»Kapitel 69 - Klarheit«

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S A M

Er war einfach gegangen.

Mittendrin.

Zu sagen, ich fühlte mich etwas verarscht und innerlich ziemlich beschämt war eine Untertreibung.

Ich kochte vor Wut.

Wie oft musste ich noch betonen, dass ich dieses ewige Hin und Her leid war? Dieses immerwährende: Wir sagen ja zu Sam, machen ihr Hoffnung und stoßen sie dann weg, blocke aber, wenn sie versucht zu helfen und es zu verstehen.
Es machte mich wütend, ich fühlte mich nicht nur verarscht, ich fühlte mich wie ein Spielzeug, das zur Belustigung genommen wurde, um zu schauen, wie es sich verhielt, wenn man es wieder weglegte.

Und das ständig und nun saß ich hier, halb bekleidet, mit den brennenden Spuren seiner Finger auf meiner Haut, in einem mir verbotenen Raum. Immer noch starrte ich die halb offene Tür zum Trainingsraum an und konnte nicht fassen was eben passiert war. Meine Lippe bebte und meine Finger verkrampften sich, als ich Halt in der weichen Matte unter mir suchte.

Warum hatte er das getan?

Man hatte doch an uns beiden absehen können, wie sehr wir es genossen hatten und wie uns beide das Gefühl überrannt hatte, berauscht zu werden. Berauscht von den jeweiligen Küssen des anderen und den zarten Berührungen der Hände.
Ein wohliger Schauer erklomm meinen unbedeckten Nacken, als Liams Finger erneut über meinen Bauch wanderten und diesen mit kleinen, kurzen, aber dennoch wirkungsvollen Küssen verzierte.

Ich schloss die Augen.

Seine Hand verschwand erneut in meiner Hose und berührte die Stelle, die sich wohl am Meisten nach ihm verzerrte.

Prompt stöhnte ich auf, als mich dieses schnelle Kopfkino ereilte. Doch genauso schnell war es wieder verschwunden, nachdem dieser Laut meine Lippen verlassen hatte.

Genau wie bei Liam.

War das womöglich der Grund?
Nein.
Das konnte unmöglich sein.

Er hatte mich doch bereits geküsst und geschlafen hatten wir auch miteinander. Gut, daran konnte sich niemand von uns so richtig erinnern, allerdings hatte es sich hier wahrhaftig richtig angefühlt. Richtig an dem Ort, so überraschend dieser auch war, richtig mit dem Mann und richtig in meinem Bauch. Er tanzte immer noch Pirouetten, wenn ich daran zurück dachte.
Hatte Liam das etwa nicht gefühlt? Es würde nicht das erste Mal für mich sein, etwas einem Mann gegenüber zu bringen, was dieser nicht empfand. Das hieß aber nicht, dass es nicht immer wieder aufs Neue unheimlich weh tat.

Pure Enttäuschung setzte sich in meinen Gliedern fest und der bittere Beigeschmack dieser Erkenntnis legte sich auf die Nerven meiner Zunge.
Ein fahler Nachgeschmack blieb.

Es hatte ihm nicht gefallen. Warum sonst war er so abrupt aufgestanden und einfach gegangen?

Das musste es sein.

Und das war es auch, was die Enttäuschung in Wut umwandelte.
Aufgebracht schnaubte ich auf und zog mir den restlichen Teil meiner Kleidung wieder an.

Wieso hatte es Liam dann so weit kommen lassen, wenn es ihm anscheinend doch nicht so gut gefallen hatte?
Oder wollte er einfach nur mal ausprobieren, bis wohin er die 'Kleine Sammy' bekam?

Verächtlich rümpfte ich die Nase, dieser Typ konnte gewaltig was erleben.
Meine Schritte polterten trotz nackter Füße die Metalltreppe hinunter. Louis stand verwundert in der Küche und drehte sich gerade um, als ich herunter kam, doch kaum hatte ich ihn bemerkt, war ich bereits an ihm vorbeigerauscht. Gepackt von dem innerlichen Gefühl, was meine Nerven beherrschte, was mein ganzes Zentrum in Rage versetzte. Jeder Schritt, der mich näher zu Liams Zimmer brachte, war ein Schritt, den die zornige Rage mit offenen Armen begrüßte.

the boy's girlWhere stories live. Discover now