three

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Die Insassen des U-Bahn Wagons waren beunruhigend ruhig. Keiner rührte sich, es schien, als atmete keiner der Anwesenden.
Zumindest hörte ich keinen ihrer Atemzüge, was auch daran liegen konnte, dass mein ganzer Körper, alle meine Sinne, gerade wie betäubt waren.

Eine grausame Geschichte machte sich in meinem Kopf breit, vereinnahmte meine ganze Gedankenwelt, lähmte meine Gliedmaßen und hing mir wie schweres Gift in den Venen.

Und das wahrscheinlich praktisch umsonst, da ich mir mittlerweile sicher war, dass alle, die in diesem Wagon waren, sterben mussten.
Hoseok und mir eingeschlossen.

Ein perfektes Ende für Hoseok. Wie wollte der Spielleiter das bewerkstelligen?
Ihm zeigen, wie er sich für ihn an seinen früheren Freunden, Feinden, geliebten Personen, alle die zu seinen größten Ängsten und Verzweiflungen geworden zu sein schienen rächte.
Und dafür Personen bezahlen ließ, die nur ein Symbol der eigentlichen Person darstellte, doch erschreckende Parallelen zu den Taten jeweils dieser aufwies.

Am liebsten hätte ich durch den ganzen Wagon geschrien. Dass der Spielleiter, der sich immer wieder in Hoseoks Gestalt zeigte, endlich sein Werk vollenden sollte, damit ich frei davon war.
Ich hielt dieses Spiel nicht länger aus, nicht eine Sekunde.
Seine Geschichte tat mir weh.

Sie ließ mich seinen leeren Gesichtsausdruck, welcher mittlerweile überlegend schien, berückt, viel besser einschätzen. Ich spürte beinahe den Schmerz, der in seinen Augen lag, auch wenn er versuchte diesen zu verdecken.

Hoseok.
Ein junger Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, nicht vor dieser verhängnisvollen Nacht, die uns alle in den Tod stürzen sollte.
Ein junger Mann, welcher definitiv ein besseres Schicksal verdient hatte, als dieses hier.

"Es sind nur noch ein paar Haltestellen.", hatte sich dann seine Stimme an mich gewand, doch es war nicht er, der sprach. Nicht Hoseok selbst.

Der Wagon verdüsterte sich schlagartig und schien zum Stillstand zu kommen.
Warum stoppte die Bahn?

Der Spielleiter in Hoseoks Körper, drehte sich von der Tür weg und taxierte mich mit den selben gedankenverlorenen, traurigen Augen, voller Leere aber gleichzeitig so voller Erinnerungen, dass es fast schmerzte, wie der eigentliche Hoseok, der seinen Blick meist nicht mir schenkte, aber dem was jenseits seiner Sicht liegen mochte.

Ich hatte ihn häufiger heute Nacht von der Seite beobachtet, wenn auch meist nur kurz und unauffällig.

Erst jetzt war es mir richtig aufgefallen. Und diese Erkenntnis, was wirklich in seinem Blick lag, neben unergründlicher Leere, ließ mein Herz noch mehr schmerzen, als es so schon tat.

"Du fühlst für ihn. Du fühlst alles.", sagte der Spielleiter.
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Breit und schrecklich. Schrecklich auf Grund der bestialischen Freude, die ihm seine plötzlich Erkenntnis schenkte. Hatte er es denn nicht vorher schon bemerkt? Dass ich für ihn mitfühlte?

Er klatschte in die Hände. Weiter breit lächelnd und voller feierlicher Freude.
Was ging in ihm vor, dass er sich so daran ergötzte?

"Ich sehe, du interpretierst meine Freude ganz falsch, aber es ist nicht weiter schlimm. Das kann ich dir nicht verübeln, nach all den Verwirrungen und all der Qualen Hoseoks, die du dir ansehen musstest. Die du spüren musst."

Der Spielleiter nahm auf einem der Sitze platz und richtete seinen Blick auf die gekrümmte Gestalt, welche in der Tür des Wagons stand.

Der junge Mann von vorhin sah sich verwirrt um. Legte einen angsterfüllten Blick auf mich und dann einen auf sein lachendes Gegenüber. Bei dem Spielleiter blieb er hängen und drückte sich unmerklich gegen die elektrische Tür.

Truth Seeker || jung hoseokWhere stories live. Discover now