Kapitel 10

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Als ich vor Kälte zitternd in die Cafeteria kam, waren alle an einem Tisch. Tracie unterhielt sich mit dem Neuen, Chris hatte ein junges Paar bei sich, die mit starren, ernsten Blicken und gestikulierenden Händen beredeten. Viele Blicke lagen auf mir, empört, verwirrt, geschockt. Sharons Augen waren weit, ihr zitternder Körper passte nicht zu den Unbekümmerten Mika's und Dobby's. Kein Pfleger hatte je gegen eine Regel verstoßen, kam nie zu spät in die Cafeteria.

Kaltschweiß kühlte mit der Luft meine Haut. Als ich beim Tisch ankam klirrten Stühle, Chris und die zwei Fremden trugen wortlos höhnend ihre Tablette davon, sobald ich in ihre Nähe kam. Scheu lächelte mir Tracie zu, ignorierte die Davongehenden. "Alles klar bei dir Harry?"

Nach geschockten, tröstenden und sorgenvollen Blicken Tracies beendete ich meine Beichte. Das Essen, das Liam mir netterweise geholt hatte, rührte ich nicht an. Etwas wie Lampenfieber blieb drückend in meinem Bauch, ein Schmerz schlimmer Vorahnung. Ein Zittern vor Angst, vor Sorge um Louis, den ich einfach gehen ließ.

Tracie erklärte mir wieso Chris Abstand von mir hielt. Sie hatten etwas mit ihnen beredet, das ich nicht erfahren durfte. Chris dachte ich hatte mich auf die Seite des Instituts geschlagen. Aber was Chris vorhatte, was Tracie und Liam wussten, war etwas Gutes - eine Art rebellische Hoffnung. Als Verräter bin ich sie noch nicht wert, ich wollte sie. Denn es war ein mir noch unbekannter Schritt in Richtung Louis' Freiheit.

Es war das erste Mal das Liam sprach: "Eigentlich ist es ziemlich schlau. Wir haben so wenig Wissen. Wird Harry als Arzt eingestellt ist er ein Art Spion." "Er hat Recht", eine sanfte kleine Mädchenhand legte sich auf meine, ihre Stimme wird weich wie klebriger Honig mit schmerzender Sorge. "Alles wird gut werden." Als ich aufblickte erdrückte mich ihr angstvoller Blick in die Tiefen der Realität. "Harry, ich werd' es dir nicht nochmal sagen, aber du solltest zum Arzt oder so." Ich schüttelte den Kopf. "Alles okay."

Flashback

Der Weißhaarige drehte sich um. "Leute, wir haben so eben ein neues Mitglied in unserer Gruppe bekommen", sagte er feierlich. Brennend neugierige Blicke trafen mich kurz und stumpf von draußen. Das Gerät im Gang summte. Er widmete sich wieder mir. "Du hättest das ruhig früher sagen können."

Kabel 31 an 18, hörte man von draußen. Dieser Mann vor mir war der einzige Grund, wieso meine schwachen Beine nicht zu Louis stolperten. Er war voller Leben, fing an schnell zu reden. "Du bist hiermit zum C befördert, einen offiziellen Abschluss hat hier niemand. Keine Sorge, du kannst dich zum B hocharbeiten. Also, Essen gibt es ab nun für dich um 17Uhr, danach treffen wir uns einfach wieder hier und jemand zeigt dir alles. Und weißt du was? Du darfst über die Wochenenden hierbleiben. Willst du das? Der Tagesplan ist derselbe, nur wie sind endlich unter uns." Ich konnte nichts außer nicken, alle Lebenskraft dagegen kämpfend nicht zu Louis zu rennen. Sah er nicht wie sehr es mir widerstrebte wie er zu werden? Mit wieviel Angst ich ihm entgegentrat?

"Gut, bis Morgen. Ich hab zu tun. Heute solltest du noch in die Cafeteria gehen."

Ohne Abschied fand er sich wieder in seiner Arbeit im helleren Gang. Befangen sah ich das Gerät, mit Zahlen in verschiedenen Farben auf verschieden farbigen Kabeln, vorbeirollen. Es vibrierte unter meinen Füßen und die Stimmen der etwa fünf Menschen gaben Auskunft und Kommando. Ein dickes blaues Kabel baumelte in vorahnendem Schrecken, in die Richtung aus dem das Gerät hergerollt wurde.

Junge braune Augen in mädchenhaften Wimpern flatterten neugierig und verzweifelnd bittend in meine Richtung, auf ihrem Kopf saßen Hasenohren. Im Nacken blinzelte, zwischen ihren ungepflegten kastanienbraunen Strähnen, eine Abbildung eines Körpers hervor, dessen blaue Beine abwechselnd und in ihrem Schritttackt rot aufleuchteten. Ein junger Blonder mit weißen Pfaunfedern am Rücken, schüchtern schwarze Augen mit schüppig grauer Haut und einem Echsenschwanz zwischen Shirt und Hose, wildes schwarzes Jungenhaar und starke Panterbeine, hüftlanges welliges Mädchenhaar und große braune Vogelflügel um ihren Körper geschlungen, ungepflegtes schwarzes Mädchenhaar, weißes Fell in befleckter Oberfläche auf ihrer Haut und Wolfsohren, hellblondes Haar und ausgebreitete große Schmetterlingsflügel, ein schwarzhaariger mit schwarzem Katzenohren und Schwanz anmutig schwingend. Zu schnell zogen sie an mir vorbei. Wunderschöne Wesen, brennend bittende Augen und vernarbte bis bläulich befleckte menschliche Glieder und animalische Auswüchse. Dahinter, der schönste Junge, nur er schaute mich nicht an. Louis blickte scheu zu Boden, seine Beine bewegten sich wie automatisch als ich ihm, als letzten der Grupper, hinterherblickte. Abwechselnd leuchteten die Abbilder seiner Beine auf seinem Nacken, dort wo das Kabel endet. Der Traum zog an mir vorbei, ließ mich in Kälte zurück.

Hoffnungsschimmer (Kapitel 4-24)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt