Kapitel 6

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Aiden klopft an die Sekretariatstür. Ich hoffe, dass die Sekretärin sich spontan krank gemeldet hat, mich deswegen nicht einweisen kann und ich deswegen heute auch leider nicht zur Schule gehen kann, aber natürlich, mein Glück scheint mich gänzlich verlassen zu haben, ist das nicht der Fall. "Come in!", ertönt eine weibliche Stimme von der anderen Seite der Tür und Aiden folgt augenblicklich der Aufforderung.

"Komm Ava, so schlimm wird es schon nicht", sagt er und lächelt mir ermutigend zu, Ha wenn er wüsste. Ich hasse es die Neue zu sein, die Neue die sich immer wieder vorstellen muss und über die alle reden. Das Gefühl des Mutes in diesem Moment zu fühlen ist also ungefähr so wahrscheinlich, wie das Harry Potter und Lord Voldemort beste Freunde werden.

Ich möchte da nicht rein. Ich möchte wieder in mein Bett und zwar nicht hier, sondern in das in Deutschland. Da ich keine Anstalten mache mich vom Fleck zu bewegen, ich habe wirklich keine Lust durch diese Tür zu treten, schiebt Aiden mich kurzerhand durch die Tür und schließt sie wieder.

Ich schaue die Sekretärin an, sie trägt eine große Hornbrille, die sie um Jahre älter aussehen lässt, und hat zu einem Pferdeschwanz zusammen gebundene, blonde Haare. Trotz der schrecklichen Brille scheint sie recht jung zu sein, vielleicht fünfundzwanzig oder so.

Sie lächelt mich freundlich an und bedeutet uns, auf den zwei Stühlen vor dem Schreibtisch, Platz zu nehmen. Erleichtert lasse ich mich auf den Stuhl fallen, meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding, und ich glaube wenn ich auch nur eine Sekunde länger stehen muss, falle ich um! Die Sekretärin zwinkert Aiden zu und wendet sich mir zu.

Eventuell bin ich ein wenig überempfindlich was die neue Schule angeht, aber mit ersten Schultagen habe ich mich noch nie leicht getan. An meinem allerersten Schultag, musste man mich beinahe gewaltsam auf die Bühne zerren, auf der alle neuen Erstklässer standen, und dann habe ich während der gesamten Veranstaltung geweint. Wenn ich mir das so überlege, müssen die Lehrer fast verzweifelt gewesen sein, denn mit meinem Auftreten, habe ich mehrere andere Schulanfänger angesteckt. Das war ein Geschrei! Was bin ich froh, dass keine Videos von diesem Tag existieren...

Dann war die Grundschule vorbei und ich kam auf das Gymnasium. Ich glaube wenn Emma, die ich an diesem Tag neu kennenlernte, mich nicht von Stunde zu Stunde geschleppt hätte, wäre ich einfach nach Hause abgehauen. Weg von da, weg von der Schule. Und jetzt, fünf Jahre später, bin ich ebenfalls kurz davor, aufzuspringen und einfach abzuhauen. Weg von hier, weg von der Schule. Wie damals.

"So, you're the new student, right?", sie spricht extra langsam, anscheinend weiß sie also, dass Englisch nicht meine Muttersprache ist und ich das ganze hier, also Englisch, einfach nicht kann. Irgendwie bin ich ihr wahnsinnig dankbar dafür, denn so habe ich wenigstens die Frage verstanden. Also nicht das sie sonderlich kompliziert gewesen wäre, aber an diesen amerikanischen Akzent muss man sich wirklich erst gewöhnen.

"Yes, that's right, my name is Ava, Ava Corner." "I know Ava, you come from Germany right?" Sie blättert in meinen Zeugnissen. Moment mal, wo hat sie die eigentlich her? Ich jedenfalls habe sie ihr nicht gegeben! "Yes that's right too", bestätige ich und freue mich innerlich, dass das so gut klappt, auch wenn ich etwas traurig bin, kein Deutsch in der neuen Schule sprechen zu können.

"Well, Ava, this is your timetable and this is an overview of the building, so you know where to find which room. But I'm sure the young man will help you, if you have any problems", sagt sie und schiebt zwei Blätter in meine Richtung, wenn ich es richtig verstanden habe, einen Stundenplan und eine Gebäudeübersicht. Ich schaue wieder auf und sehe, dass die Sekretärin Aiden scharf anschaut.

"Of course, I'll help her Mrs. Wooden!", bemerkt Aiden leicht säuerlich, offenbar denkt er, sie denkt, er will mir nicht helfen. "Thank you very much!", bedanke ich mich also schnell und ziehe Aiden zur Tür, einen Streit kann ich nicht brauchen und zu spät kommen ist das absolut Letzte was ich will. Die Sekretärin wirft mir schnell noch ein Goodbye und einen komischen Blick zu und schon sind wir wieder auf dem Gang.

Agent XY I IceSplinters18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt