Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

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Nebel kroch zwischen den rauen grauen Steinen hindurch als wollten sie vermeiden die Toten zu wecken. Unter meinen nackten Füßen fühlte ich das nasse Gras das mit winzig kleinen Tautropfen besetzt war. Die Kälte kroch an meinen Beinen hoch die in meinen grauen Lieblingsjogginghosen steckten. Wie kleine Nadelstiche kroch sie über meine Haut. Frierend zog ich meinen Kapuzenpulli enger an mich und drehte mich in alle Richtungen. Mein Atem stieg in Dampf vor mir in die Luft. Das Licht des Vollmondes warf ein schwaches Licht auf mich. Er war einer der wenigen Lichtquellen. Einige wenige Straßenlampen brannten doch diese waren viel zu weit von mir entfernt.

Verwirrt sah ich mich um: Schatten krochen unter den Bäumen die sich leicht im Wind bewegten. Das flattern von Flügeln und der Ruf verschiedener Vögeln drang durch die bedrückende stille. Feuchtigkeit durchdrang meine Kleidung und lies mich zittern.

Wie zum Teufel kam ich hier her? Gerade noch war ich auf meinem Bett und las in einem Buch. Und nun war ich hier: Auf einem Friedhof. Was ging hier vor?

Angestrengt dachte ich nach. Ich drehte mich langsam um meine eigene Achse während der Nebel um mich herum immer dichter wurde. Er waberte über die Grabsteine und nahm mir die Sicht. Verärgert lies ich die Schultern sinken. Wäre ich ein Geschöpf der Nacht konnte ich hier wunderbar sehen und müsste nicht angestrengt versuchen etwas zu erkennen. Doch ich war kein Geschöpf der Nacht. Ich war eine Jägerin. Und ich erkannte in diesem Nebel nichts. Unmöglich zu verstehen auf welchem Friedhof ich mich befand. Durch den Nebel war das Mondlicht zu schwach um mehr als die Hand vor dem Gesicht zu erkennen.

„Vielleichtspielt meine Psyche mir einen Streich und ich Träume nur" vermutete ich leisewährend ich mich weiter umsah. Immerhin war gestern meine Großmutter gestorben.Auf seltsame Art und Weiße, denn sie war im Schlaf gestorben. Ich hätte vorJahren gewettet das meine Mutter sie irgendwann umbringen würde. Doch die Wahrnicht mal auf demselben Kontinent wie wir. Wäre doch möglich das mich dasmitnahm Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte seid zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu dieser Frau. Ihr Tod hatte mich Überrascht, aber es hätte mich sicher nie auf die Idee gebracht Mitten in der Nacht auf einen Friedhof zu gehen. Überhaupt um was zu tun?


Die Glocken der Nahe gelegenen Totenkapelle schlugen Mitternacht. Ich seufzte.


Überhaupt war das Begräbnis erst in zwei Tagen. „Ein Tag" korrigierte ich mich selbst. Eine Feuerbestattung, wie bei uns Wächtern üblich, und danach würde ein nahes Familienmitglied – also Ich – die Asche in ein Erdloch schütten.


„Auf das du darin Verrotten wirst" dachte ich schmunzelnd. Ich hatte wirklich kein sonderlich Enges Bündnis mit meiner Großmutter. Schon gar nicht mehr seit sie meine Mutter einfach aus dem Haus geschmissen hatte. Den Grund dafür hatte ich bis heute noch erfahren. Ich hatte meine Mutter seit diesem Tage – meinem sechzehnten Geburtstag übrigens, vielen Dank Großmutter für dieses Geschenk – nicht mehr gesehen.


Nachdenklich neigte ich meinen Kopf: Hatte sie doch etwas mit dem Tod von Großmutter zu schaffen?


Ich schüttelte den Kopf. Nein, zu so drastischen Maßnahmen war sie dann doch nicht Fähig. Andernfalls, wie gut kannte ich meine Mutter? War ich mir wirklich sicher das sie nicht zu einem Mord fähig war?


Ein krächzen lies mich zusammenfahren. Rechts von mir landete ein schwarzer Schatten auf einem der größeren Grabsteine. Erschrocken drehte ich mich um. Ein großer Rabe spreizte krächzend seine Flügel. Der Vogel saß zwei Meter von mir entfernt auf einem kreuzförmigen Stein genau auf Augenhöhe von mir und starrte mich unverwandt an. Seine schwarzen Knopfaugen waren durchdringend und schienen mich zu durchschauen. Hatte mein irrer Monolog den Raben angezogen?


Kalter Schauer kroch unter meinem schwarzen Kapuzensweatshirt über meinem Rücken. Zitternd versuchte ich den Raben zu verscheuchen.


„Husch" murmelte ich zitternd, doch der Rabe betrachtete mich weiter mit seinen schwarzen Augen. Panik befiel mich. Durch meine Gedanken an den seltsamen Tod meiner Großmutter hatte ich vollkommen vergessen wo ich war: Auf dem Friedhof. Um Mitternacht. Allein. Ohne jede Waffe. Und niemand wusste wo ich war.


„Was willst du? Verschwinde endlich" fauchte ich aufgebracht, doch der Rabe krächzte nur zur Antwort, neigte kurz seinen Kopf zur Seite als würde er über meine Worte nachdenken. Breitete dann aber schließlich seine kohlrabenschwarzen Flügel aus um dann endlich nah an mir vorbei zu fliegen. Erschrocken duckte ich mich. Haarscharf flog der Vogel an mir vorbei. Dabei berührten seine weichen Federn meine Wange wie eine sanfte Berührung. Verwirrt berührte ich meine Wange dort wo die Flügelspitzen noch wenige Sekunden vorher mein Gesicht berührt hatten.


„Seltsamer Vogel" dachte ich laut und sah ihm gedankenverloren hinterher wie er federleicht wie ein Schatten durch den dichten Nebel schwebte und immer kleiner wurde. Seufzend wandte ich mich wieder meinem eigentlichen Problem zu: Wie war ich auf diesem Friedhof gelandet und warum? Vielleicht war ich Schlafwandlerin? Wieder schüttelte ich den Kopf. Selbst wenn, war ich immer noch in einer Wohngemeinschaft mit vier Mitbewohnern. Sie hätten sich gewundert und währen mir gefolgt. Wächter waren nun mal von Natur aus misstrauisch.


„Denk nach Maddison" rief ich mir Jamies Wort ins Gedächtnis. Mein Ausbilder würde sich über meine Angst ärgern. „Ein Wächter ist furchtlos und stehts Wachsam" waren immer seine Worte. Und ich war jetzt und hier weder furchtlos noch wachsam. Was für eine Schande von einem baldigen Mitglied der Elite der Wächter. Und doch war diese Situation seltsam. Selbst für einen Wächter der übernatürliches kannte.


„Was geht hier vor?" murmelte ich zu mir selbst und sah mich fieberhaft um doch alles was ich sah war ein nebelverhangener Friedhof. Immer noch derselbe. Verbittert drehte ich mich wieder zu dem kreuzförmigen Grabstein wo vorher der Rabe gesessen war – und erschrak.


Vor dem Grabstein, nur einem Meter von mir entfernt stand ein schwarz gekleideter Mann und grinste mich mit funkelnden Augen an.


„Hast du Angst vorm schwarzen Mann, kleine Wächterin?" spöttelte er und grinste Schadenfroh als ich zurückwich. Wie Diamanten leuchteten seine Augen im Lichte des Mondes.



Afire Love - BlutmondnachtWhere stories live. Discover now