Kapitel 1√

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Ich schaute gerade meine Lieblingsserie, Spongebob Schwammkopf.
Ich saß in meinem Zimmer auf meinem Bett mit Patrick. Patrick war mein Teddybär, aber leider hatte er nur ein Knopfauge. Das andere Auge ist rausgefallen, als Daddy mein Teddy auf den Boden geworfen hatte.
Aber ich war nicht sauer auf ihn, denn er war mein Daddy.
Plötzlich hörte ich Schreie vom Wohnzimmer. Ich wusste, was wieder auf mich zukommen würde. Zitternd lief ich mit Patrick in der Hand und meinem pinken Pyjama ins Wohnzimmer.
Daddy saß auf Mommy und schlug ihr ins Gesicht, die ganze Zeit.
Mommys Lippe blutete schon
und sie schrie schmerzvoll und kraftlos.
Sie sagte jedesmal das Gleiche:
'Schütze Gott mich und meine Töchter'.
Ich verstand nie richtig, was sie meinte. Ich ging zu Daddy und schrie heulend, dass er Mommy in Ruhe lassen sollte.Meine Augen brannten, da sowas öfters passierte.
Er guckte mich mit großen
erzürnten Augen an und biss sich auf die Zunge. Vor diesen Blicken hatte ich jedesmal Angst. Doch ich wollte nicht Angst vor Daddy haben! Plötzlich merkte ich,Babyschreie im Wohnzimmer lungern. War das Lily? Meine kleine Schwester Lily war 4 Monate alt und ich liebe sie sehr. Ich wollte sie immer beschützen, doch dieses mal war ich gescheitert. Baby Lily lag auf den Sofa und ich sah das Blut aus ihrem linken Arm fließen.
Nein!Es war meine Schuld. Hätte ich doch Baby Lily in meinem Zimmer gebracht. Jetzt hatte sie auch Verletzungen. Ich wollte zu Lily gehen, doch Daddy hielt meinen Arm fest und sagte wie jedesmal mit bedrohlicher Stimme
,,Jetzt bist du dran."

Ich öffnete meine Augen und merkte, wie ich schwitzte und zitterte. Seit einer kurzen Zeit bekam ich wieder die Albträume. Sie erinnerten mich jedesmal, was früher passiert war. Langsam stand ich auf und öffnete die Balkontür. Meine nackten Füße spürten den Schmutz auf dem Mamorboden.

Es war aber nicht schlimm. Dreck machte mir nichts aus. Ich atmete die Herbstluft ein und genoss die kühle Luft, die auf meine Haut prasselte. Kein Auto war zu sehen und in diesem Moment wurde die Welt von der Dunkelheit besiegt, denn fast keiner traute sich am späten Abend, alleine rauszugehen.

Doch ich hatte diesen Moment schon mal gespürt. Voller Angst und Zweifel. Aber diese Zeiten waren vorbei und trotzdem war ich nicht glücklich. Ich bin natürlich dankbar, dass mich Arthur und Emma adoptiert haben, aber ich werde ihnen niemals von meiner Vergangenheit erzählen. Emma und Arthur merkten schon am Anfang, dass ich ihnen nicht erzählen werde und alleine bleiben will. Sie lassen mir sehr viel Freiraum, was ich sehr schätze. Sie hatten es bei mehreren Psychologen versucht, doch ich rückte nie mit der Sprache raus. Was würde sich denn ändern, wenn ich es ihnen erzählen würde?

Richtige Antwort, einfach gar nichts! Sie würden alle Mitleid bekommen und mich wie eine 6-Jährige behandeln. Aber ich verabscheute Mitleid. Was soll mir Mitleid bringen?! Und dachten sie wirklich, ich würde einer fremden Person alles über meine Vergangenheit erzählen? Alte Wunden würden sich nur öffnen, die ich fast schon alle wieder besaß.

Ich ging wieder in mein Zimmer, doch schaltete das Licht nicht an. Die Dunkelheit störte mich nicht. Leise öffnete ich meine weiße, große Kommode, in der sich etwas besonderes verbarg. Jedoch wussten Arthur und Emma nichts davon.

Ich nahm die braune Kiste aus der Kommode heraus, die unter mehreren Bücher versteckt war. Leise setzte ich mich auf das Bett , die aus einer grauen Bettdecke und mehreren Kissen entstand . Ich öffnete die relativ kleine Kiste und holte die erste wichtigste Sache heraus. Patrick, mein alter Teddybär. Der Tag , an den wir beschlossen Abzuhauen, hatte ich ihn mitgenommen.

Ich legte den Teddybär neben mich hin und fischte mehrere Bilder aus der Kiste heraus. Die ganzen Bilder hatte ich für Mom mal gemalt. Ich wollte aber jetzt nicht in Tränen ausbrechen, weswegen ich mir die Bilder nicht anschaute. Am Ende lagen in der Kiste noch Ohrringe. Ich nahm sie in meine Hand und schon schmeckte ich etwas salziges auf meiner Lippe.

Es waren meine Tränen.
Auf den Ohrringen war ein 'V' zu sehen und beim Anderen ein 'L'. Ihr könnt euch schon denken, für was die Ohrringe standen.
Veronika und Lily.

Mom hatte sie mir früher geschenkt und gesagt, ich könnte die Ohrringe tragen, wenn ich älter bin und das andere Paar Lily geben.

Nur dazu wird es nie kommen.

The lost girl (ABGESCHLOSSEN)Where stories live. Discover now