1. Kapitel

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Ich konnte mich noch genau daran erinnern, es war der 17. Juli 2005. Als wäre es gestern gewesen. An diesem Tag sollte ich Stella kennenlernen. Ein kleines, super süßes Mädchen von meinem Blut. Meine Mutter hatte mir schon Bilder von ihr gezeigt und obwohl ich sie noch nie gesehen hatte, hatte ich dieses kleine, hilflose Wesen mit den großen Augen tief in mein Herz geschlossen... Meine Schwester... Meine süße Schwester. Ich habe sie geliebt. Ich wäre ihr ein guter, großer Bruder gewesen, hätte immer auf sie aufgepasst... Ich hätte nicht zugelassen, dass ihr jemand unrecht tut, wäre immer für sie da gewesen. Wie ein Bruder eben.

Den ganzen Tag saß ich aufgeregt in meinem Zimmer und habe nur darauf gewartet, dass der Anruf kam, der mir sagte, dass ich meine Mutter und die kleine Stella besuchen dürfte. Mein ganzer Körper war schon total zittrig vor Anspannung und allein bei dem Gedanken, das unschuldige Wesen von einer Schwester in meinen Armen zu halten, machte mich fast wahnsinnig. Schon immer hatte ich mir ein Geschwisterchen gewünscht, am liebsten eine Schwester und die Vorfreude war groß. Mein Traum sollte in Erfüllung gehen. Eine kleine Schwester....

Zwar war ich schon 17, aber das machte mir nichts. Wenn Stella in der Pubertät war, würde ich schon erwachsen sein und wenn sie dann Probleme mit Jungs hatte, würde sie immer zu mir kommen können. Wenn sie Stress mit Mama hatte, würde sie immer zu mir kommen können. Sie würde allgemein immer zu mir kommen können. Und ich würde ihr helfen, um sie sorgen, sie beschützen.

Aber... Der Anruf kam nie.

Mehrere Stunden hatte ich dort gesessen, im Zimmer, gewartet. Umsonst. Und mit jeder Minute bekam ich ein unwohleres Gefühl. War etwas schief gegangen? Hatte meine Mutter die Geburt nicht überlebt? Hatte es andere Komplikationen gegeben? Oder dauerte die Geburt einfach nur lange? In solchen Momenten spukten einem ja die unheimlichsten Gedanken durch den Kopf. Schrecklich...

Doch letztlich verstrich der ganze, restliche Tag ohne einen Anruf, ohne ein Lebenszeichen, obwohl Mama es mir doch versprochen hatte, da ich meine Schwester so unbedingt kennenlernen wollte.

Ich saß da bis tief in die Nacht. Traute mich nicht, schlafen zu gehen. Was, wenn der Anruf dann kam und ich ihn verpasste? Das würde ich mir nie verzeihen.

Am Ende musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, lag ich allein auf meinem Sofa und draußen ging bereits die Sonne auf. Aber nicht für mich. Denn der ganze Tag sollte für mich in ewiger Nacht gehüllt bleiben.

Meine Mutter kam gegen Nachmittag schon zurück.

Ich werde den Anblick nie vergessen.

Wie blass sie war... Wie sehr sie geweint hat... Wie aufgelöst sie wirkte...

Stella hatte sie nicht mitgebracht.

Denn Stella hatte anscheinend nie gelebt.

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Ein recht trauriger Einstieg in diese ff... Hoffe, ihr bleibt trotzdem am Ball... Es wird selbstverständlich wieder Kürbistumor geben, aber dieses Mal wird es auf einer etwas ernsteren Basis passieren... Aber ja! Viel Spaß beim Lesen und ich hoffe, dass ihr wieder so viel Spaß habt wie bei meinen anderen ff's.

~Alina <3

Brüder küssen sich nicht. || KÜRBISTUMOR Where stories live. Discover now