chapter sixty-five

110 8 0
                                    

Ich ging mit meinem Handy durch das Haus und zeigte es Camila ein wenig, während ich es mir selbst nochmal genauer ansah.
Gerade als ich unten beim Wohnzimmer war, wurde der Bildschirm meines Handys schwarz und es ging aus. Ich hatte die Akkuwarnung-Anzeigen zuvor ignoriert und dann war es aus. Seufzend ging ich ins Vorzimmer zu meinem Rucksack und beugte mich runter. Ich kramte nach einem Kabel und einer Power-Bank. Da mein Handy komplett leer war, ging es nicht sofort wieder an, als ich es ansteckte. Mit dem Akku und meinem iPhone in der Hand, ging ich in die Küche, weil mein Magen grummelte. Ich konnte nicht ganz glauben, dass ich tatsächlich in Harrys Küche stand.
So wie er es mir gesagt hatte, öffnete ich den Kühlschrank und darin waren haufenweise frische Lebensmittel. War Harry nicht das letzte Mal vor drei Wochen zuhause gewesen? Hatte er Leute, die für ihn seine Einkäufe erledigten, bevor er nachhause kam?
Ich nahm mir einen Joghurt und schloss den großen Kühlschrank wieder.
In der dritten Schublade, die ich öffnete, war dann Besteck. Ich traute mich fast gar nicht, irgendwas anzufassen, oder zu benutzen, weil alles fast klinisch sauber war. Nicht nur in der Küche, im ganzen Haus war es sauber und aufgeräumt. Mir war bewusst, dass die Ordnung nicht Harry machte, sondern er Putzfrauen hatte, aber es war trotzdem beeindruckend. Mir fiel auf, dass man aus der Küche, einen Durchgang zum Esszimmer, oder wie Harry es so schön genannt hatte "keine Ahnung, Eingangsbereich ich bin hier nie"-Zimmer, hatte. Ich nahm meinen Joghurt und mein Handy und setzte mich an den großen Tisch. Über mir sah ich den Himmel, der schon dunkler wurde, weil die Sonne schon längst dabei war unterzugehen. Bedacht darauf nichts schmutzig zu machen, aß ich vorsichtig und sah auf mein Handy. Als ich erneut versuchte Camila zu erreichen, ging diese nicht mehr ran. Seufzend schloss ich FaceTime wieder und ging auf Instagram und scrollte gelangweilt durch meine Timeline.

Fertig mit dem Essen, stand ich auf, um den Becher wegzuschmeißen. Harrys Küche war so groß und verwirrend. Ich konnte den Geschirrspüler einfach nicht finden, weswegen ich den Löffeln in die Spüle gab. Mein Handy läutete und ich nahm es von der Ablage.

»Und wie läuft es? Brennt mein Haus? hahaha« schrieb Harry.

»Nein, noch nicht. Ich habe mich bewusst für einen Joghurt entschieden, weil der schwer von alleine entflammbar ist.« schrieb ich frech zurück.

»Also du findest dich zurecht. Falls dir langweilig ist, geh in das Wohnzimmer, dort kannst du dir einen Film ansehen oder sowas.«

»Musst du nicht irgendwie arbeiten und produktiv sein? Haha« fragte ich ihn und er fing direkt an zu antworten.

»Ja, eigentlich schon. Aber wenn Kameraeinstellungen gemacht werden, muss ich einfach rumsitzen und gut aussehen.« war seine Erklärung und ich musste laut auflachen.

»Und mit sowas verdienst du dein Geld, Harold.« schrieb ich, weil ich es mochte, wie die Stimmung zwischen uns wieder lockerer wurde.
Enttäuscht stellte ich fest, dass er schon wieder offline war und sperrte mein Handy. Ich befolgte seinen Rat und begab mich zum Wohnzimmer. Die Couch sah schon von Weitem so weich und einladend aus, dass ich wusste, ich würde nicht mehr aufstehen wollen, wenn ich einmal drin lag. Meine Vermutung bestätigte sich, als ich mich hinsetzte. Sie war wahrscheinlich ein Vermögen wert und roch nach Harry. Ich wollte nie wieder aufstehen. Auf dem Couchtisch vor mir, waren perfekt sortierte Fernbedienungen. Überfordert welche davon wofür war, nahm ich die äußerste von rechts und drückte auf den kleinen roten Knopf. Plötzlich ertönte geleichmäßig um mich herum ein Ton. Das war wohl die Stereoanlage. Ich sah mich um und tatsächlich, waren in den Ecken an der Decke, neben der Couch und um den Fernseher Lautsprecher. Ich nahm die nächste Fernbedienung und drückte den Knopf zum Einschalten. Tatsächlich ging der Fernseher an. Ich ging auf Netflix, suchte irgendeinen Film raus, damit er einfach im Hintergrund lief. Als ich auf Play drückte, zuckte ich zusammen, weil die Boxen um mich viel zu laut waren. Schnell griff ich nach der ersten Fernbedienung und drückte auf das Minus, aber statt, dass die Lautsprecher leiser wurden, ging ein Gebläse über mir an. Kalte Luft kam von oben und ich drückte schnell wieder auf den Ausschaltknopf. Ich griff nach der anderen Fernbedienung, diesmal nach der Richtigen, und machte das Soundsystem leiser.

»Du solltest deine Fernbedienungen beschriften« tippte ich in Harrys Chat, löschte es dann aber wieder.
Ich wollte ihn nicht stören, wenn er arbeitete. Beim Versuch mich auf den Film der lief zu konzentrieren, kam ich mit meinen Gedanken ab. Ich dachte über Harry nach. Warum vertraute er mir so sehr und ließ mich einfach so alleine in seiner Villa? Also er war nicht derjenige von uns beiden, dessen Vertrauen missbraucht wurde, aber es war trotzdem nicht selbstverständlich gewesen. Ich machte mir Gedanken darüber, wie es weitergehen sollte. Weil es mich so interessierte, googelte ich Harrys Tour-Daten und sah mir an, wo er auftrat und wo es somit für mich hinging.
So wie er es mir gesagt hatte, blieben wir vorerst in Europa. Zumindest die darauffolgenden zwei Wochen. Danach ging es direkt nach Sydney, Singapur und Tokyo. Es waren einige Städte für Asien geplant und meine Vorfreude stieg. Zwischen Japan und Amerika waren nur Argentinien, Mexico und Brasilien. Auf die USA freute ich mich am meisten. Ich freute mich auf die Städte, aber ob ich mich auf die Zeit mit Harry auf so engem Raum freute, war die Frage. Vermisst hatte ich ihn, das konnte ich nicht abstreiten. Aber genauso, konnte ich mein komisches Gefühl ihm gegenüber nicht einfach abwerfen.
Ich sah auf die Uhr und Harry hätte in ungefähr einer Stunde wieder da sein sollen. Eine Müdigkeit überkam mich und ich legte mich hin, um den Film weiter anzusehen. Meine Augenlider wurden schwer und ich schlief ein.

love destroyed through glory | [H.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt