Kapitel 2 || Teil 2

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Wie ein Fisch am Haken zu hängen war kein besonders schönes Gefühl.

Meine wunden Handgelenke schmerzten, als meine Arme an einen der Haken befestigt wurden, die von der Decke hingen. Wütend zerrte ich daran, versuchte den festen Knoten des kratzenden Seils irgendwie aufzubekommen und strampelte sogar mit den Beinen herum.

Langsam füllte sich diese seltsam edel ausgestattete Halle, und bereits vor dem Beginn der Auktion wurden wir mit neugierigen Blicken beworfen. Mit 'wir' waren ich, drei fremde Mädchen und Nico gemeint. Der unscheinbare, schwule Junge aus meiner Klasse... Es war schon fast beschämend, nun mit ihm gleichgestellt zu werden.
Wir waren beide zukünftige Sklaven, soviel hatte ich mir schon zusammenreimen können. Unglaublich, dass ich vor wenigen Stunden noch mit meiner Klasse zusammen gewesen war.

Drei Glockenschläge ertönten von draußen, wo wahrscheinlich eine Kirche stand, und die Besucher nahmen ungeduldig platz. Schon betrat ein stattlich gekleideter Mann die 'Bühne' auf welcher wir standen, und machte eine halbherzige Verbeugung. Ein ungesund heller Scheinwerfer verfolgte ihn den gesamten Weg, bis er zum ersten Mädchen kam.

„Unser erstes Exemplar ist weiblich, und ziemlich gut gebaut. Nicht älter als sechzehn, also sehr gut für Personen, die keine Gegenwehr mögen.", begann er sachlich und schenkte dem Publikum ein breites Grinsen, zog an den schwarzen Haaren des Mädchens und entblößte ihre Kehle. Abgesehen von einem weinerlichen Stöhnen kam nichts von ihr. „Auch ist sie sehr willig, und einen hübschen Hintern hat sie auch."

Nach ihr folgte Nico, der schweigend alles über sich ergehen ließ und tatsächlich etwas gelassen wirkte. Doch beim genaueren hinsehen bemerkte man die kleinen Tropfen des Angstschweißes, die langsam seinen Nacken hinunter rannen.
Nur das hysterisch an den Fesseln reißende, brünette Mädchen stand nun zwischen mir und diesem Auktionstyp. Mir wurde schlecht.

Warnend schlug dieser mit seiner flachen Hand gegen die bereits gerötete Wange des Mädchens und brachte sie somit zum schweigen. Benommen ließ sie sich hängen und unterdrückte tapfer die aufkommenden Tränen, schien aber nicht wirklich Erfolg dabei zu haben.
„Sie braucht definitiv etwas mehr Erziehung. Aber wie heißt es so schön? Sind sie zu brav, dann macht es keinen Spaß.", sprach der Mann seelenruhig weiter. „Zwar etwas dürr, aber eine schöne Oberweite!"

Warum verging die Zeit so langsam, als er auf mich zuschritt? Weshalb brannte das heiße Licht des Scheinwerfers so sehr, als es mich traf?
Bissig kniff ich meine Augen etwas zusammen und verhinderte damit, dass sie aus meinen Höhlen gebrannt wurden. Die kühle Hand des Russen strich mein Schlüsselbein entlang, ehe er begann zu reden.

„Sehr schön, hat aber bereits ein paar Narben. Ebenso ist der Kleine recht maskulin, also nichts für Besitzer die es leicht und sanft mögen." Mit den Fingerspitzen erreichte er meine Schulter und brachte mich dazu, nach ihn zu treten... erfolglos. „Den muss man wohl gefügig machen. Ich sehe dennoch großes Potential.«
Schon war es vorbei. Der Scheinwerfer war weg, ebenso wie der Typ.

Dessen Berührungen hinterließen aber dennoch ein schmutziges Gefühl auf meiner Haut.

Nachdem er das letzte Mädchen präsentiert hatte, wurden die Leute gebeten auf die Bühne zu kommen und sie die derzeitige Ware - aka uns - anzusehen. Anfassen war bis zu einen gewissen Grad sogar erlaubt, doch bei mir kam es gar nicht so weit. Anscheinend zogen die Mädchen mehr Aufmerksamkeit auf sich, als Nico oder ich. Zwar wurden wir auch beäugt, aber kaum angefasst.
Ziemlich beruhigend, im Angesicht der Tatsache.

Ein paar weitere Schläge der Uhr außerhalb des Gebäudes, und die wahre Auktion begann. Es wurde ein Startpreis genannt, der dann schnell nach oben wanderte und einigen Mitbietenden einen gewissen Ehrgeiz entlockte. Für mich jedoch... wurde nicht geboten. Keiner sagte ein Wort, als mein Anfangspreis genannt wurde.
Kein Wortgefecht.
Kein Grölen.
Bloße Stille.

Ich wusste nicht ganz, ob ich mich nun gut oder grausam fühlen sollte. Zum einen blieb ich herrenlos, was eine ziemlich tolle Sache war. Zum anderen war ich es in deren Augen nicht einmal wert, ein Sklave zu sein. Wenigstens den weiblichen Erwerbern hätte ich ein wenig gefallen können.

Der geschäftliche Teil war schnell erledigt und somit blieb ich alleine auf der Bühne, wurde erst später von ein paar Männern hinuntergenommen. Schnell verkniff ich mir ein erleichtertes aufseufzen, als meine tauben Arme endlich wieder ein wenig Gefühl bekamen. Interessiert sah ich mich in der Halle um, als ich mitgeschliffen wurde und fing den eisigen Blick des Auktionstypen ein. Doch da war noch etwas anderes... Mitleid?
So sehr ich auch überlegte, mir fiel kein wirklicher Grund ein, weshalb ein grabschender Russe Mitleid mit mir haben sollte. War ihre Gesellschaft anders? War es demütigend, wenn ein fünfzehnjähriger Junge nicht als Sklave endete?

Zu meiner Überraschung wurde ich nicht in eine Zelle gebracht, sondern wieder in den Raum, wo man mir erstmals die Kleidung abgenommen hatte. Eine finstere Vorahnung bahnte sich langsam in mein Gewissen und ließ mich laut schlucken. Da saß der Mann wieder, mit seiner glänzenden Glatze und den abschätzenden Schweinsaugen. Mit einem knappen Nicken befahl meiner Begleitung zu verschwinden, wodurch ich wenig später die Tür zufallen hörte.

„Это он?"

Beim erklingen der fremden Stimme, wandte ich mich schnell um und konnte eine Person aus den Schatten treten sehen. Schwarze, strähnige Haare und kalte grüne Augen.
Der schlanke Mann umrundete mich wie eine Raubkatze und warf den Glatzkopf dann einen Blick zu, der abermals nickte.

„Heute ist wohl dein Glückstag, рабыня.", sagte er plötzlich in meiner Sprache und brachte mich leicht zu frösteln. Ich ahnte nichts gutes. Alles an diesem Menschen schrie nach Gefahr, und machte Fluchtinstinkt wahnsinnig.
Dennoch besaß ich noch meinen Stolz, und dieser überdeckte für einen winzigen Augenblick meine Angst.

„Was redest du da, Scheißrusse? Ist das das erste Mal, dass du versuchst jemanden einzuschüchtern?"

Als Antwort kam nur ein leises lachen. Samtig, aber bedrohlich.
„Dir wird diese freche Sprache noch vergehen. Spätestens, wenn du das erste Mal benutzt wurdest."

Augenrollend verschränkte ich die Arme vor der Brust und starrte weiterhin herausfordernd in diese kleinen Smaragde. „Denkst du?"

„конечно, denn du bist nun Eigentum von Madam Cherryl.", meinte er und legte mir ohne einmal zu blinzeln eine Leine an. Eine verdammte Leine!
„Der Besitzerin des Lusthauses Erotica."

Entführt Where stories live. Discover now