Kapitel 2

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Ich wollte etwas sagen, aber aus meiner Kehle kam nur ein merkwürdiges Gekrächze. Mir wurde ganz schwindelig und schlecht. Hustend hielt ich mich an der Autotür fest und probierte verzweifelnd, richtig ein und auszuatmen. Das konnte doch nicht sein, Mark war tot! Er konnte nicht da sein, das ging nicht! Ich drehte mich vorsichtig um, dabei eine Hand krampfhaft ans Auto gekrallt. Ich schloss dabei meine Augen, um sie kurz nach einer halben Umdrehung wieder zu öffnen. Aber vergeblich. Niemand stand dort! Nichts bewegte sich und auch nichts derartiges konnte man hören.
-Was?-, nuschelte ich leise vor mir hin und rutschte an der Autotür in den kühlen Schotter entlang. Sofort hörte ich die unregelmäßigen gedämpften Schritte meines Freundes, die immer schneller wurden. Sein Blick wurde panisch als er sah, dass ich wie vom Donner gerührt am Boden saß und stur gerade aus richtung Wald starrte. Erst jetzt realisierte ich wirklich, was ich gerade gesehen habe und sprang auf.
-Da war Mark!-, schrie ich und kriegte fast keine Luft mehr.
-Er war da! Genau dahinten!-.
Ich zeigte auf die Bäume und Büsche, wohinter ich ihn gesehen habe. Das Bild in meinen Kopf wurde immer klarer und erst jetzt fing ich an alles richtig zu begreifen.
-Alles gut, Hayden. Alles ist gut.-, sagte er und zog mich zu ihm in seine Arme. Mit einer beruhigenden Atmen gab er mir einen Kuss auf die Stirn.
-Du halluzinierst nur-, flüsterte er mir ins Ohr und drückte mich noch fester an seine Brust.
-Nein! Du verstehst das nicht! Ich habe ihn wirklich gesehen!-, erwiderte ich mit einer verzweifelten Stimme.
-Alles gut-, wiederholte er sanft, -Es geht gleich vorbei-.
Was?! Nichts ging vorbei. Es war keine Halluzination. Wieso verstand er das nicht?
-Du verstehst das nicht!-, sagte ich jetzt leicht wütend und drückte mich von ihm weg.
-Ich weiß was ich gesehen habe, ich bildete mir das nicht ein!-.
Nun schossen mir Tränen in die Augen und ich wurde unsicher. Wie kann das sein? Er ist tot, er ist tot, er ist tot, wiederholte ich ständig in meinen Kopf. Aber eine andere Stimme in mir wusste genau, das das keine Einbildung war.
-Er war da! Ganz sicher!-.
-Hayden, lass das, du hast nichts gesehen. Jetzt Steig ins Auto, beruhige dich, und dann fah-.
Er wollte gerade zu Ende reden, als ich ihn lauthals unterbrach.
-Ich habe ihn gesehen!-, schrie ich und wurde richtig wütend. Mein Freund guckte mich mit aufgerissenen Augen an und sein Blick änderte sich schlagartig. Der liebe, und gleichzeitig verwirrte Ausdruck in seinem Gesicht verwandelte sich in einen sauren und genervten.
-Hayden!-.
-Nein! Nichts Hayden!-, sagte ich wütend und machte die Autotür auf.
-Ich möchte nach Hause-, sprach ich leise und stieg ins Auto. Im Augenwinkel konnte ich seinen wütenden und enttäuschenden Gesichtsausdruck sehen. Nun setzte er sich ebenfalls in den Wagen und fuhr mich wortlos nach Hause.

Schweigsam machte ich die Autotür auf uns stieg aus. Bevor ich die Tür vom mehrstock Haus aufmachte, drehte ich mich noch ein letztes Mal um. Mein Freund schaute stur nach vorne und zog es nicht in Erwägung, noch einmal nach mir zu schauen. Bevor ich die Tür aufschließen konnte, war er mit seinem Porsche schon um die nächste Ecke gefahren. So ein Idiot, dachte ich leise und schloss die Tür auf. Mit einen seufzen ging ich die Treppe hoch in die dritte Etage. Dortselbst öffnete ich meine Wohnungstür. Ein komischer Duft stieg mir in die Nase, sobald ich hineintrat. Verwirrt legte ich den Schlüssel auf den Schuhschrank und zog meine Schuhe aus. Unbeachtet schmiss ich sie hinter mir und lies meine Jacke ebenfalls auf den Boden fallen. Wieso glaubte er mir nicht?Wütend ging ich in die Küche und setzte mich hin. Meine Wohnung war klein. Nicht mehr als fünf Räume. Ich schaute mich ein bisschen um, währenddessen leise Musik im Radio lief. Ich habe sie vor ungefähr drei Wochen erworben, weshalb sie auch noch nicht fertig war. Allein in der Küche standen unzählige Umzugskartons. Alles stand kreuz und quer herum. Eigentlich hasste ich Unordnung. Aber was konnte ich einräumen, geschweige denn umräumen, wenn selbst das Bad voll war. Überhaupt war meine Wohnung ein einziges buntes Chaos. Mein Freund sollte eigentlich morgen vorbei kommen und mir beim sortieren und umstellen der Kisten helfen. Doch ob er wirklich kommen würde, wag ich zu bezweifeln. Wir haben uns noch nie so richtig gestritten. Das hier, war das aller erste mal und es fühlte sich schrecklich an. Plötzlich musste ich grinsen. Ich erinnerte mich daran, wie wir uns kennengelernt haben: Nach dem Vorfall nachts in der Uni wurde ich schwer verletzt und kam verständlicher Weise in ein Krankenhaus. Nach zwei Wochen Aufenthalt habe ich einen neuen Pfleger bekommen. Und jetzt kann man sich denken wer es war. Mein heutiger Freund. Alleine die Art wie er sich vorgestellt hat, brachte mich ins schmunzeln. Er klopfte damals an und kam wortlos herein. Danach hielt er mir ein Stück Pappe mit einer Aufschrift vor die Nase. Ich probierte mich wieder an seine Worte zu erinnern als er sich vorgestellt hat. Aber er hatte sich nicht mit Worten vorgestellt, sondern mit einem Schild:

Mein Name ist Lion Hardware
Ich bin 21 Jahre alt
Gehe bald auf die Universität in Bradford
Mache hier mein Praktikum zu Ende
Bin für eine Woche dein neuer Pfleger
(Und schreibe das alles auf, weil ich Halsschmerzen habe)

Dahinter hatte er noch einen Smiley gemalt.

Dieser Moment war der erste seit Marks Tot, wo ich wieder gelacht habe. Naja, gelacht ist ein bisschen übertrieben. Ich habe eher geschmunzelt. Trotzdem war er der erste, der mir seit Wochen das erste mal ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.

Aufeinmal wurde mir klar, wie verrückt alles klang. Wie krank und bescheuert sich das anhören musste. Kein Wunder wenn mir Lion das mit Mark nicht glaubte. Es klang komplett verrückt. Ich lachte als es mir bewusst wurde und ich fing an, mir sorgen zu machen. Ich war mir zwar die ganze Zeit sicher gewesen, dass ich ihn gesehen habe, aber wie war es möglich?
Es gab nur eine Möglichkeit um das heraus zu finden:
Ich musste selbst nach gucken.

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Hey Leute 🌷,

hier ist wieder ein neues Kapitel.
Ich hoffe es gefällt euch 💗😊
Ansonsten noch einen schönen Tag 🌺

Nineteen- Wenn eine Zahl zum Leben erweckt Where stories live. Discover now