Kapitel 6

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Ich saß auf meinem ledernden Sessel und starrte in die Leere. Die Lampe über meinem Kopf flackerte und das Fenster hatte nichts besseres zu tun, als die ganze Zeit gegen die Wand zu schlagen. Ich hatte vergessen es zuzumachen, als ich vor einigen Stunden die Wohnung verlassen habe, und jetzt fühlte es sich an, als ob in meiner Wohnung der Winter ausgebrochen war. Doch statt es zuzumachen, saß ich auf meinen geliebten Sessel und dachte über die letzten Stunden nach. Seitdem ich den Zettel gefunden habe, schwirrten mir ständig diese Gedanken und Fragen durch den Kopf.
Wie konnte es sein, dass Lion den Zettel nicht gesehen hat? Ich meine, er stand doch neben mir. Ich hatte ihn wahrscheinlich nicht gesehen, weil ich total traumatisiert war (und noch bin) und deshalb alles um mich herum ausgeblendet habe. Aber was war mit ihm?
Das Klingeln eines Telefons riss mich aus meinen Gedanken und daraufhin quetschte ich mich mühsam aus dem warmen Sessel und ging zum Telefon, welches im Flur auf einen kleinen Beistelltisch lag. Doch als ich abnahm, war keiner dran.
-Hallo?-, fragte ich mit rauer Stimme.
-Komisch-, sprach ich leise vor mir hin, als niemand antwortete und zog eine Augenbraue hoch. Dies passierte mir in letzter Zeit ziemlich oft. Vielleicht hatte es ja etwas mit der Verbindung zutun. Ich hatte vor ins Schlafzimmer zu gehen und mich umzuziehen. Denn als ich an mir herunter sah, war meine Jeans voller Dreck und mein Oberteil, sowie mein ganzer Körper, sahen auch nicht gerade besser aus. Deshalb beschloss ich gleich zu duschen, machte die Tür des Badezimmers auf und spürte direkt einen stechenden Schmerz in meinen Knien und Handgelenken. Ich hatte die ganzen Kartons im Bad total vergessen und mich dann hingelegt. Ich stöhnte und rappelte mich wieder auf. Dann fiel mein Blick auf die große Wanduhr neben meinem Spiegel.

4:23

Halb fünf?!
Ich streifte mir die Sachen vom Leib und stieg in die Dusche. Es war angenehm zu spüren, wie das warme Wasser auf meinen Körper prasselte.

Immer noch deprimiert und verwirrt ging ich in mein Schlafzimmer und wickelte mir dabei ein Handtuch um. Ich zog den großen, weißen Kleiderschrank auf, welcher ein begehbarer war, und auf den ich sehr stolz war. Schon als 10-jährige hatte ich mir so ein Teil gewünscht und schon immer für so etwas gespart. Denn so ein Ding war nicht gerade billig. Aber dafür konnte ich wirklich hineingehen. Nicht nur darin stehen, sondern ebenfalls einige Meter darin laufen.

Jaaaaaaa, es war ein riesiger Platzfresser, weshalb mein Schlafzimmer der größte Raum in meiner, und generell allen Wohnungen in diesen Hochhaus war. Ebenfalls ein kleiner Grund dafür, dass ich diese Unterkunft hier gekauft habe. Aber nur ein kleiner, denn der Hauptgrund, weshalb ich hierher gezogen bin, ist natürlich die Hunboldt-Universität in Berlin. Ich hätte natürlich in ein Studentenwohnheim ziehen können, aber da, finde ich, hat man nicht seine gewohnten Freiheiten. Wie dem auch sei, mit einem kritischen Blick und suchenden Augen stellte ich mir im Kopf schon mein Outfit für den heutigen Tag zusammen. Schließlich entschied ich mich für ein weiß enganliegendes Oberteil, einer schwarzen Hose mit Gürtel und nahm einen schwarzen Joker von meiner weiß lackierten Kommode. Diesen Halsschmuck hatte mir Lion vor ein paar Wochen geschenkt, als wir zusammen für ein paar Tage in Köln gewesen sind. Er hatte einen echten Rubin in der Mitte und war wunderschön verarbeitet.

Plötzlich stieg mir wieder dieser komische Geruch in die Nase. Es war der Geruch von vorhin, nur dass man ihn nicht mehr so stark roch. Ich legte meine Sachen aufs Bett und ging zu meiner kleinen Kommode. Ich wollte jetzt herausfinden, was es mit dem Männergeruch auf sich hatte. Ich öffnete die kleine Schublade und sah einen Brief. Stirnrunzelnd nahm ich ihn heraus und betrachte ihn. Es war auf jeden Fall nicht meiner. Ich hielt meine Nase davor und schnupperte.
Eindeutig.
Der Geruch klebte förmlich am Brief.
Ich schaute ihn genauer an.
Es war kein Absender enthalten.
Nur ein Empfänger.
Aber die krakelige Schrift konnte ich nur schwer entziffern.

S*m **n*er

Mehr konnte ich nicht erkennen.
Ich strich meine langen blonden Haare hinters Ohr und überlegte.
Sollte ich den Brief öffnen?
Und wie kam er hierher?
Vielleicht hatte der Postbote sich bei der Hausnummer vertan?
Ne.
Kann nicht sein.
Erstens: Hätte ich sowas ja bemerkt wenn ein falsch adressierter Brief bei mir im Briefkasten landen würde.
Und zweitens: Wie konnte der Brief überhaupt irgendwo abgegeben werden, wenn man noch nicht mal den Empfänger ablesen konnte?
Aber wie kam er dann hier rein?
Plötzlich spielte ich mit dem Gedanken, dass jemand in meiner Wohnung war, während ich weg gewesen bin, oder noch schlimmer, noch in meiner Wohnung ist.
Nun bekam ich Angst und drehte mich um.
-Hallo?-, fragte ich vorsichtig und trat einen Schritt vor.
Als ob dir jetzt ein Einbrecher freiwillig antworten würde, hörte ich meine innere Stimme sagen.
Stimmt, sagte ich zu ihr und biss nervös an meiner Oberlippe herum.
Doch anstatt meine ganze Wohnung zu durchsuchen, drehte ich mich wieder um und versuchte möglichst nicht durch zudrehen.
Kann es sein dass momentan nur gruselige und unerklärliche Sachen in meinem Leben passieren?
Ich probierte vorsichtig den Brief zuöffnen, aber ohne ihn zu sehr zu beschädigen. Dann zog ich das Blatt aus dem Umschlag heraus und fing an die ersten Zeilen zulesen. Also ich hatte vor sie zulesen.
Aber dort stand nichts.
Kein einziges Wort.
Nur ein leeres, vergilbtes Stück Papier mit dem gleichen paar Buchstaben drauf, die ebenfalls auf dem Umschlag standen.
Langsam bekam ich es mit der Angst zutun. Wieso passieren mir immer so unerklärliche Dinge?
Voller Misstrauen stand ich auf und ging auf meine große Kommode zu. Was auch immer das zu bedeuten hatte, ich beachtete es nicht mehr und steckte es ganz hinten in die unterste Schublade. Dann zog ich mich an und tapste ins Bad. Mein Gesicht sah kalt und blass aus und meine langen hellblonden Haare, die sonst immer wunderschön auf meinem Rücken hinunter fliesten, lagen heute glanzlos auf meiner Schulter. Ich war keine besondere Schönheit. Ich hatte ein, wie ich finde, eher längliches Gesicht und meine Augen waren blau-grau. Das typische blond-blauäugige Mädchen. Meine Lippen waren immer aufgeplatzt, weil ich leider Gottes die Angewohnheit hatte, ständig an meinem Lippen herum zuknibbeln.
Vielleicht sollte ich mal mehr über mich verraten:
Mein vollständiger Name ist Hayden Sophia Lucía Trinket.
Ja. Meine Eltern kommen aus vielen verschiedenen Ländern.
Mein Vater kam zum Beispiel zur Hälfte aus Südamerika und Deutschland. Und meine Mutter kam zur Hälfte aus England und ebenfalls aus Deutschland. (Deshalb die vielen verschiedenen Namen. Meine Eltern konnten sich nicht richtig entscheiden und haben deshalb gleich drei Namen gewählt) Ich wurde aber in Deutschland geboren und wohne auch hier. Genauer gesagt in Berlin. Hier wohne ich alleine in meiner kleinen Wohnung und studiere auf der Hunboldt-Universität Medizin. Arzt zu werden war schon immer mein größter Traum, seit ich klein war.
Ich bin 21 Jahre alt.
Die Story von Manchester kennt ihr ja schon ein wenig. Ebenso wie ihr die Story von Mark schon ein wenig kennt.
Mark.
Jaaaaa, Mark.
Allein wenn ich schon seinen Namen hörte könnte ich wieder losweinen und mich in der nächsten Ecke verkriechen.
Ich habe ihn mit 15 Jahren auf einer Party meiner besten Freundin kennengelernt. Ab da an ist wohl mehr draus geworden und wir haben uns immer regelmäßiger getroffen. Nach ein paar Monaten waren wir dann unzertrennlich und glücklich verliebt.
Als wir beide mit dem Abi fertig waren, wollten wir studieren. Also beschlossen wir nach Berlin zuziehen und dort auf der Hunboldt-Universität ein Studium anzufangen.
Ab da fing dann das ganze Theater an.
Aber dazu kommen wir mal wann anders...

Mark Schäfer
Früherer Status: mein Freund (fester Freund)
Er war das wichtigste Bestandteil aus meinen Leben, welches sich aber nach einem gewissen Vorfall an der Uni in Luft aufgelöst hat.
Er war zwei Jahre älter als ich, trotzdem sah er aus, als würde er noch ein Teenie sein.
Er hatte grün-graue Augen und dunkelblonde Haare, die paar hellblonde Strähnchen beinhalteten. Er hatte ein süßes, schüchternes Lächeln und an der linken Wange ein paar Grübchen. Ich fand, er sah aus wie Cody Christian von die Pute von Panem. Er hatte es zwar immer lachend abgestritten, aber ich glaube er wusste dass er ihn sehr ähnlich sah. Auf jeden Fall hatte ich ab dem Tag, als ich den Film geguckt und das herausgefunden habe, ihn Peter Malarkey eingespeichert.
Als Strafe hatte er mich Petunia Evershort eingespeichert. Ebenfalls von die Pute von Panem. Ich schmunzelte als ich darüber nachdachte.
Er hatte den besten Charakter überhaupt, doch als dieser Vorfall auf der Universität passiert ist, hatte er sich verändert. Er wurde immer gröber zu mir und ich hatte im Gefühl, dass er all seine Fröhlichkeit verloren hat und nur noch auf Rache ausging.

Mein grummelnder Magen knurrte und ich spürte wie er sich zusammen zog.
-Ja ja, du kriegst gleich was-, sagte ich zu mir selbst und trabte in die Küche.
(Ebenfalls eine Angewohnheit von mir:
Ich sprach öfters mal mit mir selbst, was mich schon manchmal in peinliche Situationen gebracht hat.)
Dort nahm ich zwei Eier aus dem Kühlschrank, erhitzte ein wenig Butter in der Pfanne, und schlag anschließend die Eier an der Pfanne auf.
Nach ein paar Minuten war das Rührei fertig und ich pfefferte es auf einen Teller. Es wunderte mich überhaupt, dass ich Hunger hatte, aber anscheinend hatte ich es einfach. Schlürfend holte ich einen fertigen Kakao aus dem Kühlschrank und schüttete ihn in meine Lieblingstasse. Mir fiel ein, dass die Zeitung sich schon in meinem Briefkasten befinden muss.
Ich schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn, als ich ohne Haustür- und Briefkastenschlüssel meine Wohnung verlassen wollte. Dann fischte ich mein Schlüsselbund vom Schlüsselbrett und rannte nach unten zum Haupteingang des Hochhauses um die Zeitung zu holen. Hektisch schloss ich den Briefkasten auf, denn ich wollte auf keinen Fall kaltes Rührei essen. Die Klappe des Kastens fiel nach unten und mir sprang direkt die groß Schlagzeile auf der Titelseite entgegen:

Berlin: Unbekannter buddelt mitten in der Nacht ein Grab aus
Polizei ist den Psychopathen hinterher



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Hallöchen zusammen! 😋
Hier ist wieder ein neues Kapitel.
Wie findet ihr es?
💛🧡❤️💚💙💜
Übrigens:
Ich habe ein neues Cover!
Es ist von Callamelia und wie ich finde, ist es echt cool geworden. 😊
Wie findet ihr das neue Cover? ☺️
Also ein großes Danke an dich.
Schaut mal bei ihr vorbei!
Ich würde mich sehr freuen wenn ihr einen Vote dalassen würdet und einen Kommentar 💜

Liebe Grüße
LifeforStyles_0906

Nineteen- Wenn eine Zahl zum Leben erweckt Where stories live. Discover now