Kapitel 2.4

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*

Lillian erwachte bei Sonnenaufgang, so wie stets. Die Krieger um sie herum waren bereits auf und gingen ihren Tätigkeiten nach.
Einer entfachte das Feuer neu. Der Laird war bei seinem Pferd und Duncan schnitt die gestern gebratenen Hasen in saftige Streifen für das Morgenmahl. Die Krieger kannten keine Manieren, fiel ihr auf. Weder warteten sie mit dem Essen auf ihren Laird, noch sprachen sie ein Dankgebet an den Herrn.

Duncan sah kurz zu ihr hinüber, als sie sich aufsetzte, sein Blick war finster und grimmig.

Herrgott im Himmel, waren die Schotten denn immer nur böse?

Duncan kam gemächlich zu ihr herüber und reichte ihr stumm einen Kanten Fladenbrot und dazu einen fetten Streifen Fleisch.

Lillian bedankte sich sehr höflich und ehrerbietig bei ihm und betete dann rasch ihre Morgengebete, schlug drei Mal das Kreuz. Doch dann hielt sie doch noch einmal inne.

Es erschien ihr unrecht, ungewaschen das Morgenmahl einzunehmen. Reinlichkeit ist das halbe Leben, hatte die Mutter Oberin immer gesagt und die Mädchen heftig gescholten, wenn sie auch nur einen winzigen Schmutzfleck auf ihren Fingern fand. Und nun ...? Lillian sah auf ihre Hände hinab. Die Fingernägel waren dunkel von Erde, Fett und Blut. So konnte sie auf keinen Fall essen.

Abrupt legte sie die Speisen beiseite und stand, das Plaid fest um ihren Körper wickelnd, hastig auf.

„Sir ... Duncan!", rief sie den am nächsten stehenden Soldaten an, der grimmig aufsah. „Esst, Mylady, wir müssen bald weiter!", brummte er nur ausdruckslos.

Lillian biss sich verunsichert auf die Lippe und sah sich verzweifelt um, ob es nicht vielleicht ein Gewässer in ihrer Nähe gab.

Plötzlich trat Ian an ihre Seite.

„Was sucht ihr denn, Lillian?", knurrte er rau.

Lillian fuhr erneut erschrocken zusammen und griff sich unwillkürlich an den Hals. „Mylord!", keuchte sie erschrocken auf. „Ach ... gibt es hier nicht ein Gewässer, einen Quell oder etwas Wasser, an dem ich mich waschen könnte? Es ist eine Sünde so ... zu  speisen." Sie zeigte ihm unglücklich ihre verschmutzten Hände.

Ian schmunzelte unwillkürlich.

Was für eine Narretei dieses Kind doch im Kopf hatte.

Dennoch schien sie es bitterlich ernst zu meinen und wollte offenbar wirklich nicht mit dem Speisen beginnen, also drehte er Lillian herum und gab ihr einen sanften Stoß. „Geht immer geradeaus, Lillian, dort hinten ist ein Quell, an dem ihr euch säubern könnt, so es denn derart wichtig für eurer Seelenheil ist.", spottete er sanft.

Lillian sah unsicher über die Schulter zurück und versuchte ein schwaches Lächeln. „D...danke Mylord. I...ich beeile mich.", versprach sie ihm stotternd.

Er nickte nur und sah zu, wie sie rasch davoneilte. Der Schwung ihrer sanft gerundeten Hüften machte ihm ehrlich Spaß. Ihr Haar schwang bei jeder Bewegung hin und her. Sie brauchte gewiss ein Band, um es zu flechten. Was war sie doch für eine anmutige Gestalt.
Ian ging zu seinem Rappen und schnitt mit seinem juwelenbesetzten Dolch einen schmalen Lederstreifen vom Sattel ab, an dem er sonst den kleinen Mehlsack befestigte, den er mit sich führte. Doch diesen hatte er ja gestern aufgebraucht.

Mit dem Lederstreifen in der Hand ging er dann hinüber zum Quell, wo Lillian sich gerade auf den Knien kauernd Gesicht und Hals wusch.
Die Hände hatte sie sich bereits geschrubbt, sie waren vom kalten Wasser gerötet, aber blitzsauber. Bewundernd blieb Ian stehen und betrachtete die zarte Gestalt des Mädchens. Die sanft geschwungenen rosigen Lippen, die milchweiße Haut.

Die Rache der Highlander - Bestseller bei BOD (Leseprobe)Where stories live. Discover now