13. Bindung

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Zum ersten Mal seit sie im Badezimmer aufgetaucht war, wurde Bellatrix still. Kein höhnisches Lachen, kein spitzer Kommentar, kein überheblicher Tonfall – nur ein eigenartiges Schweigen, in dem sich etwas zusammenzog, das Nadja nicht benennen konnte. Vielleicht war es Überraschung. Vielleicht Respekt. Vielleicht etwas, das schlimmer war.

„Unser Herr hatte recht," sagte Bellatrix schließlich, und ihre Stimme klang fast nachdenklich, als würde sie sich selbst beim Sprechen zuhören. „Du hast wirklich ein Talent für Worte."

Sie machte einen Schritt durch das dampfende Wasser, so lautlos, dass es aussah, als würde sie über die Oberfläche gleiten. Ihre Silhouette wurde deutlicher, die Schatten auf ihrer Haut bewegten sich mit dem Licht der flackernden Kerzen. Als sie schließlich direkt vor Nadja stand, sah sie auf sie herab mit einem Blick, der fast zärtlich war – und gerade deshalb so unerträglich.

„Aber weißt du, was ich mich frage?" Bellatrix' Stimme senkte sich, wurde weicher, gefährlich leise. „Was passiert, wenn du dich nicht mehr auf deinen klugen Kopf verlassen kannst? Wenn deine hübschen Worte dich nicht mehr retten? Wenn dein Verstand, dein größter Schutz,  plötzlich nichts mehr wert ist? Lass es uns testen."

Bevor Nadja überhaupt reagieren konnte, packten Bellatrix' Hände ihre Schultern mit einer Wucht, die ihr sofort den Atem raubte, und drückten sie grob unter die Wasseroberfläche.

Das heiße Wasser schlug über ihr zusammen wie eine Decke aus Stein. Nadja prallte dagegen, versuchte sofort, sich zu wehren, aber Bellatrix hielt sie fest – zu stark, zu bestimmt, zu sehr in Kontrolle. Sie schlug um sich, rang nach einem Halt, nach Luft, nach irgendetwas. Doch alles, was sie bekam, war Dunkelheit, Druck und das scharfe Brennen in ihrer Brust.

Als Bellatrix sie kurz darauf wieder an die Oberfläche zog, schnappte Nadja panisch nach Luft, hustete, spuckte, keuchte – nur um Sekunden später wieder hinabgedrückt zu werden.

Es war ein Spiel. Eine Demonstration von Dominanz.

Bellatrix zog Nadja immer wieder an die Oberfläche – gerade so weit, dass sie Luft holen konnte – und drückte sie dann erneut unter Wasser. Immer und immer wieder. Ein zynisches Spiel, präzise und grausam, wie eine Katze, die ihre Beute nicht tötet, sondern quält.

Nadjas Lungen brannten. Jedes Auftauchen versprach Rettung, jedes Hinabtauchen raubte ihren Atem wieder. Ihre Kräfte schwanden schnell. Die Bewegungen wurden fahrig, unkoordiniert, kaum noch gegenwehrend. Ihre Arme gehorchten ihr kaum, ihre Beine fühlten sich an wie Blei. Ihr Blick flackerte, flüchtig, als hielte er sich nur noch am Rand des Bewusstseins fest.

Beim letzten Auftauchen ließ Bellatrix sie nicht sofort los. Stattdessen schlug sie Nadja hart ins Gesicht – nicht aus Wut, sondern als kalten Befehl. Eine Aufforderung, bei Bewusstsein zu bleiben. Damit Nadja verstand. Damit sie hörte, was als Nächstes kommen würde.

„Du willst wissen, was ich mit dir vorhabe?" flüsterte sie, ihre Stimme nun dunkel, gespannt wie ein Bogen kurz vorm Loslassen. „Dann wirst du es jetzt... erfahren."

Sie griff nach dem Zauberstab, den sie zuvor auf den Beckenrand gelegt hatte – mit einer Selbstverständlichkeit, als gehöre ihr dieser ganze Ort, dieser ganze Körper vor ihr, dieser ganze Moment.

Doch bevor Bellatrix ihn heben konnte, hörten sie plötzlich Schritte – hastige, ungeordnete, durch den Korridor hallend.

Eine helle Stimme rief. „Ich hab meine Schuhe vergessen!"

Amber.

Bellatrix' Gesicht entgleiste in einem einzigen Augenblick. Frustration trat in ihre Züge, scharf und kalt wie ein Schnitt. Ihre Finger spannten sich kurz um den Griff des Zauberstabs, als überlege sie, ob sie es trotzdem wagen sollte. Doch dann murmelte sie etwas Unverständliches – kaum mehr als ein gepresstes, zitterndes „Warum... schon wieder?"

Und sie verschwand. Wie ein Schatten, der sich auflöst, wenn man das Licht auf ihn richtet, glitt Bellatrix aus dem Becken, über die nassen Fliesen und durch die hintere Tür hinaus, kaum einen Laut hinterlassend.

Nur Sekunden später betrat Amber das Badezimmer von der anderen Seite.

„Ich bin gleich wieder weg, muss nur meine Sachen finden—" rief sie unbeschwert in den Raum hinein, bevor ihr Blick auf den Beckenrand fiel.

Dort lag Nadja. Halb untergetaucht, die Augen geschlossen, der Körper schlaff, als hätte das Wasser ihn längst für sich beansprucht.

Amber schrie auf, rannte zu ihr, rutschte fast auf den glatten Fliesen, kniete sich an den Beckenrand und zog sie hektisch nach oben, mit aller Kraft, die ihre Arme hergaben.

„Nadja! Nadja, wach auf!" Sie rüttelte sie, schlug leicht ihre Wangen, flüsterte flehend ihren Namen.

Nadja kam langsam zu sich, die Lider flatternd, der Blick glasig. Ihr Kopf pochte, dumpf und schwer wie unter einem Fluch, ihr Brustkorb hob und senkte sich mühsam.

Amber war bleich vor Angst. „Was ist passiert?! Was— wer—?"

Nadja blinzelte, versuchte zu schlucken, ihre Lippen waren spröde vom heißen Wasser und der fehlenden Luft.

„Ich bin... wahrscheinlich eingeschlafen." Ihre Stimme war brüchig, kaum hörbar.

Amber glaubte ihr nicht. Nicht mal ansatzweise. Aber sie sagte nichts. Sie zog Nadja vorsichtig aus dem Becken, wickelte ein Handtuch um sie, hielt sie fest und fragte nicht weiter.

Nicht in diesem Moment.

NON SUM TUA - Bellatrix Lestrange FFWhere stories live. Discover now