1. Dezember - Schneeflocken

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Der Schnee lässt mich an sie denken.
Der Schnee, der sich wie eine weiße Decke, unter der ich mich so gerne mit ihr zusammengekuschelt hätte, über die Landschaft legt.

Auch damals hatte es geschneit, als wir uns das erste Mal trafen. Sie war in der Klasse meiner Schwester Laura, die beiden mussten ein Englisch-Referat vorbereiten.

Ich lief in die Küche, um mir etwas zu essen zu holen. Dort saßen die beiden, die gerade eine Pause einlegten. Laura - strebsam wie sie ist - überlegte schon, wie die beiden weiter vorgehen sollten, während sie bloß zuhörte. Ich lächelte sie an - oder versuchte es zumindest. Es war wohl nicht mehr als ein schiefes Grinsen. Sie lächelte nicht zurück, doch das war ich gewohnt.

Der Schnee glitzert, so wie ihre dunkelblauen Augen, wenn sie lachte, und zusammen mit dem dunklen Holz der kahlen Bäume, die links und rechts des Weges stehen, erinnert er mich immer mehr an sie. Mein Spitzname für sie war 'Schneewittchen', weil sie mit ihren dunklen Haaren und der blassen Haut der Märchenfigur so sehr ähnelte.

Es fängt wieder an zu schneien. Während die Flocken so um mich herumtanzen, denke ich zurück.

Eines Tages - es war der erste Dezember - kam Laura mit geröteten Augen nach Hause. Auf meine Frage, was denn los sei, antwortete sie mit einem genuschelten "Nichts." Doch das veranlasste mich nicht dazu, mit dem Nachhaken aufzuhören. Wie ich Laura kannte, konnte sie das Ganze nach ein paar Nachfragen nicht mehr für sich behalten.

Schneewittchen nannte sie nun schon seit einiger Zeit 'Brillenschlange', schubste Laura auf ihrem Weg aus dem Klassenraum zur Seite, drängte sich in der Kantinenschlange vor sie, nahm ihren Hefter um die Hausaufgaben abzuschreiben, obwohl meine Schwester das gar nicht wollte und klaute ihr all zu gerne den ein oder anderen Stift.

"Es ist, weil ich nicht so hübsch bin wie sie, oder?", schluchzte Laura. Sie war kaum zu verstehen, so heftig weinte sie. Ich nahm sie in den Arm.

"Weißt du was? Du bist der schönste Mensch auf der Welt! Warum? Weil du ein riesengroßes Herz hast."

Der Schnee kommt jetzt in immer dickeren Flocken vom Himmel. Der Wind pfeift mir um die Ohren und die Schneeflocken fegen mir ins Gesicht. Es prickelt auf meiner Haut vor Kälte. Ja, ich nannte sie Schneewittchen, doch ich musste erkennen, dass sie in Wahrheit die böse Königin war.

Denn wenn uns der Schnee eines zeigt, dann ist es, dass Äußerlichkeiten täuschen können.





Und schon ist der erste Dezember da! Ich glaube ich brauche euch gar nicht zu sagen wie sehr ich mich schon auf Weihnachten freue.

PS: Die Sarah aus der Vergangenheit, die diesen Text schreibt, ist schon ganz gespannt auf euer Feedback. (:

~ Sarah

Wie man eine Welt in Lametta einwickelt- Adventskalender 2017Where stories live. Discover now