38 || Freunde? Ihr? Dass ich nicht lache.

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Am nächsten Tag konnte ich es kaum abwarten, Dereck von meinem Ausflug zu erzählen. Ich wollte ihm von Nevaeh berichten und was ich durch den Engel erfahren hatte. Zwar waren es nicht besonders gute Neuigkeiten, aber ich musste ihm davon erzählen, wenn ich mich ansonsten niemandem anvertrauen konnte.

Ich entdeckte Dereck an seinem Spind mit Mike stehen und ich wollte direkt zu ihnen gehen, doch Aleyna und Wendy fingen mich zuvor ab. Die beiden musterten mich von Kopf bis Fuß, als hätte ich irgendetwas an meinem Aussehen verändert.

"Du siehst ausgeschlafen aus", stellte Wendy mit einem überraschten Unterton in der Stimme fest. "Was ist aus deinen Augenringen geworden? Geht es dir besser?"

Ehrlicherweise nickte ich, da es tatsächlich stimmte. Die letzte Nacht hatte ich durchschlafen können und ich fühlte mich eigentlich ganz gut. Besser als die Nächte zuvor, in denen mich das Fieber noch geplagt und ans Bett gefesselt hatte.

Das einzige, was meine Stimmung mit einem Schlag drückte, war Kris, der ausgerechnet jetzt im Flur auftauchte und in unsere Richtung ging.

"Sehr schön", sagte Wendy mit einem Lächeln und nahm mich in ihre Arme. Ich legte das Kinn auf ihrer Schulter ab und beobachtete Kris dabei, wie er den Kopf gesenkt hielt und uns keinerlei Beachtung schenkte.

Seine Schritte wirkten klein und langsam, während er auf den Boden starrte. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden, da dieser große normalerweise fröhliche Junge heute so winzig und traurig aussah - und das war allein meine Schuld.

Auf einmal hielten ihn zwei Mädchen aus einer unteren Klassenstufe an, woraufhin er den Kopf anhob. Obwohl er noch so weit entfernt war, konnte ich sehen, wie seine Augen gerötet und mit dunklen Schatten darunter geziert waren.

Hastig befreite ich mich aus Wendys Umarmung, aber schaute dennoch an ihr vorbei. Die Mädchen fragten Kris offenbar etwas über seine Musik und Kris antwortete ihnen dann auch. Ich konnte zwar nicht verstehen, was er zu ihnen sagte, aber ich konnte seine Stimme hören, die ich schon zu lange nicht mehr gehört hatte.

Als ein Mädchen ihre Hand lachend an seinen Arm legte und er kaum merklich die Mundwinkel anhob, schluckte ich und wandte meinen Blick rasch von ihnen ab. Aleyna musste bemerkt haben, dass ich Kris beobachtet hatte, da sie mich mitfühlend anschaute, bevor sie schnell ein Gesprächsthema in Umlauf brachte.

"Steht denn irgendwann wieder ein Footballspiel an?", fragte sie Wendy und legte ihre Hand auf meinen Rücken. Sie wusste genau, was in mir vor ging.

Ich hörte Wendy nicht zu, als sie mit purer Aufregung antwortete, sondern schaute weiterhin zu den Mädchen und Kris. Wie zwei verrückte Fangirls quatschten sie ihn fröhlich voll und er nickte nur ab und zu oder gab knappe Antworten.

Plötzlich kreuzten sich unsere Blicke und ich hielt den Atem an. Ich nahm nichts anderes mehr wahr als seine dunklen Augen, die mich anstarrten. Mir klappte der Mund auf und ich wollte schreien und ihm sagen, wie leid es mir tat, aber ich brachte keinen einzigen Ton heraus.

Ich spürte, wie meine Unterlippe anfing zu zittern und meine Augen zu brennen begannen. Mein Blick wurde von Tränen verschleiert, während ich ihn weiterhin anschaute.

Dann wurde ich in zwei Arme gezogen und an eine warme Brust gedrückt. Ich erkannte Dereck an dem Geruch seiner Lederjacke und vergrub das Gesicht in seinem T-Shirt. Er umarmte mich ganz fest und ich war ihm dankbar dafür.

Ich wischte rasch die Tränen aus meinem Gesicht, bevor ich mich ganz langsam aus der Umarmung löste und Dereck ansah. Er warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu und ließ mich dann los.

"Was soll das werden?", fragte Wendy entgeistert und wollte zwischen uns treten, um Dereck zu verjagen.

Allerdings legte ich meine Hand beruhigend auf ihre Schulter. "Wir sind Freunde."

Beyond Worlds ✓Where stories live. Discover now