vertraut

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Als sie an einem Freitag aus der Schule kam, relativ spät, denn sie hatte noch Chor und Volleyball gehabt, war Carolin schon nicht mehr da. Sie war das Wochenende über bei ihren Eltern etwas weiter weg. L. betrat die Wohnung und hörte sogleich ein seltsames Geräusch. 

Unterdrücktes Schluchzen. 

Es kam aus Teeothys Zimmer. Vielleicht hätte L. es bei jedem anderen ignorieren können, doch bei Teeothy tat es ihr seelisch unglaublich weh. Sie legte ihre Sachen ab und stand still da...Was sollte sie tun. Nein, lass sie in Ruhe, das geht schief, flüsterte eine innere Stimme und L. zwang sich in ihr Zimmer zu gehen. Wie sie es vorgehabt hatte, ging sie duschen und zog sich bequeme Sachen an. Als sie aus dem Bad kam, war es ruhig. L. lauschte an Teeothys Tür und es klang als würde Teeothy unruhig im Zimmer auf und ab laufen und schwer atmen. L. schluckte. War es das wert? Aber ihr Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken, dass Teeothy litt und so allein war. Sie zog die Einsamkeit vor und vermutlich würde sie L. gleich wieder hochkant rauswerfen...gleich aus der ganzen Wohnung höchstwahrscheinlich. Das Laufen hörte auf und es klang, als würde etwas zu Boden fallen. L. riss die Tür auf.

Teeothy lag tatsächlich am Boden mitten auf dem creme-farbenen Teppich, aber ihre Augen waren offen, sie war nicht bewusstlos umgekippt, sondern hatte sich fallen gelassen. Sie war ungeschminkt und unter ihren Augen waren dunkle Schatten, sie hatte eine ganze Weile nicht genug oder gut geschlafen . Die Spuren von Tränen waren deutlich zu sehen und auch insgesamt wirkte sie unglaublich fertig und verletzlich. Sie musterte L. mit einem Ausdruck von Müdigkeit und aufkeimender Angst, als L. auf sie zu kam und sich nieder kniete.

„Was willst du hier, du weißt du..." ihre Stimme war versucht aggressiv, doch die Schwäche darin war unverkennbar und sie unterbrach ihren Satz schlagartig, denn L. hatte eine Hand ausgestreckt und ihr auf den Rücken gelegt. Die darauf seltsame Erregung entstand auch diesmal nur schwächer, es war mehr unglaublich beruhigend, dieses Gefühl zu spüren. Wie als würde man einen lange vermissten Freund in die Arme schließen. Ruhe, Sicherheit und Vertrautheit. Teeothy schloss die Augen.

Ihr Körper war nach wie vor angespannt, doch etwas Ruhe war in ihre Gesichtszüge gekehrt, die Angst daraus gewichen und als sie ihre Augen wieder öffnete, war nur noch Unsicherheit darin.

„Es ist alles ok.", sagte L. sanft und wusste selbst nicht, woher sie plötzlich dieses Selbstbewusstsein nahm, denn im nächsten Moment sagte sie: „Du liegst auf dem Boden und es ist kalt, komm ich glaube, ich weiß da einen besseren Platz."

L. stand auf und nahm dabei ihre Hand weg, woraufhin Teeothy für eine Sekunde das Gesicht verzog und es zu spät war eine Maske aufzusetzen. Es machte ihr etwas aus. Die Berührung war tatsächlich wichtig...L. überspielte ihre Überraschung und hielt Teeothy eine Hand hin. Diesmal war es keine Bitte, kein Flehen. Nein, L. hatte die Kontrolle übernommen, es war eine Aufforderung, es kam nur darauf an, ob Teeothy sich für diese Sekunden unterordnen würde.

Teeothy hasste jeglichen Kontrollverlust oder Abhängigkeit zu anderen. Niemand durfte sie verletzlich sehen, niemals...Aber im Moment war sie voller Leere, Trauer und Verletzlichkeit und L. gab ihr im Moment einen Halt, der sie erstaunte. Das war der Grund, warum sie ohne sich zu wehren, nach Ls. Hand griff und sich bereitwillig mit zum Sofa schleifen ließ. Das große, graue Boxspringbett, welches L. sah, mied sie...das wäre zu privat gewesen, ohne Teeothys Einverständnis würde sie es sicher nicht berühren. Teeothy hatte aufgegeben dagegen anzukämpfen und die Berührung mit L. gab ihrem Körper Wärme und Ruhe und danach sehnte sie sich so sehr.

Teeothy war diese Phasen gewöhnt, nur normalerweise war sie allein. Sie lebte ein Leben in Unruhe und Anspannung, sie schlief oft schlecht, es gab kaum einen längeren Zeitraum in der sie mal absolut keine Alpträume quälten und wenn sie in völliger Übermüdung und Überforderung von der Vielzahl an Gefühlen überrannt wurde, die sie sonst unter einer Maske aus Distanz und Eleganz versteckte, hatte sie keine Chance. Sie brach fast jedes Mal zusammen, immer an den Wochenenden, wenn sie endlich etwas Zeit für sich gehabt hätte.

Ihre Vergangenheit holte sie ein, sie war übersensibel und allein. Der Schmerz kehrte mit einer solchen Wucht zurück und es war unmöglich, den beruhigenden Schlaf zu bekommen, den sie gebraucht hätte, um wieder zu Energie und Kraft zu kommen, Den bekam sie erst nach diesen Phasen aufgrund von Erschöpfung und selbst dann war es nicht wirklich Erholung, denn sie schlief gequält von grausamen Bildern, oftmals unruhig.

L. sank auf die Couch-ecke und zog Teeothy mit sich. L. saß angelehnt an die Ecke der Couch ihre Beine angewinkelt. Zuviel Körperkontakt war vielleicht überfordernd, daher zog L. eine Wolldecke über sich. Ob Teeothy oft hier schlief? L. klopfte mit der Hand auf die Bettdecke und zog Teeothy an der Hand mit auf die Couch. Zögernd legte sich Teeothy seitlich auf die Längsseite der Couch, ebenfalls mit angewinkelten Beinen und legte ihren Kopf auf die Bettdecke in Ls. Schoss. L. spürte wie Teeothys Körper zitterte. Sie zog die Kuscheldecke, welche ebenfalls zusammengefaltet auf der Couch lag über Teeothy.

Teeothy flüsterte: „Du solltest das nicht sehen...du solltest nicht hier sein."

L. legte es darauf an und fragte: „Soll ich gehen?"

Das Geheimnis der Farbe SchwarzWhere stories live. Discover now