeheim schon Angst, dass ich mir mit einem der Jungs ein Zimmer teilen muss, immerhin sind wir vier Kinder, da hätte das durchaus möglich sein können.

Jack macht den Motor des Autos aus und lehnt sich zu Mum hin, er küsst sie kurz und lächelt mich dann wieder an. Ich ignoriere das Gelächle und steige aus dem Auto, prompt werde ich bis auf die Haut durchweicht, verdammt den Regen habe ich über all die Aufregung glatt vergessen! Die anderen haben natürlich alle daran gedacht einen Regenschirm aufzuspannen bevor sie nach und nach aus dem Auto aussteigen, leider fällt das nicht nur mir auf. Aiden grinst mich belustigt an, er scheint sich ja wirklich zu freuen, so eine dämliche neue Stiefschwester bekommen zu haben. Ich beeile mich also zum Treppenhaus zu kommen, ansonsten brauche ich oben nur noch Schampoo, das mit dem Duschen hat dann schon der Himmel erledigt.

Nachdem ich tasächlich geduscht und mir aus meinem Koffer etwas trockenes zum Anziehen besorgt habe, mache ich mich auf den Weg zu den anderen in die geräumige Wohnküche. Mum hat ein Krisentreffen angesetzt, also so nennt sie es natürlich nicht, aber praktisch ist es genau das. Ach wie freue ich mich schon, noch mehr Gelegenheiten zu bekommen, mich vor meiner neuen Familie lächerlich zu machen, denn genau darauf läuft es hinaus, ich bin nun mal der Tollpatsch in Person.

Ich komme als letztes, Mum, Jack, Ethan und Aiden sitzen alle schon um den großen Tisch, ich lasse mich auf den Platz neben Aiden fallen und höre Mum zu, die schon angefangen hat zu sprechen.

"Nun, zuerst einmal solltet ihr wissen, wie sehr wir uns freuen hier sein zu dürfen", leitet sie ihre Reden ein. Nein, wir freuen uns gar nicht hier zu sein, wir würden uns freuen wenn wir unsere Koffer nehmen und zurück nach Deutschland fliegen würden, das tun wir aber nicht, stattdessen sitzen wir hier und tun so als ob wir uns freuen.

"... Ava morgen mit Aiden auf die neue Schule", setzt Mum fort, einen Teil habe ich aber durch meine gedankliche Empörung verpasst, diesmal mache ich sie laut. "Morgen, bist du wahnsinnig Mum? Wir sind heute erst umgezogen und ich soll morgen schon auf die neue Schule gehen, die auch noch in einer anderen Sprache ist, meinst du nicht ich sollte erstmal Zeit zum Ankommen haben?", rege ich mich ziemlich laut auf. "Ach Mäuschen, ich weiß, dass das alles schwierig ist, aber morgen beginnt nun mal das neue Schuljahr, und glaub mir, es wird noch schwieriger wenn du mitten im Jahr auftauchst, bestimmt gibt es morgen noch ein paar andere neue Schüler", versucht sie zu erklären, ich bin aber immer noch kein bisschen überzeugt. "Ja, vielleicht gibt es andere Neue, aber sicherlich keine, die in Englisch eine 2- als FREMDSPRACHE haben!", schreie ich schon fast, ich bin so unglaublich wütend, nicht nur wegen der Schulsache, sondern wegen diesem verdammten gesamten Tag! "Na siehst du Schatz, du hast eine 2, das heißt doch das du gut in Englisch bist", erwidert Mum, sie kann wirklich stur sein wenn sie möchte. "Ich bin mir sicher du packst das", mischt sich jetzt auch noch Jack ein, als ob ein Streit zwischen Mum und mir nicht reichen würde. Ich habe absolut keine Lust mehr mich weiter aufzuregen, ich  schnaube nur und beende damit die Diskussion. 

Agent XY I IceSplinters18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt