Die Macht der Gefühle

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Es war ein ganz normaler Abend gewesen. Nun ja, für Alejandro Fernandez Maßstäbe normal. Für einen normal Sterblichen wäre ein Kampf mit einem Vampir wahrscheinlich kein normaler Abend. Doch für den Spanier und seinen jüngeren Bruder Eduardo war es in letzter Zeit zu einer Alltäglichkeit geworden. Die Vampire zogen seit einem Monat hungrig durch die Stadt. Etwas das seit Jahren nicht mehr gewesen war. Sie schienen kopflos und willkürlich Menschen anzugreifen. Eine Sache die Alejandro beunruhigte. Und jetzt war sein Kumpel Jamie heute Nacht plötzlich aufgetaucht. Nun saßen die Brüder auf dem grauen Sofa in ihrem kleinen Dreizimmer Apartment und horchten Jamies Worten. Zumindest Alejandro war besorgt. Er versuchte angestrengt sich nichts anmerken zulassen. Innerlich baute er eine Wand um seine Gedanken. Er wusste um die Gabe seines Kumpels. Während Jamie erzählte schaute er angestrengt auf seine Hände. Würde er Alejandros Gedanken kennen würde er wahrscheinlich nicht so ruhig ihm gegenübersitzen. Doch es war schwierig. Jedes Mal, wenn Maddisons Name viel, machte sein Herz einen Salto und er verspürte den unbändigen Drang aufzuspringen und zu ihr zu laufen. Doch er durfte nicht.

Darum saß er hier, bemüht lässig, auf seinem Sofa und starrte auf seine schwarzen Jeans obwohl er innerlich schon längst auf der Suche nach den Clifford Brüdern war um sie zu grillen. Bei dem Gedanken daran spürte er die Hitze des Feuers durch seine Adern fließen. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, das bis jetzt einer gleichgültigen Maske glich.

„Du findest das wohl witzig?" ertönte die vorwurfsvolle Stimme von Jamie.

Gedankenlos hob Alejandro seinen Kopf. Als Jamies Augen unheilvoll aufleuchteten, bemerkte er seinen Fehler und senkte schnell seinen Blick. Verdammt! Wieviel von seinen Gedanken hatte er gesehen? Hatte er etwas von seinen Gefühlen für seinen Schützling gesehen?

„Keines Wegs. Ich finde wir sollten die zwei Nervensägen ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen" bemerkte er schnell um Jamie abzulenken. Vorsichtig hob er kurz seinen Blick. Jamie hatte seine Stirn in Falten gelegt.

„Du solltest sie kontaktieren" murmelte der Wächter.

Kurz verstand Alejandro nicht was sein Kumpel meinte. Immer noch geisterte Maddison durch seine Gedanken. „Ich soll Maddison anrufen?" fragte er gedankenlos. Jamies Blick wurde hart.

„Nein" fauchte er. „Dein Vampirmädchen"

Autumn. Natürlich. Alejandro schelte sich innerlich für seine Dummheit. Fast hätte er sich ein weiteres mal verraten. Nervös fuhr er sich mit einer Hand durch seine widerspenstigen braunen Haare.

„Ich bin mir nicht sicher ob sie uns helfen wird" murmelte er verlegen.

Sein Gegenüber hob überrascht eine Augenbraue. „Und warum nicht? Ich dachte sie würde die Brüder nicht ausstehen können?"

Das stimmte auch. Doch was Jamie nicht wusste, Autumn Spencer – oder Alejandros Vampirmädchen, wie Jamie sie nannte – würde sich nie in diese Angelegenheit einmischen, wenn es nur eine Sache zwischen Wächtern und Vampiren wäre. Nur wenn es wichtig ist rührt Autumn einen Finger. Sie war sehr besonnen und vorsichtig.

„Wir müssen zuerst wissen warum die Brüder Maddison Aufsuchen" stellte er nach langer Überlegung fest. Er würde Autumn erst kontaktieren sobald er wusste mit was für einer Art Bedrohung er es zu tun hatte.

Alejandro spürte Jamies prüfenden Blick. „Bis jetzt haben sie Maddison nur verwirrt und gesagt sie bräuchten ihre Hilfe. Vielleicht ist es nur ein Spielchen, das sie spielen"

Alejandro schüttelte den Kopf. Er kannte die Vampirbrüder, sogar besser als Jamie. „Das sieht weder Damon noch Mason ähnlich. Was sollten sie davon haben?" Sein Bruder nickte zustimmend neben ihm. Sie hatten oft genug mit den Brüdern zu tun gehabt um zu wissen wie sie ticken. Sie waren ähnlich wie Autumn sehr vorsichtig. Bis jetzt hatten sie nie Probleme mit ihrem Vampirclan gehabt. Doch wussten die Fernandez Brüder welches Problem ihr Freund mit Mason hatte. Eduardo warf seinem Bruder einen wissenden Blick zu.

Seufzend zuckte Jamie mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen?"

„Darum müssen wir sie befragen. Ich verstehe das du Maddison schützen willst, glaub mir das möchte ich auch, aber es bringt nichts nur Vermutungen aufzustellen. Wir müssen wissen was sie von ihr wollen und dafür müssen wir sie fragen" stellte er sachlich klar.

Einen Moment dachte sein Freund über Alejandros Worte nach. Zu lange für seinen Geschmack. Als er schon dachte es würde eine weiter Diskussion geben schaltete sich Eduardo in das Gespräch ein.

„Alejandro hat recht: Auch wenn du uns für Taugenichts hältst uns liegt an Maddisons Sicherheit genau so viel wie dir" erklärte sein Bruder mit ruhiger Stimme. Jamie nickte langsam. Erleichtert atmete er ein. Nun stand er vor der nächsten Hürde.

„Wie gedenkst du sie zu fragen?" kam Jamie sofort mit der Tür ins Haus gefallen. Jetzt heißt es alles oder nichts, dachte er sich.

„Maddisons Blutgabe"

Einen langen Moment wurde es still im Raum. Das einzige Geräusch, das er vernahm war das Klopfen seines Herzens. Das Gesicht seines Freundes wechselte von erschrocken zu verärgert und endete schließlich bei nachdenklich.

„Sie weiß nichts von dieser Gabe" murmelte Jamie nervös.

Alejandro nickte. „Es wird Zeit das sie sie nutzt" Er war nie damit einverstanden gewesen das Maddison nichts von der Gabe wusste, doch er wurde von ihrer Großmutter und Jamie überstimmt. Sie sollte nichts von ihrer Herkunft wissen. Ein großer Fehler befand er.

„Okay aber wie nützt uns ihre Gabe um das Geheimnis zu lüften?" wollte sein Freund wissen. Sein Blick ruhte nachdenklich auf ihm.

Alejandro lächelte. Er hatte sich schon alles bis auf das kleinste Detail überlegt. Jetzt brauchte er nur noch eins: Zeit um Maddison mit ihrer Macht vertraut zu machen. Zufällig eine die er auch beherrschte.

„Vertrau mir" sagte er nur und stand vom Sofa auf. Jamie erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl.

„Pass auf sie auf" murmelte er bloß und einen Moment sah er ihm direkt in die Augen. Kälte durchfuhr ihn. Zaghaft nickte er und wandte schnell seinen Blick zur Tür.

„Ich werde auf sie Acht geben. Keine Sorge"

Jamie nickte langsam und lehnte sich näher zu seinem Freund. „Sonst wirst du es bereuen" flüsterte er so still das nur Alejandro es hörte. Er wusste es, ging ihm durch den Kopf. Er beobachtete nervös wie Jamie das Apartment verlies.

„Was hast du nun vor?" durchbrach Eduardos Stimme die Stille als die Tür ins Schloss fiel.

Alejandro wollte antworten doch in dem Moment vibrierte es in seiner Hosentasche. Verwirrt zog er sein Handy aus der Tasche. Auf dem Display erschien Maddisons Name. Sein Herz machte einen Freudensprung.

„Wenn man vom Teufel spricht" murmelte er und auf seinem Gesicht erschien ein Lächeln. Wärme durchflutete ihn als er das Telefon an sein Ohr hielt.

„Was ist los Süße?"

Ein schniefen erklang auf der anderen Seite. „Hast du Zeit? Kannst du zu mir kommen? Ich will nicht alleine sein" erklang die leise Stimme von Maddison. Ihre Stimme klang zittrig und heiser. Ihm lief es kalt über den Rücken. Sein Blick fiel auf seine Armbanduhr: Es war vier Uhr morgens. Was hatte Maddison dazu getrieben ihn um diese Gottlose Zeit zu kontaktieren. Sein Herz machte unwillentlich einen Sprung: Sie hatte ihn angerufen. Ihn und nicht Jamie.

„Ich komme sofort" sagte er bemüht ruhig und beendete den Anruf. Er nahm seine Lederjacke von der Lehne eines Stuhles und wandte sich zu seinem Bruder. Eduardo sah ihn stirnrunzelnd an.

„Mason war bei ihr" stellte sein Bruder fest. Eduardos Gabe überraschte Alejandro immer wieder. Er hatte die Gabe in die Zukunft und Vergangenheit eines jeden zu sehen. Ein Fluch und zugleich Segen.

„Das hast du aus meinem Telefonat herausgesehen?" fragte er verwirrt.

Eduardo schüttelte den Kopf. „Ich habe alles gesehen"

Alejandro lief wieder ein kalter Schauer über den Rücken. „Was erwartet mich? Ist sie in Ordnung?"

Sein Bruder nickte. „Sie hat nur einen Schock"

Alejandro nickte und verabschiedete sich von seinem Bruder. Er trat in die kalte Nachtluft und verschwand im Schutze der Dunkelheit.

nts()

Afire Love - BlutmondnachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt