Prolog.1

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England 1198 n. Chr.
Burg Abberforth

Baron Guy de Montford gab gerade ein kleines Fest zu Ehren der neu errichteten Kapelle für diesen wichtigtuerischen Pater Sebastian, ihrem hiesigen Kirchenmann, und einigen anderen Vertretern des Klerus, die er dazu geladen hatte, eben jene Kapelle, die Unsummen verschlungen hatte, zu segnen.

Morgen würde der eben gewordene Bischof Hallwick zu Abbyshire eine seiner langweiligen Andachten und eine anschließende Predigt dort halten.

Er konnte schon jetzt kaum noch die Augen offen halten, bei seinem stets sterbenslangweiligen Gefasel von der Minderwertigkeit der Frauen und den Sünden Evas.
Das war nun wirklich das allerletzte was er nun, so kurz nach der überstanden Krankheit seiner geliebten Elaine hier gebrauchen konnte, denn es war deutlich zu sehen, das eben jene Krankheit seine Liebste doch stark geschwächt hatte.

Er machte sich beträchtliche Sorgen um sie, nun ja ... wie auch um seine Jüngste, die wohl ebenfalls in letzter Zeit von demselben Fieber heimgesucht wurde wie seine geliebte Frau zuvor.

Elaine zumindest berichtete ihm immer wieder von den neuerdings grausigen Alpträumen im Fieberwahn der Kleinen, von Husten und Schwierigkeiten des Kindes, noch richtig zu atmen. Es kam und ging wie Hexenwerk. Doch was das Schlimmste daran, waren diese Träume, die das Kind in solch grausigen Details erzählte, wie es sicher kein kleines Mädchen von gerade mal sechs Sommern sich erdenken konnte.
Und nur weil seine Geliebte Elaine diese Dinge dem bisher so getreuen Pater Sebastian in der Beichte anvertraut hatte und dieser sofort von Hexerei, Ketzerei und den Sünden Satans sprach, den man dem kranken Kinde am besten mit dem Rohrstock austreiben musste, hatte er dem gierigen, ekelerregend stinkenden Mönch nun eine Kapelle hingestellt, damit der nun fürderhin sein Maul halten und weiter friedlich predigen würde wie auch schon bisher.

Wahrlich. Es war nicht leicht, ein Vater zu sein. Wenn das Kindlein dann aber auch noch kränkelte noch weniger. Doch am meisten sorgten ihn nun wahrlich diese Träume, die immer mehr und mehr den Berichten aus dem Heiligen Land ähnelten, die seine arme kleine Lillian aber doch niemals gehört, nie gesehen und auch nie gelesen haben konnte, denn des Lesens war sie noch gar nicht wirklich kundig, auch wenn sie in letzter Zeit Unterricht mit Adele und Deliah in französisch gesprochenen Worten bekam, zudem im Sticken und Nähen, dem guten Benimm bei Hofe, der vornehmen Ettikete und im Tanz, so wie es sich für eine Tochter des Baron de Montford gehörte.

Gerade wollte er schon den Musikern gelangweilt Zeichen geben, nun endlich zum Tanze aufzuspielen, damit ein wenig Leben in den Abend kommen und seine gelangweilten Söhne dadurch ein wenig fröhlicher gestimmt sein würden, da wurde auf einmal die Tür zum großen Saal aufgerissen und die kleine Lillian kam röchelnd und im Nachtkleidchen, wie dem Tode nahe, mit blau gefärbten Lippen, weit aufgerissenen Augen und einem schneeweißen Gesichtchen auf ihn zugewankt. Er war sofort auf den Beinen und schrie erschrocken nach seinem Weib. „ELAINE!"

„Vater!", keuchte derweil Gilbert, ihr ältester Bruder, der ihr gerade auch am Nächsten stand und sie nun während eines besonders heftigen Hustenanfalles rasch, aber entsetzt auffing und festhielt, während der Baron nur über den Tisch sprang und zu ihr vorstürzte.
Bei Gott dem Allmächtigen, nicht das, und nicht heute! Solch einen heftigen Anfall von Husten und Luftmangel hatte die Kleine bisher doch noch nie gehabt. Sie zuckte und röchelte, als hätte nun gar ihr letztes Stündlein geschlagen.
Sogar die Kirchenmänner stürzten nun herbei und zückten eilig ihre Kreuze, während Vater Sebastian nun mit angewidertem, abgewandtem Gesicht und wahrer Todesverachtung in der Miene das Haupt seines Kindes salbte und segnete ... zur letzten Ölung!

Erschüttert kniete er neben seinem Sohn, der beruhigend auf seine geliebte kleine Schwester einsprach, ihr sagte, weiter zu atmen, weiter zu leben und auch seine Gattin kam nun weinend herzugestürzt und ergriff Lillians andere Hand, um ihr Halt in der Stunde ihrer höchsten Not zu geben.

„Lillian! Oh Gott, mein Kind, was ist dir nur? Atme weiter! Hörst du?", weinte sie heiser vor Schmerz, während nun auch durch ihn ein Ruck fuhr. Er musste etwas sagen ... „Lillian, Kind! Hörst du mich? Du darfst nicht aufgeben!", befahl er ihr leise und der Priester beendete nun mit reichlich zu viel mürrischen Gesten und schludrig gemurmelten Gebeten seine Segnung.
Doch da holte seine Kleine doch nur wieder ganz tief Luft, sog sie geräuschvoll und dann auch loshustend ein und sah ihn fast schon panisch an. „Vater ... bitte! Es soll aufhören! Bitte, helft mir!", flehte sie ihn unter Tränen an.

„Bald hört es auf, Lilly! Bald ist alles wieder gut!", flüsterte seine Gattin ihr ganz heiser zu und Lillian sah sie nur ebenfalls hilflos an."
„Nein, ... nein ist es nicht, liebe Mutter. Die bösen Männer auf den Zinnen der Burg ... Ich habe sie gesehen und sie schütteten schwarze Wasser über den Soldaten aus, die an ihnen hängen bleiben. Brennende Pfeile steckten sie dann in Brand. Sie starben einen ganz scheußlichen Feuertod, Mutter.
Und dann schossen Pfeile herab auf die Fußleute und Reiter, die gegen die Mauern der Burg brandeten. Und ... oh Vater, ... der Mann mit dem goldenen Kronenhelm und rotem Umhang, den ihr mir letztes Jahr auf Bildern gezeigt habt ... Der gute König, der im heiligen Krieg das Muselmanenreich besiegen und die heilige Stadt befreien wollte ... ", flüsterte sie erschütternd lauter werdend und Baron Guy de Montford erschrak bei ihrem panischen Blick.
„Ich sah ihn fallen, Vater! Fallen, von seinem ganz prächtigen, weißen Schlachtross auf einem Hügel vor einer Burgmauer, im Sturm auf dieselbe. Und er ging durchbohrt von den Pfeilen der Bogenschützen nieder, auf lilienbedecktem Boden, auf dem er dann sein Leben aushauchte. Und ein großes Wehklagen, ja ein Aufschrei vieler Kehlen, ging durch die Reihen der Soldaten, Herr Vater. Ich kann sie immer noch in meinem Kopf hören. Sie riefen und schrien und brüllten es immer wieder: König Richard, der Löwe von England ist tot!", wimmerte sie ... und sämtliche Gäste, die der Baron zum Fest geladen hatte, hörten die weinerlichen, aber deutlichen Worte des Kindes, einschließlich des Erzbischofs von Canterbury, der nun ganz langsam und mit fast schon versteinerter Miene von seinem Stuhl aufstand und zu dem Kinde hintrat, das immer noch schwer gezeichnet von seiner Krankheit und den Schreckensträumen der Nacht am Boden lag.

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